Kapitel 6

698 43 2
                                    


Ich nehme mir meine Tasse Kakao und mache Anstalten die Küche wieder zu verlassen. Da stellt sich mir Alex in den Weg. Er sieht mich bittend an.

"Gerda, bitte! Du kannst mich doch nicht ewig ignorieren!" sagt er. Ein paar Tage lang war er amüsiert über meine Sturheit, dann kurzzeitig wütend. Aber jetzt wird er langsam verzweifelt. Tja, was soll ich sagen?! Selber schuld!

Ich wende mich an Brian, der ebenfalls in der Küche steht und sage: "Ach, Brian, sei doch so gut und richte dem örtlichen Kerkermeister aus, dass seine Gefangene frühestens wieder mit ihm reden wird, wenn er sie freilässt und sich anständig bei ihr entschuldigt. Und was seine Vermutung betrifft ich könne das nicht ewig durchziehen: und ob ich das kann!"

Damit verlasse ich die Küche, wobei ich noch Alex' und Brians Stimmen hören kann. Beide finden, dass ich mich lächerlich verhalte. Sarah und Zack (der andere Mitbewohner) finden das auch. Drauf gepfiffen!

Aber es gibt einen guten Grund, warum ich trotzdem noch täglich mit Sarah rede: sie erzählt mir alles über Werwölfe. Das ist gut, da ich ja jetzt mit ein paar von diesen zusammen wohne. Sie erklärt mir alles wonach ich frage und allmählich beginne ich zu verstehen.
Werwölfe markieren ihre Mates wenn sie das erste Mal mit ihnen schlafen. An der Markierung können Werwölfe ausmachen, wessen Mate vor ihnen steht. Werwölfe lernen zwischen dem 4. und dem 6. Lebensjahr sich zu verwandeln, wobei gilt: je höher der Rang, desto wahrscheinlicher ist eine frühe Entwicklung der Verwandlungsfähigkeit. Der Rang eines Werwolfs hängt von seiner Stärke und seiner Abstammung ab. Es gibt Alphas, Betas, Gammas und Omegas. Die Gammas sind meistens Krieger. Alex hatte seinen Status als Gamma mir gegenüber nicht erwähnt, weil er Wert darauf legt, als Krieger ein 'besonders starker' Gamma zu sein und kein gewöhnlicher. Angeber!

Wie gesagt, als Informationsquelle ist Sarah echt nützlich. Aber als Person... also, eigentlich habe ich nichts gegen sie, aber die Art und weise wie sie sich so völlig nach ihrem Mate Brian richtet...
Um es mal zu verdeutlichen: Sarah und Brian sind schon etwas älter als ich. Anfang 20, schätze ich. Brian ist angehender Mechaniker. Wenn er abends nach Hause kommt, wird er von Sarah freudig begrüßt und sie kocht Abendessen für beide. Sarah hält deren Zimmer in Schuss und sorgt dafür, dass es ihrem Partner an nichts fehlt. Sie kleidet sich sehr hübsch. Anfangs dachte ich noch sie sei einfach gerne schön, aber mittlerweile weiß ich, dass sie vor allem ihrem Mate gefallen will. Sie widerspricht ihm nie und ist die perfekte Ehe- und Hausfrau. Mit anderen Worten: sie richtet ihr gesamtes Leben nach ihrem Mann aus.

Jedem das seine, aber mir wird von so viel Harmonie und Unterwürfigkeit schon vom Zusehen schlecht.

Etwas später kommt Alex in mein Zimmer und bittet Sarah, mir und ihm etwas Raum zu lassen. Als sie draußen ist, setzt er sich zu mir, nimmt meine Hand und sieht mich zärtlich an.

"Ich habe nachgedacht, über das, was du gesagt hast, Gerda. Und ich sehe es ein. Ich war zu streng mit dir. Und es war vielleicht etwas übertrieben dir zu verbieten, das Haus ohne mich zu verlassen. Dafür möchte ich mich entschuldigen." Auf seine Worte hin höre ich auf, demonstrativ meine Finger zu betrachten und sehe ihn an. Er fährt fort: "Ich möchte immernoch nicht, dass du dich wieder mit diesen anderen Männern triffst! Du hast jetzt einen Mate, also werde ich der einzige Mann in deinem Leben sein! Aber wenn du mir sagst, wo du hingehst und es nicht zu lange dauert, kannst du auch ohne mich ausgehen."

Ich verdrehe die Augen. "Mit anderen Worten, anstatt gar nicht mehr rauszugehen kann ich jetzt selten für kurze Zeit rausgehen? Nur damit wir uns verstehen, ich finde, das ist nicht genug! Aber es ist ein Anfang, also nehme ich ihn erstmal. Ich werde wieder mit dir reden. Aber deswegen werde ich trotzdem nicht mehr Zeit mit dir verbringen als unbedingt notwendig!"

Er seufzt und sieht mich mit Hundeblick an. "Aber Gerda, du bist doch meine Mate! Ich will mich nicht länger von dir fernhalten müssen. Ich will in deiner Nähe sein!"

Ich lächle ihn verbindlich an und sage: "Dann solltest du besser aufhören dich wie ein Kerkermeister zu benehmen."

"Aber-" beginnt er,
"Kein 'Aber'!" unterbreche ich ihn. Ich sehe ihm deutlich an, dass er wütend ist und nur mit größter Mühe einen Wutanfall zurückhalten kann.
Das hindert mich aber nicht daran, ungerührt weiterzureden: "Heute Abend ist übrigens ein Konzert und ich will da hingehen. Du solltest mich besser nicht aufhalten, weil ich dich sonst wieder ignorieren werde! Und zwar den ganzen Sommer lang!"

Er wirkt etwas gefasster und sagt: "Klar kannst du gehen."

Er lernt offenbar dazu. Gut für ihn!

Als ich ein paar Stunden später zur Haustür gehe, sehe ich, dass er wohl doch nicht so richtig dazugelernt hat. Er steht nämlich vor der Tür und erklärt mir, mit stolzgeschwellter Brust, dass er mitkommen wird. Ich versuche, nicht allzu genervt zu seufzen und bete zum Allerheiligen, dass der Abend kein allzu großes Fiasko wird!

Die Mate des Kriegers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt