Die letzten Tage verbrachte ich jede freie Minute mit Leo oder Lena. Natürlich war Lena auch nicht begeistert davon, aber auch sie versprach mir, dass wir uns regelmäßig sehen und auch telefonieren oder skypen würden.
Und dann schneller als mir lieb war, war der Tag des Umzugs gekommen. Ich stand gerade in meinem Zimmer und schaute mich in dem leeren Raum um. Wie viele Erinnerungen hier entstanden waren und jetzt würde ich sie hier einfach so zurücklassen. Genau wie meine Freunde und natürlich Leo. Mein Blick blieb an der Stelle hängen, wo gestern noch mein Bett gestanden hatte. Genau da hatten Leo und ich uns das erste Mal geküsst. Wie nervös ich gewesen war. Heftig, dass das mittlerweile schon 11 Monate her war. 11 Monate. Wo war nur die Zeit geblieben? Und jetzt musste ich hier alles aufgeben. Schon wieder. Ich dachte, nein, ich hatte gehofft, dass wir dieses eine Mal länger an einem Ort bleiben würden. Aber da hatte ich mich wohl getäuscht. Dies würde nur wieder ein weiterer Abschied, ein weiterer Umzug, ein weiteres Auf Wiedersehen sein. Nur wieder ein kurzer Abschnitt in meinem Leben und der neue stand schon bevor und würde sich ebenfalls nur in die anderen hundert Abschnitte meines Lebens einreihen.
"Martha kommst du? Wir müssen los.", hörte ich meine Mutter hinter mir ungeduldig sagen. Ich atmete einmal geräuschvoll aus, ließ meinen Blick ein letztes Mal durch mein Zimmer gleiten und drehte mich dann zu ihr um.
"Wieso?", fragte ich sie leise. "Du weißt es geht nicht anders.", sagte sie genau so leise. Ich seufzte und nickte langsam. Dann schob sie mich entgültig aus dem Raum und wir gingen dann runter zum Auto, in dem mein Vater schon ungeduldig saß und auf die Hupe drückte. Nicht mal genug Zeit für einen Abschied ließen sie mir. Traurig blickte ich mich um. Er war nicht zum Abschied gekommen. Leo war einfach nicht aufgetaucht. Er hatte es doch gestern noch versprochen. Mit hängenden Schultern stieg ich ein, schlug die Tür mit einem lauten Knall zu und dann war es erstmal still. Ich starrte aus dem Fenster, immer noch hoffend Leo würde doch noch auftauchen. Doch wie schon erwähnt: Mein Leben war kein Film, in dem jetzt der Freund in letzter Sekunde doch noch auftauchte und es einen herzzerreißenden Abschied gab.
Das Auto setzte sich langsam in Bewegung und ich schaute so lange auf unser Haus, bis wir um die Ecke Bogen und es komplett aus meinem Blickfeld verschwand. Das war es also entgültig.
Ich nahm mir meine Kopfhörer, steckte mir erst den rechten und dann den linken in mein Ohr und startete meine Playlist mit all meinen Lieblingssongs. Dann ließ ich mich entspannt in den Sitz zurückfallen und schloss meine Augen.
Wieso war Leo nicht gekommen? War ihm was passiert? Oder hatte er mich schon vergessen? Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn?
Ich drehte meinen Kopf zur Seite, öffnete meine Augen wieder und sah wie die Häuser weniger und die Felder mehr wurden und alles an uns vorbei zog. Dann schloss ich wieder meine Augen und schlief tatsächlich ein."Martha aufwachen. Wir sind gleich da!", weckte mich meine Mutter unsanft. Sofort setzte ich mich aufrecht hin, zog mir meine Kopfhörer aus den Ohren und blickte neugierig aus dem Fenster. Wir befanden uns immer noch auf der Autobahn, aber ich sah das große blaue Schild welches uns anzeigte, dass die nächste Ausfahrt in 1000 m Erfurt sein würde. Sofort beschleunigte sich mein Herzschlag und pumpte das Adrenalin nur so durch meinen Körper. Es war eine Mischung aus Neugier und Angst. Ich konnte einfach überhaupt nicht einschätzen, was mich erwarten würde. Was ich erwarten sollte. Man könnte meinen ich war schon daran gewöhnt, so oft wie wir schon umgezogen waren, aber dies war nicht der Fall. Ich hatte trotzdem jetzt schon Bauchschmerzen, wenn ich daran dachte am Montag auf eine neue Schule zugehen. Schon wieder "die Neue" zu sein. Sich schon wieder an ein neues zu Hause zugewöhnen, welches wir nach paar Monaten nur wieder verlassen würden.
"Na was sagst du?!", riss mich mein Vater aus meinen Gedanken. Oh ich war so in Gedanken, ich hatte gar nicht gemerkt, dass wir vor einem Haus gehalten hatten.
Meine Eltern stiegen direkt aus, weswegen ich dann auch langsam die Tür öffnete und aus dem Auto stieg. Das Haus war gigantisch. Naja Haus war etwas untertrieben. Es war schon eher eine Villa und sah sehr modern aus mit der grauen und weißen Fassade. Zu modern für meinen Geschmack. Und musste es wirklich gleich eine Villa sein?! 'Noch protziger ging es wohl nicht.', dachte ich nur und ließ das Ganze erstmal auf mich wirken. Das Auto stand vor einer breiten Garage. Zur Haustür führte ein schmaler gepflasterter Weg umringt von Buchsbaumhecken. Die Haustür selbst, war grau mit einer verspiegelten Scheibe in der Mitte. Mein Vater zog den Schlüssel aus seiner Hosentasche und schloss die Tür auf und stieß sie dann mit einer großen Geste auf. "Willkommen im neuen zu Hause.", rief er begeistert. Es schien so als würde er sich richtig freuen. Doch meine Freude über den Umzug hielt sich immer noch sehr in Grenzen. "Na komm. Gib dem Ganzen wenigstens eine Chance.", sagte meine Mutter leise von hinten in mein Ohr und schob mich weiter über die Türschwelle. Sie wusste genau was ich dachte.
"Wo ist denn mein Zimmer?", fragte ich meinen Vater dann. "Die Treppe rauf und dann das zweite Zimmer rechts." Ich nickte und ging den mir beschriebenen Weg nach oben. Jetzt wurde ich doch ein bisschen aufgeregt, was mich hinter dieser Tür erwartet würde. Vorsicht öffnete ich sie. Ich wusste auch nicht wieso ich sie nicht einfach aufriss und in das Zimmer stürmte, aber ich ging ganz vorsichtig hinein. So als würde in dem Zimmer ein Monster auf mich warten. Aber natürlich war da keins. Es gab nur mein großes weißes Bett an der linken Wand, mein großer grauer Teppich lag davor, so als wäre er schon immer da gewesen. Gegenüber von mir war ein großes Fenster, weswegen das Zimmer schön hell war. Daneben befand sich eine Tür, die auf einen ebenfalls großen Balkon führte. Die Aussicht war richtig schön. Man konnte über die Dächer Erfurts blicken und man sah auch den Dom in etwas weiterer Ferne. Ja, es war wirklich schön. Aber mein zu Hause würde es trotzdem nicht werden. Ich wollte das einfach nicht mehr. Immer wieder lebte ich mich neu ein, fande Freunde, sogar die Liebe meines Lebens und dann war es völlig umsonst. Apropos. Ich holte mein Handy aus meiner Tasche und schaute seit der Abreise wieder drauf. Sofort durchflutete mich die Enttäuschung. Immer noch keine Nachricht von Leo. Einfach nichts. Hatte er mich wirklich schon vergessen?
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Bad Liar
FanficMartha ist ein 16-jähriges Mädchen und augenscheinlich führt sie das perfekte Leben. Sie hat reiche Eltern, schreibt immer gute Noten, hat viele Freunde und den beliebtesten Jungen der Schule als Freund. Doch was ist wenn sie von heute auf morgen al...