Kapitel 24

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Tills Sicht:

⚠️TRIGGER WARNUNG ⚠️

Viktor verließ den Raum und ich sah ihm wütend hinterher. Er war und würde für immer ein Arschloch bleiben. Dann glitt mein Blick zurück in den Spiegel. Ich war so ein Idiot. Wieso hatte ich Martha nur diese fiesen Dinge an den Kopf geknallt?! So würde ich sie nur verlieren. Sie war doch die Einzige, die mir zuhörte und die mich wahrnahm. Die mich nicht wie Scheiße behandelte. Und ich Hohlbirne hatte sie von mir weggestoßen. Wütend raufte ich mir die Haare.
Ich war wirklich zu nichts gut. Zu gar nichts. Mein Blick glühte nur so vor Verachtung mir selbst gegenüber. Ich ballte meine Hand zu einer Faust und die Wut kochte über. Ich rammte die Faust mit voller Wucht in den Spiegel und er zersprang mit einem lauten Klirren in tausend Teile. "AAAAARGH", schrie ich all meine Verzweiflung und Wut hinaus und sackte dann auf dem Boden zusammen. Mal wieder. Plötzlich war ich ganz schwach und leer, wie ein Luftballon, dem man die Luft rausgelassen hat. Dann fühlte ich einen pochenden Schmerz in meiner Hand und im Bein. Scheiße. Ich war in den Scherben gelandet. In meiner Hand steckten sogar noch kleine Splitter drin. Bestimmt vom Schlag selber. Ich wollte sie gerade rausziehen, als mich Viktors Stimme davon abhielt. "Nein! Nicht rausziehen. Sonst blutet es nur noch mehr." Schwang da etwa Panik in seiner Stimme mit? Bestimmt bildete ich mir das nur wieder ein. Dann fiel mein Blick auf mein Bein und mein Magen drehte sich postwendend um. Ich musste würgen und hätte ich etwas gegessen, dann wäre es mit Sicherheit direkt hochgekommen und ich hätte Viktor vor die Füße gekotzt. Was ihn natürlich gar nicht gefallen hätte. Obwohl die Vorstellung schon ein bisschen lustig war. Mein Bein war förmlich aufgeschlitzt und es war eine tiefe Fleischwunde zu sehen. Es sah echt übel aus und es sammelte sich immer mehr Blut auf dem weißen Boden. "Fuck. Shit. Fuck.", murmelte Viktor die ganze Zeit vor sich hin und lief hektisch umher und blickte auf mich herunter. Diesmal war sein Blick aber keineswegs spöttisch oder überheblich. Ich sah pure Angst und Sorge in seinen Augen. Dann plötzlich nesselte er an seiner Hose rum und zog den Gürtel raus. Wollte er mich schlagen?! Alleine bei dem Rascheln und dem Klappern der Gürtelschnalle, stieg Panik in mir auf und katapultierte mich direkt in einen schlimmen Flashback, sodass ich nichts mehr um mich herum wahrnahm.

Flashback Till vor 5 Jahren:

Ich saß in meinem Zimmer am Schreibtisch und machte meine Hausaufgaben, als die Tür mit Wucht aufflog und mit einem lauten Knall an die Wand donnerte. Erschrocken drehte ich mich um und sah einen unschuldig aussehenden Lutz im Türrahmen stehen. "Hallo Till. Na was machst du Schönes?" "Ich lerne?" Das war ja wohl offensichtlich. "Das hilft bei dir doch eh nicht mehr.", lachte er mich aus. "Wenn du meinst.", murmelte ich nur und drehte mich mit dem Stuhl zurück zum Schreibtisch. Es waren bloß diese drei simplen Worte, aber sie hatten riesen Konsequenzen. Denn Lutz zog mich im Stuhl in die Mitte des Raumes, riss mich dann am Arm aus diesen hinaus, packte grob meine Haare und flüsterte mir ins Ohr: "Du hast einfach keinen Respekt. Ich glaube da müssen wir uns jetzt mal gründlich und ausführlich drüber unterhalten, wie wichtig Respekt anderen gegenüber ist. Vielleicht verstehst du es dann endlich." Dann schupste er mich gegen den Stuhl und ich fiel hin. Doch rappelte mich relativ schnell wieder auf. Ich wollte aus dem Zimmer fliehen, doch kam nicht an ihm vorbei. Und als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, machte er die Tür zu und schloss sogar ab. Immer noch dieses unschuldige Grinsen im Gesicht. "Jetzt sitzt du hier fest." Sein diabolisches Lächeln dabei, hatte ich bis heute nicht vergessen. "Du bist ein Rabensohn, weißt du das eigentlich?! Nichts kannst du und nichts machst du gut!" "Das stimmt nicht.",sagte ich mit fester Stimme und schon hatte ich seine Hand in meinem Gesicht. Dann trat er mir gegen mein Bein und ich knickte weg und knallte erneut auf den Boden. Er lachte mich mal wieder aus. Und demütigte mich damit nur weiter. Dann forderte er mich auf ich solle aufstehen und zog mich an meinem Kopf nach oben. Wieder trafen mich seine Fäuste und Tritte am ganzen Körper. "Heute habe ich mir sogar was ganz Spezielles für unser schönes Gespräch ausgedacht. Vielleicht verstehst du die Sprache ja besser." Mit diesen Worten zog er den Gürtel aus seiner Hose und es machte genau die gleichen Geräusche, wie bei Viktor. "Zieh dein T-Shirt aus!", befahl er mir streng und ich verstand überhaupt nicht was er damit bewirken wollte. "Na los!", schrie er mich an und schlug das erste Mal mit dem Gürtel gegen meinen Arm. Ich zuckte erschrocken zusammen. Dann zog ich mir mit zitternden Händen das T-Shirt aus und hielt es in meiner Hand, als wäre es mein Anker in dieser auswegslosen Situation. "Umdrehen.", sagte er dann wieder ruhiger. Doch ich zögerte wieder und direkt landete der Gürtel erneut gegen meinen Arm. Also drehte ich mich um und wartete darauf was mich erwarten würde. "So, jetzt kannst du mal genau nachdenken was du falsch gemacht hast und wieso du das hier verdient hast.", sagte Lutz dann und keine Sekunde später sauste das harte Leder gegen meine nackte Haut. Dieses Brennen, trieb mir direkt die Tränen in die Augen. Das war ein ganz anderes Level an Schmerzen. Lutz war wie im Wahrn und schlug mich Minuten lang mit dem Gürtel. Mein Rücken war ein einziger Feuerball und ich spürte, wie mir an manchen Stellen sogar das Blut runter lief. "Hör auf.", hatte ich immer wieder gefleht, doch es half nichts. Er hörte erst auf als ich vor Schmerzen zusammen sackte und wie ein Häufchen Elend weinte. "Danke für das Gespräch.", hatte er noch gesagt, bevor er mich da liegen ließ und den Raum verließ, als wäre nie etwas passiert. Diesen Tag würde ich wohl nie vergessen. Und die Narben an meinem Rücken, sorgten dafür, dass es auch nicht passieren konnte.
"Ich hole Hilfe okay?", hörte ich Viktor sagen und war damit wieder im Hier und Jetzt. Meine Sicht wurde immer verschwommener. Mir wurde auch immer mulmiger zu Mute und ich hatte das Gefühl jeden Augenblick das Bewusstsein zuverlieren. Meine Augen fielen mir immer wieder zu. "Till, bitte bleib wach.", flehte Viktor mich an. "Till, bitte, ich liebe dich doch."

Viktors Sicht:

Nun hockte ich hier blutverschmiert neben Till und versuchte verzweifelt die Blutung in seinem Bein zu stoppen. Ich hatte sogar meinen Gürtel um sein Bein geschnürt, aber so richtig funktionierte das auch nicht. Ich zückte mein Handy und wählte 112. Man wieso war ich da nicht schon eher drauf gekommen?! Wie blöd war ich eigentlich? "Hallo? Ist da der Rettungsdienst?! Ich brauche Hilfe, also nicht ich sondern ein Freund. Sie müssen ganz schnell kommen, sonst verblutet er!", schrie ich aufgeregt ins Handy. "Beruhigen Sie sich bitte. Wer ist da?" "Viktor Müller." "Wo befinden Sie sich?" "Im Sportinternat Erfurt" "Was ist passiert?" "Ich weiß es nicht genau, aber es gibt eine ganz üble Schnittwunde am Bein und außerdem noch leichtere an den Händen." "Okay, bleiben sie ganz ruhig. Hilfe ist auf dem Weg.", sagte die Frau am anderen Ende der Leitung und legte dann auf. Verzweifelt blickte ich mich um, aber ich konnte niemanden sehen, der mir hätte helfen können. Ich musste zu Frau Schiller. Auch wenn ich ihn nicht alleine lassen wollte. "Ich hole Hilfe okay?", sagte ich zu ihm. Sein Blick war vernebelt und seine Augen fielen ihm in immer kleiner werdenden Abständen zu. "Till, bitte bleib wach. Till bitte, ich liebe dich doch.", sagte ich voller Verzweiflung. Dann rannte ich los und suchte Frau Schiller. Ich stürmte wie ein Irrer in ihr Büro und sie sah mich geschockt an. "Sie müssen sofort mitkommen! Es geht um Leben und Tod!", schrie ich sie ganz hysterisch an. "Viktor was ist denn passiert?! Bist du verletzt?" Ich musste aussehen wie ein Massenmörder mit all dem Blut an mir. "Nicht ich. Aber Till. Er liegt im Waschraum. Es ist überall Blut. Krankenwagen ist auf dem Weg.", brachte ich nur zusammenhangslos raus. Und dann wie aufs Stichwort hörte ich die Sirene und blaues Licht flackerte durchs Fenster, welches den Blick zum Internatshof hatte.
" Man Viktor wieso hast du mir nicht eher was gesagt?!", sagte Frau Schiller dann streng als wir uns auf den Weg zu den Sanitätern machten. "Ich war überfordert.", murmelte ich.

"Hallo, ich bin Frau Schiller, die Internatsleiterin.", sagte sie dann freundlich zu den Rettungdkräften. "Haben Sie uns gerufen?", fragte der Mann mit braunen Haaren. "Nein, das war ich.", sagte ich. Jetzt sahen sie mich erst richtig an. "Was ist denn mit dir passiert? Geht es dir gut?", fragte mich nun ein andere Sanitäter, der ein bisschen kleiner war als ich und blonde Haare hatte. Er war so Mitte Zwanzig. "Ja es ist alles gut. Ich habe nur versucht Till zu helfen.", erzählte ich ihm, als wir uns dann endlich auf den Weg zu Till machten. "Till ist der verletzte Junge?", fragte er. Ich nickte. "Okay, wie lange liegt er schon da?" "15 Minuten ungefähr." "Okay." Dann kamen wir im Waschraum an und es ging alles ganz schnell. "Till? Hallo? Kannst du mich hören?", sprach der Sanitäter ihn laut und deutlich an, aber Till reagierte nicht mehr. Mittlerweile hatte er seine Augen komplett geschlossen. Runtiniert knieten sie sich neben Till, legten ihm direkt eine Infusion und der Arzt verband sein Bein fachgerecht. "Er muss sofort ins Krankenhaus. Er hat eine Menge Blut verloren.", sagte der Arzt dann und schon nahmen sie ihn auf einer Trage mit.
Der Sanitäter drehte sich nochmal kurz zu mir um und fragte:"War das dein Werk mit dem Gürtel?" Ich nickte schwach, mein Blick besorgt auf Till gerichtet. "Wahrscheinlich hast du ihm damit sein Leben gerettet.", lächelte er mir aufmuntern zu und dann sah ich zu, wie sie ihn in den Krankenwagen schoben und die Türen schlossen. Dann brausten sie mit Sirene und Blaulicht davon. "Hoffentlich kommt er durch.", murmelte ich leise. "Natürlich schafft er das. Till ist ein Kämpfer. Viktor, geh dich erstmal duschen und zieh dir etrwas Anderes an. Ich mache dir in der Zeit einen Tee okay?", sagte Frau Schiller dann sanft und ich nickte wie in Trance. So langsam fiel bei mir die Anspannung ab und ich realisierte was da gerade passiert war. Scheiße, war das krank.

Bad LiarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt