Dimension 2

24

Raven

Die Zeit schien still zu stehen als Dwaynes Handy zu klingeln begann.
Der Bildschirm wurde schwarz, bis ein einzelner, pinker Punkt auftauchte und den dunklen Raum mit seinem Neonlicht erleuchtete.

Dwayne hielt die Luft an. Sein Handy hatte ein komplettes Eigenleben entwickelt, und er wusste nicht recht wie er die ganze Situation einschätzen sollte.
Es war beängstigend.
Alle anderen Apps hatten sich abgeschaltet und waren nicht mehr aufrufbar, nur noch der schwarze Bildschirm und die Nachrichten, die in einer aggressiven Geschwindigkeit auf ihn einprasselten.

Wie ein alles verschlingendes Virus.

Dwayne schluckte. Eine kleine Stimme im Hintergrund wollte das Handy an die Wand werfen und die unbekannte Gefahr im Keim ersticken, ein anderer Teil von ihm hatte das Bedürfnis das gesamte Handy zu analysieren und die Systematik hinter der Übernahme heraus zu finden.

Doch er hielt sich zurück.

Dieses Handy war die einzige Möglichkeit um mit Pia in Kontakt zu bleiben. Wenn es denn wirklich Pia war.

Sein Gewissen ließ nichts anderes zu als das Handy weiter in der Hand zu halten und auf ihre Nachrichten zu antworten, sie von seinen Absichten zu überzeugen.

Er konnte es sich selber nicht erklären.

Seitdem Pia verschwunden war nagte dieses tiefe Gefühl der Schuld ihn ihm, doch erst seit kurzem schien es ihn fast vollständig aufzufressen. Und das war normalerweise nicht seine Art.

Tief atmete er durch. Und jetzt? Selbst jetzt verhielt er sich nicht normal.

Wie hypnotisiert starrte er auf das kleine Gerät in seinen Händen. Gott, was war schon normal?

Der Punkt begann zu beben und leicht auf und ab zu springen, wie eine stille Aufforderung ihn zu berühren.

Wieder schluckte er. Sollte er es tun?

Er warf einen schnellen Seitenblick zur Tür, vor die er Jasper geschickt hatte. Er hatte das Gefühl für das hier alleine sein zu müssen, was auch immer das hier war.
Jasper stand sich draußen wahrscheinlich die Beine in den Bauch vor lauter Ungeduld, doch das musste dieser jetzt aushalten.

Dwayne hob die Hand und drückte auf den pinken Punkt.
Und in dem Moment indem seine Finger das glatte Material des Bildschirmes berührten, gab es nur noch ihn und das Handy.

Ein Rauschen erklang, dann ein leichtes Klacken.

"Hallo?" fragte er vorsichtig. Stille.

Dwayne runzelte die Stirn, doch da erklang eine kratzige Stimme, und er zuckte zusammen.

"Du siehst wirklich beschissen aus."

Dwayne schaute sich in dem dunklen Kämmerlein wie von der Tarantel gestochen um, bekam aber nur ein ungeduldiges Seufzen als Antwort.

"Nicht da, du Depp. Ich kann dich durch die Handykamera sehen. Hast du denn gar nichts übers Stalken gelernt? Ich dachte, ihr Amerikaner macht das hobbymäßig."

Mit einer Mischung aus Skepsis und Verblüffung starrte Dwayne sein Handy an, jedoch war der Bildschirm immer noch schwarz und selbst der pinke Punkt war verschwunden.

"Wie ist das möglich?" fragte er mehr sich selbst, trotzdem kam eine schnaubende Antwort.
"Du weißt, dass du dich wiederholst, oder? Also nochmal, ich hab den Scheiß hier nicht studiert. Also bitte halt einfach dein Maul."

Dwaynes Augenbraue wanderte nach oben. Die anderen hatten ihn von Pias Temperament erzählt, jedoch war er erst ein einziges Mal bei der Gerichtsverhandlung mit dieser in Kontakt gekommen. Zwar hatte er schon aus den Nachrichten ihre unterschwellige, und zugegebenermaßen verdiente, Wut mitbekommen, dennoch war es was komplett anderes sie jetzt wirklich und wahrhaftig zu hören. Auch wenn sie sich... anders anhörte.