Pia
Den Kittel hatte ich fest um meinen Körper geschlungen und um meinen Hals baumelte so eine völlig bescheuerte Ausweiskette, als ich die sterilen Gänge des Halbblutgebäudes entlang schlich.
Ich wusste nicht wo ich genau war, nur das man hier Englisch sprach und die Bewohner des großen Gebäudekomplexes eine Vorliebe für Gemüsebilder hatten. Was daran Kunst sein sollte, verstand ich beim besten Willen nicht.
Mit gesenktem Kopf ging ich an einer Gruppe Menschen in ähnlichen Kitteln wie mein Geklauter vorbei, die Klemmbretter in den Händen hielten und leise miteinander rum diskutierten. Niemand nahm sonderlich Notiz von mir, scheinbar hatte ich mein Talent nicht verloren.
Oder die Leute hier waren Personen mit Augenringen und zerknitterten Kleidern so sehr gewöhnt, dass es sowieso nichts ausmachte, eine Leiche mehr oder weniger durch die Gänge schlurfen zu sehen.
Denn so sah ich mittlerweile aus, nicht, dass es irgendwann mal anders gewesen war. Ich hatte mich in einem kleinen Klo mit Spiegel verschanzt, als ich den Kittel und die Schlüssel-Ausweis-was-weiß-ich-Karte aus einem offenen Büro stibitzt hatte.
Unglücklicherweise hatte ich die Schlüsselkarte eines rothaarigen Mannes mit Sommersprossen erwischt, der mit leuchtenden Augen in die Kamera schielte.Ich konnte wirklich nur hoffen, dass niemand so genau hinschaute, denn Mr. Sommersprosse und ich hatten wirklich genauso viel äußerlich gemeinsam wie ein Waschbär mit einem Flamingo. Nischt.
Und dabei übertrieb ich mit dem Waschbär Vergleich keineswegs, denn genauso sah ich mit meinen dunklen Augenringen und den zerzausten Haaren auch aus.
Die Haare hatte ich notdürftig mit den Händen gekämmt und mit einem ausgeleierten Gummi zu einen lockeren Pferdeschwanz zusammen gefasst, aber mein Gesicht war wirklich nicht mehr zu retten gewesen.Blässe hatte sich ausgebreitet, unter die sich ein hartnäckiger graustich gemischt hatte. Dabei wirkten meine Stahlgrauenaugen fast schon schwarz. Auch meine Haare hatten sich verdunkelt, sie waren blasser geworden, farbloser. Ich sah wortwörtlich aus wie eine Leiche.
Das Klima und die Maske, die ich dauernd trug, taten meinem menschlichen Erscheinungsbild mal so gar nicht gut. Aber am schlimmsten war der Ausdruck in meinen Augen gewesen, der mich selber erschreckt hatte.
Mein bloßes Spiegelbild hatte mich mit so einer Kälte angesehen, dass es mir selber alarmierende Schauer den Rücken hinunter gelaufen waren. Und wenn Rabbit näher an die Oberfläche kam, glitzerte auch noch der Wahnsinn in meinen Augen auf .
Ich sah aus wie eine Person, die ohne zu zögern töten würde. Wunderbar, dieses Schönheitsbild war wirklich Atemberaubend.Mit gerunzelter Stirn und gesenktem Blick ging ich um die nächste Ecke, und folgte der unsichtbaren Spur, die sich auf meinem inneren Auge durch das ganze Gebäude zog. Ich folgte ihr schon seitdem ich einen Fuß in den grauen Block gesetzt hatte und mich irgendwie aus der mit riesigen Topfpflanzen bewachten Lobby geschmuggelt hatte.
Denn aus irgendeinem wirklich miesen Grund konnte ich nicht von der anderen Dimension direkt hierher springen. Umständlich, wirklich umständlich.
Bewusst hatte ich mich dazu entschieden nur als Pia hierher zu kommen, zu groß war das Risiko wenn Rabbit hier rein spazieren würde. Das zog die ganze Sache allerdings zusätzlich auch noch ziemlich hin.
Ich hatte zwar die Spur, der ich folgte, trotzdem wäre es mit Rabbit noch um einiges schneller gegangen.
Leise verschwanden die blickdichten Schiebetüren in der Wand und ließen mich in einen kleinen, leeren Wartebereich. Weiße Wände, moderne Einrichtung, Topfpflanzen. Zu meiner Rechten standen ein paar moderne Stühle, zu meiner Linken führten zwei breite Flure zu anderen Räumen. Geteilt wurden die zwei Flure von einer kleinen Rezeption, auf der mehrere Papiere lagen, und an deren Rückwand, (oh Wunder), ein gläsernes Bild von einer Schale Obst hing.
Ging man von der Schiebetür aus geradeaus, gelangte man erneut zu einer grauen Schiebetür. Da musste ich hin.Plötzlich begann mein Nacken zu kribbeln und reflexartig wandte ich mich dem Tresen und den Papieren zu. Mit gesenktem Kopf begann ich in dem Blätterhaufen herum zu fummeln und mit der rechten Hand schnell das Gummi zu lösen, sodass mir meine Straßenköterblonden Strähnen ins Gesicht fielen und es somit bedeckten.
Aus dem Augenwinkel heraus scannte ich meine Umgebung, bemerkte die gläserne Schale mit Bonbons neben einem einzelnen Klemmbrett ein Stück neben mir stehen, erkannte, dass die grüne Topfpflanze zu meiner Rechten gar nicht echt war.
Da hörte ich auch schon die gedämpften Stimmen und mit einem leisen Schleifen fuhren die Schiebetüren am anderen Ende des Raumes in die Wand hinein."-nicht gut."
Ich erstarrte. Diese Stimme kannte ich.
Die Stimme seufzte resigniert auf.
"Wir müssen sofort alles abriegeln und eine Warnung aussprechen, alle müssen darüber informiert werden."
Angestrengt starrte ich auf die Papiere in meinen Händen. Über was sprach er?Wärme breitete sich in meinem Rücken aus, als ich merkte, wie eine Person hinter mich trat.
"Natürlich. Wenn du mit deinen Vermutungen richtig liegst ist das ganze Hauptquartier in Gefahr." Ergriff eine zweite Stimme das Wort. Sie war wärmer und melodischer als die von Dwayne.Dwayne. Zuletzt hatte ich ihn zu meinen Füßen in der anderen Dimension gesehen, doch ihn so zu hören war nochmal etwas ganz anderes. Und seine Worte ließen absolut nichts Gutes verheißen. Meine Nackenhaare stellten sich auf und mit der Hand krallte ich mich in meinen Kittel.
Rabbit rührte sich in mir und strich über unsere Verbindung, kratzte an meiner Selbstbeherrschung. Ich biss die Zähne zusammen. Noch nicht. Noch nicht.
Wieder ein seufzen. "Du hast ja keine Ahnung. Aber es ist wirklich nichts passiert?" fragte Dwayne.
Stille. Schüttelte die unbekannte Person den Kopf?Da griff eine gebräunte Hand neben mir nach dem Klemmbrett, und ich hielt die Luft an. Leises Gekritzel war zu hören.
"Nein, alles ist ruhig geblieben. Aber nach was sollen die Männer suchen? Kannst du überhaupt eine Beschreibung von ihr abgeben?"Ein Klappern, dann erneutes Gekritzel.
"Ich weiß es nicht. Es ist schon so lange her und wir haben weder Bilder noch Fotos. Alles ist verschwunden, so als ob es sie niemals gegeben hätte." erwiderte Dwayne.Ich schaute so angestrengt auf die Papiere unter meinen Fingern, dass die Zahlen und Wörter darauf verschwammen, die sowieso keinen Sinn für mich ergaben.
Sie sprachen über mich.
Wieder Strich Rabbit über unsere Verbindung. Noch nicht. Noch nicht.Ein Klicken eines Kugelschreibers, dann wurde das Klemmbrett zurück auf den Tresen gelegt.
"Wir müssen auf jeden Fall..." die Schiebetüren glitten zu und die beiden Verschwanden in den Flur, aus dem ich gekommen war.
Vor Erleichterung sackten meine Schultern nach unten. Ich hatte keine Ahnung was Dwayne im Schilde führte, doch für den Moment war ich fein raus. Anscheinend war ich noch unsichtbarer als ich dachte. Vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, dass Rabbit und ich damals alle Erinnerungen gelöscht hatten... naja, bei den Halbblütern schien das ja eher mäßig funktioniert zu haben. Trotzdem.
Mit schnellen Schritten schielte ich auf das Klemmbrett und erkannte Dwaynes Unterschrift und die seines Freundes, bevor ich mich weiter zu meinem Ziel machte.
Je näher ich kam desto mehr spürte ich es. Das leise Zupfen in meinem Geist, das zaghafte Rufen. Mein Blut führte mich zu sich. Und ich würde kommen und diesen Wahnsinn ein für allemal beenden.
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Puh, geschafft!Es war schon ziemlich anstrengend so auf Dauer jeden Tag was neues raus zu hauen. Aber es hat auch echt viel Spaß gemacht!
Ich hoffe, ihr seit weiterhin gespannt und ich konnte es schaffen es halbwegs interessant zu gestalten!
Bitte schreibt mir doch mal ob es spannend genug ist oder es sich zu lange hinzieht, was auch immer! Ich würde mich nur über Feedback freuen um mich verbessern zu können und euch ein schöneres Leseerlebnis geben zu können.
Bis bald ihr Nachos! ^^
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Dimension 2
ParanormalPia Schröder gibt es nicht mehr, davon sind die Mitglieder des Raven-Clans überzeugt. Seit ihrem Verschwinden aus dem Deutschen Hauptquartier wurde sie nicht mehr gesehen, und weder Familie noch Freunde scheinen sich an das siebzehnjährige Mädchen e...