PoV Mia
Kurz bevor ich auch nur überlegte, wie genau ich hier loskommen könnte kam meine Ärztin wieder zu mir zurück, stellte sich an meine Bettkante und fragte mich ob ich mich wieder etwas beruhigt hätte.
Beruhigt? Ich?! Wie zum Teufel sollte ich jetzt darauf antworten?
Ja, Frau Grim, seitdem Sie mich an meinem verdammten Bett festgekettet haben, geht es mir viel besser. Nein, also was sollte schon diese Frage sein.
Im Bett neben mir lag Sheela, die schon wieder ihre Musik so laut gestellt hatte, sodass wir wirklich alles mithören konnten.
"Versprichst du mir, die Sonde drinnen zu lassen, wenn wir dich nicht mehr fixiert halten?", fragte sie mich mit ihrer ruhigen, freundlichen Stimme.Ich versuchte so gut wie es ging meine Wut und Groll gegen sie herunterzuschlucken und entgegnete ihr in ruhiger Tonlage :"Ja, ich gebe Ihnen mein Wort."
Der Pfleger, der mit ihr gekommen war, nahm meine Fixierung von den Armen ab und ich knetete meine schmerzenden Handgelenke, die ich mir wahrscheinlich durch meinen Ausraster etwas verletzt hatte.
Erschöpft ließ ich mich wieder zurück in mein Kissen sacken, als ich bemerkte, dass ich in wenigen Minutem Bewegungstherapie hatte.
Erst jetzt fiel mir auf, dass ich eigentlich überhaupt keine Kleidung von Zuhause mitgenommen hatte und bemerkte, dass ich meine Kleidung, die ich gerade trug seit meiner Einlieferung anhatte.Verwirrt ging ich in Richtung meines Schrankes und als ich eine der Flügeltüren öffnete, traute ich meinen Augen nicht.
Meine gesammte Kleidung war hier, das hieß, dass meine Mutter sie mir vielleicht vorbei gebracht hatte und das hieß sie würde mich doch nicht so abgrundtief hassen.Zumindest hatte ich etwas zum anziehen. Also schnappte ich mir eine Jogginghose und dazu irgendein Shirt. Um ehrlich zu sein war mir gerade nichts mehr egal, als mein Aussehen.
Da Sheela schon weg war, zog ich mich mitten im Zimmer um und lief in Richtung des Raums, in den ich musste. Naja okay, ich ging, naja schlich, zumindest bewegte ich mich irgendwie in diesen Raum.
Zur Abwechslung fand ich die kleine Turnhalle auf Anhieb und war kurz, zumindest ein wenig stolz auf mich.
Als ich den Raum betrat, saßen bereits alle Teilnehmer auf dem Boden und wärmten sich ein wenig auf.Alle Menschen in diesem Raum waren krankhaft dünn, das bemerkte ich schon beim hereinkommen. Außerdem trugen die meisten ein Shirt, was ihre Narben zur Geltung brachte.
Irgendwie fühlte ich mich im Beisein aller dieser Menschen doch ziemlich unwohl und sofort begann ich mich wieder mit ihnen zu vergleichen.Ich setzte mich neben Sheela, die ich gerade entdeckt hatte auf den Boden und versuchte ihre Bewegungen so gut wie möglich nachzuahmen.
Als die Trainerin dann auch hinzustieß und die Musik aufdrehte, sah ich aus meinem Augenwinkel immer wieder auf Sheela, die ihre Bewegungen mit einer Perfektion ausführte, dass mir nahezu der Mund offen stehen blieb.Gegen Ende der Therapiestunde, ließ uns die Leiterin nochmals alleine tanzen, damit wir ein Gefühl für unseren eigenen Körper entwickeln konnten.
Gespannt wartete ich darauf, dass Sheela auf die Fläche trat. Mit einer ganz anderen Einstellung, bewegte siensich in Richtung der Tanzfläche. Sie wirkte so stolz, liebevoll und elegant auf mich.
Bei den ersten Takten der Musik hielt ich meinen Atem an: Jede Bewegung traf genau den Ton, den sie treffen sollte. Aber nicht nur das, nein sie verschmolz nahezu mit der Musik.
Es war wie bei meinen Zeichnungen, es machte ihr so ungemein Spaß, das sie alles zu vergessen scheinte was um sie herum geschah.Sie wirkte so unbeschwert, als sie in ihren Sprüngen gleich einem Schwan durch die Lüfte flog und leichtfüsig wie eine Katze, als sie auf dem Boden landete. Flink bewegte sie sich über den Boden und mit den letzten Klängen der Musik verschwomm ihre Anmut wieder mit der Sheela, die sie vorgab zu sein. Wie wenn sie sich wieder zurück verandeln würde, in den unscheinbaren Menschen, der sie vorgab zu sein.
Als sie abging, um sich ihre Tasche zu schnappen und zu gehen wurde ich aufgerufen. Da es meine erste Stunde hier war, durfte ich noch die Bewegungen der Tanzlehrerin nachahmen. Ständig lobte sie mich und freute sich über jede einzelne Bewegung, die ich in die richtige Richtung auszuführen scheinte.
Am Ende verabschiedete ich mich von ihr und ging zurück auf mein Zimmer, um mich fürs Mittagessen umzuziehen. Denn sobald ich Anstalten machte etwas zu Essen, wurde meine Sonde wieder enzfernt und das wollte ich umbedingt umsetzen.Sheelas Tanz ging mir immernoch nicht aus dem Kopf. Noch nie hatte ich so einen faszinierenden Menschen gesehen. Wie sie durch die Musik aus sich herauskam, war phänomenal. Sie war ein ganz anderer Mensch, wie ausgewechselt.
Als ich in meinem Zimmer ankam, sah sie kurz zu mir auf, wandte sich dann aber gleich wieder eingeschüchtert ab. Ich nahm wortlos meine Gammelklammoten aus dem Schrank und zog mich im Bad um. Wieder im Schlafzimmer angekommen, fasste ich meinen gesammten Mut zusammen und bemerkte :"Ich fand deinen Auftritt heute echt klasse."Sie wusste offensichtlich nicht so ganz wie sie darauf reagieren sollte, aber quittierte meine Aussage mit einem kurzen Lächeln, welches ganz rasch über ihre roten Lippen huschte.
Um der Situation möglichst schnell zu entkommen, packte sie ihre Essensmarke und verließ das Zimmer.
Ich sah ihr noch kurz hinterher. Noch nie war mir aufgefallen, wie hübsch sie eigentlich war. Zwar hatte ich noch nie mit ihr gesprochen, aber trotzdem fand ich diesen Menschen einfach wunderschön.
Irgendwie hatte sie etwas an sich, das Kyra ähnlich sah, aber ich konnte einfach nicht einmal im Ansatz bestimmen, was es war.Als ich mein Zimmer verließ, sah ich schon Michi, der am Ende des Ganzes genervt auf seine Armbanduhr tippte. Wahrscheinlich war ich schon wieder etwas zu spät, also entschuldigte ich mich bei ihm und er begleitete mich zum Abendessen.
An einem Tisch angekommen, erklärte ich ihm, ich würde versuchen mir selbst etwas zu essen holen, was auch durchaus meinem Plan entsprach.
In der Schlange traf ich auf Lenya, die mich sofort mit tausenden von Worten, wie stolz sie auf mich wäre lobte.
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When I fall apart || ABGESCHLOSSEN
Teen FictionMias Leben war noch nie wirklich leicht für sie auf dieser Welt gewesen: Aufgrund ihrer stetigen Verträumtheit, ihrer Kreativität und dem frühen Tod eines ihrer Familienmitglieder, wurde sie bereits in Kindesjahren extrem gemobbt, was dann auch Spur...