Marthas Sicht :
Verwundert schaute ich immer wieder auf den leeren Platz neben mir. Till war immer noch nicht aufgetaucht. Ob er krank ist?
"Hey Viktor.", sprach ich ihn in der Pause an. "Was gibt's?" "Weißt du wo Till ist? Ist er vielleicht krank?" "Ne ich habe keine Ahnung. Heute beim Frühstück war er auf jeden Fall nicht.", sagte er und zuckte mit den Schultern. "Okay, danke.", sagte ich und ging dann zurück in die Klasse. Dann nach der letzten Schulstunde sprach ich Frau Levin an. Immerhin war sie Vertrauenslehrerin. Ich hatte einfach kein gutes Gefühl und dies bestätigte sie dann auch, als sie mir dann erzählte, dass Till im Krankenhaus sei. "Wissen sie wieso er dort ist?", fragte ich geschockt. Doch sie schüttelte den Kopf. "Leider nicht. Es ging wohl alles ziemlich schnell. Genauere Infos müssen wir uns erst noch einholen. Ich weiß nur, dass er wohl heute Nacht eingeliefert wurde. Tut mir Leid, aber mehr kann ich dir auch nicht sagen." "Okay. Danke Frau Levin.", sagte ich und machte mich dann nachdenklich auf den Weg nach Hause. Was war mit ihm los? Er war gestern den ganzen Tag schon komisch und auch die Sache mit seinem Rucksack war mehr als merkwürdig. Ich meine NIEMAND war so tollpatschig, dass er seinen Rucksack UND das Etui fallen ließ und dann noch quer im Flur verteilte. Das schrie doch nach Mobbing. Aber wer? Wer tat ihm all diesen Schmerz und das Leid an? War der Mobber dieses Mal so weit gegangen, dass es für Till im Krankenhaus enden musste? Oder noch schlimmer: Hatte er sich selbst etwas angetan? Man ich musste wissen was da passiert war, aber wusste auch nicht wie ich an Informationen ran kommen könnte. Ich hatte ja keine Nummer von ihm, sodass ich ihn einfach hätte anrufen können.Ich schloss die Haustür auf und mir stieg der Duft meines Lieblingsessens in die Nase. Lasagne. Direkt meldete sich mein Magen. Beim Essen erzählte ich von der Schule, mein Dad von der Arbeit und meine Mum darüber, was sie beim Einkaufen erlebt hatte. Danach fuhr mein Dad zurück zur Arbeit, meine Mum setzte sich ins Wohnzimmer und ich ging hoch in mein Zimmer. Ich legte mich aufs Bett, blickte auf mein Handy. Ich hatte tatsächlich eine Nachricht von Leo und auch eine von Lena erhalten. Ich war ganz überrascht. Leo wollte wissen wie es mir geht und sagte er würde mich vermissen. Ich lächelte und schrieb ihm, dass alles gut sei und ich ihn ebenfalls vermisse. Außerdem fragte ich ihn ob wir heute Abend nicht skypen wollen.
Lena schrieb ziemlich exakt das Selbe und auch ihr antwortete ich, dass ich sie ebenfalls vermissen würde und es unbedingt mal Zeit für ein Treffen wäre. Schließlich war ich mittlerweile schon drei Wochen hier. Irgendwie verrückt wie schnell die Zeit vergangen war. So richtig heimisch fühlte ich mich hier aber immer noch nicht, auch wenn ich zugeben musste, dass es doch nicht so ätzend hier war, als ich anfangs gedacht hatte. Ich entschloss mich dann dazu laufen zugehen. Irgendwie hatte ich meine Leidenschaft dazu, wieder entdeckt und wollte es jetzt wieder regelmäßiger machen. Es tat mir einfach gut. Ich lief meine Runde und kam wieder am Internat vorbei. Ich verlangsamte mein Tempo und da kam mir eine Idee. Ich bog in die Einfahrt ein und sah mich erstmal auf dem Internatshof um. Er war grau gepflastert mit hohen Mauern ringsum. Ziemlich trostlos, fande ich. Rechts vom Gebäude war ein Basketballkorb mit einem Auffanggitter dahinter. Links daneben ging eine kleine Treppe zu einer Wiese auf der sich ein Volleyballfeld befand. Dann sah ich noch eine Tischtennisplatte auf dem Hof und natürlich diverse Sitzgelegenheiten. Nachdem ich alles einmal abgescannt hatte, fiel mein Blick auf das Gebäude und ich suchte die Eingangstür. Es sah wirklich aus wie ein Gefängnis hier. Vorm Eingang waren zwei Treppenstufen, die ebenfalls mit einer Mauer umrandet waren. Ich straffte meine Schultern, atmete nochmal tief durch und dann steuerte ich auf genau diesen Eingang zu."Entschuldigung? Was wird das? Wer bist du?", hörte ich plötzlich eine Frau schräg hinter mir rufen. Ich drehte mich zur Seite und stand einer mittedreißig jährigen kurzhaarigen blonden Frau gegenüber. "Hallo. Ich heiße Martha. Ich ähm. Entschuldigung. Ich wollte zu Till. Ich bin mit ihm in einer Klasse. Der wohnt doch hier oder?", fragte ich verlegen. Plötzlich war ich mir gar nicht mehr sicher, ob er wirklich hier wohnte.
"Zu Till?", fragte sie überrascht. "Ja er wohnt hier, aber er ist zur Zeit nicht da." "Ich weiß. Er ist im Krankenhaus und deswegen bin ich auch hier. Also ich wollte eigentlich fragen ob hier irgendjemand weiß was mit ihm ist. Also wieso er ins Krankenhaus musste." "Das darf ich dir nicht sagen.", meinte die Frau nur. Man das konnte doch nicht ihr ernst sein. "Können sie mir wenigstens sagen in welchem Krankenhaus er ist?", bat ich sie verzweifelt. "Okay also er ist im Marienhospital.", sagte sie und schaute mich skeptisch an. "Oh vielen Dank! Ich muss dann jetzt auch los.", sagte ich und lief im Eiltempo los. "Aber?!", setzte sie noch an, doch ich war schon wieder auf die Straße eingebogen. Ich lief zurück nach Hause und googelte erstmal wo sich dieses Marienhospital befand. Meine Mutter war auch nicht zu Hause.
Das Krankenhaus war gar nicht so weit weg. Da konnte ich locker mit dem Fahrrad hinfahren. Oh man wieso machte ich mir eigentlich so einen Kopf um ihn? Ich meine wir waren nicht mal Freunde, aber irgendwie war er mir trotzdem wichtig geworden.
Deshalb stand ich auch wenig später vor dem großen Gebäude. Ich ging durch die Schiebetür, direkt auf den Empfang zu. Dahinter saß ein, ich musste zugeben, gutaussehender Junge. Ich schätze er war so um die 20 Jahre. "Hi, wie kann ich dir helfen?", fragte er mich dann direkt freundlich als ich vor ihm zum Stehen kam.
"Hi, also ich möchte jemanden besuchen." Wie dumm war ich denn? Es war ja offensichtlich, dass ich nicht einfach so hier war. Und verletzt war ich auch nicht. Man. Wie peinlich. "Wen möchtest du denn besuchen?", fragte er mich mit einem Schmunzeln auf den Lippen. "Einen Freund. Also Till." Mist. Mir fiel auf, dass ich seinen Nachnamen ja gar nicht wusste. Obwohl Vorgestern hatte Herr Chung ihn in Physik noch gesagt. Irgendwas mit H. Ha. Hailinger? Ne. Ah Hainzinger! "Sein Name ist Till Hainzinger.", sagte ich dann schüchtern. "Okay Moment ich schaue mal eben im System nach auf welchem Zimmer er liegt." "Danke."
Dann wendete er sich dem Bildschirm, der vor ihm stand, zu und tippte etwas auf der Tastatur ein.
Nervös tippte ich mit meinem rechten Fuß auf dem Boden rum.
"Ah hier. Also. Er ist auf dem Zimmer 178. Das ist direkt hier im Erdgeschoss. Du musst einmal hier den Flur gerade aus, am Ende links abbiegen und dann kommst du direkt in den Gang indem sich die Zimmer befinden.", erklärte er mir und zeigte mit dem Finger in die besagte Richtung. Ich schaute seinem Finger nach, drehte mich wieder zu ihm zurück, bedankte mich und ging dann mit zitternden Knien in die, mir beschriebene, Richtung.
Langsam bekam ich so meine Zweifel, ob diese Aktion nicht doch ein wenig überstürzt war. Was war denn wenn er mich gar nicht sehen wollte oder gar nicht in der Verfassung dazu war? Aber andererseits hätte der Typ am Empfang, dann nicht was gesagt? Nun stand ich hier verunsichert vor seiner Tür und wusste nicht, ob ich wirklich klopfen sollte.
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Bad Liar
FanfictionMartha ist ein 16-jähriges Mädchen und augenscheinlich führt sie das perfekte Leben. Sie hat reiche Eltern, schreibt immer gute Noten, hat viele Freunde und den beliebtesten Jungen der Schule als Freund. Doch was ist wenn sie von heute auf morgen al...