Kapitel 35

179 20 4
                                    


2012

Mercedes 16ter Geburtstag ist eine tolle Party. Das Wohnzimmer ist schön dekoriert, es gibt eine Reihe von Snacks und Kuchen und meine reizende Enkelin sieht wunderhübsch aus in ihrem kleinen schwarzen Kleid mit ihren langen honigblonden Locken zusammengebunden zu einem Pferdeschwanz.

Ihre Freunde aus der Schule sind alle hier. Jade, Neal, Miranda, Mike und Anna. Neal ist noch sehr neu in der Gruppe; er hat kürzlich angefangen, mit Jade auszugehen. Als ihr fester Freund ist er deswegen heute mit eingeladen. Er macht den Eindruck, als sei er ganz in Ordnung.

Während die Kinder mit Feiern beschäftigt sind, gehe ich in die Küche um mich um den Eistee zu kümmern. Allerdings nicht lange. Kurz nachdem ich in der Küche angekommen bin, sehe ich durchs Fenster eine Wölfin auf mein Haus zu tappen. Ich erkenne sie sofort und hole daher den Morgenmantel, den ich immer für sie daliegen habe. Frances verwandelt sich zurück in einen Menschen und setzt sich auf einen unserer Küchenstühle, offensichtlich frustriert.

"Ich wollte gerade fragen, wie das Rudeltreffen gelaufen ist, aber irgendwie denke ich gerade, dein Anblick ist ziemlich selbsterklärend. Also lass mich meine Frage ändern: wie schlimm war es?" Während ich rede, hole ich den Whiskey aus dem oberen Küchenfach und schenke ihr eine Portion davon in ein Glass.

Wortlos nimmt meine beste Freundin das Glass und kippt den Inhalt in einem Zug weg. "Ich könnte unmöglich so viel essen wie ich kotzen könnte."

"Verstehe. Gute Zusammenfassung."

Sie schnaubt. "Der neue Alpha ist eine komplette Vollniete! Hätte nie gedacht, dass ich diesen alten Egoisten, den wir davor hatten, je vermissen würde, aber glaube mir, das tue ich."

"Ich hatte ihn im Kindergarten, also kann ich vage ahnen, was du meinst. Er wurde von seinem Vater ignoriert und von seiner Mutter dominiert. Er ist relativ charakterschwach und hat sich während der Schulzeit angewöhnt, Schwächere zu hänseln um seine eigenen Minderwertigkeitskomplexe zu vergessen. Merry hat mir berichtet, dass er diese Angewohnheit scheinbar mit seinem Sohn teilt. Also, wenn es um seine Fähigkeiten als Alpha geht: ich rate, er kann sich gegen starke Wölfe nicht durchsetzen, hat wenige Ideen für die Zukunft und sieht dabei gerne auf Menschen oder Omegas herab."

Frances nickt, formt mit ihrer rechten Hamd einen Revolver und tut so, als würde sie sich in den Kopf schießen. Ich grinse ein bisschen, mache mir gleichzeitig aber Sorgen. Solange ihm niemand den Posten streitig zu machen versuchte, war der vorige Alpha eigentlich in Ordnung; Menschen wie ich wurden, wenn sie keinen Ärger machten, einfach in Ruhe gelassen. Der neue Alpha ist zwar wenig daran interessiert, irgendwem einfach so Schwierigkeiten zu bereiten, aber sein Sohn ist ein Mobber. Und meine Enkelin war schon häufiger sein Opfer. Bisher habe ich mehrfach versucht, den kleinen Mistkerl dafür büßen zu lassen, aber mit wenig Erfolg. Zum Glück hat mein kleiner Schatz mein Temperament und meine Widerstandskraft geerbt. Sie lässt sich von niemandem einschüchtern.

"Naja. Jedenfalls sind Tony und ich heilfroh, dass Sean in Florida ist. Da hat das Rudel wenigstens einen halbwegs anständigen Alpha. Und er meinte, sein Boss sei nett." meint meine Freundin.

Dieser Boss wäre dann wohl Alex. "Der wird ihm bessere Mannieren beibringen können... hoffentlich." füge ich hinzu. Auf den fragenden, dezent besorgten Blick von Frances hin, füge ich hinzu: "War nur ein Scherz. Alex konnte zwar früher eine ziemliche Pfeiffe sein, aber er ist jetzt kein Teenager mehr. Ich bin mir sicher, dein Junge wird gut behandelt."

Sie nickt und hält mit ihr Glass hin. Ich schenke ihr nach, stelle die Flasche anschließend allerdings ins Fach zurück. Schließlich will ich meine Freundin hier nicht aktiv zur Alkoholikerin erziehen, nur weil ihr neuer Alpha eine Flachzange ist.

"Möchtest du Mercedes begrüßen?" biete ich an.

Das bringt sie tatsächlich zum Lächeln. "Gerne. Der kleine Hitzkopf hat ein Talent dafür, meine Laune zu bessern. Außerdem muss ich ihr ja noch gratulieren."

***

Einige Tage später

Es passiert während einer unserer Tanzabende. Frances und Tony sind friedlich am tanzen, Will und ich schweben zur Musik umher. Aber plötzlich geht es meinem Mann nicht mehr gut. Er keucht, strauchelt und kippt fast um. Ich helfe ihm zum Rande der Tanzfläche und führe ihn zu einem Stuhl.

"Schatz? Kannst du mich hören? Will?!" versuche ich mit ihm zu sprechen. Er nickt mir zu, sagt aber nichts. Schweißperlen zieren seine Stirn.

Frances und ihr Mann haben mittlerweile gemerkt, dass etwas nicht stimmt und kommen zu uns. Tony wirft einen Blick auf meinen armen Mann weiß, was als nächstes zu tun ist. "Ich rufe einen Krankenwagen."

"Danke." flüstere ich, aber viel Beachtung kann ich Tony gerade nicht schenken. Sorge um Will überkommt mich mit großer Stärke. "Bitte halt durch, mein Liebling. Wir bringen dich ins Krankenhaus. Es wird alles wieder gut."

"Wenn das das Ende ist," keucht mein Mann, "will ich, dass du weißt, dass ich dich sehr liebe. Dich und die Kinder. Ich war so glücklich mit euch."

"Wir lieben dich auch, Will, aber das ist nicht das Ende! Ganz bestimmt nicht!" erwidere ich und halte seine Hand. Er lächelt schwach.

Wir schaffen es tatsächlich bis zum Krankenhaus. Allerdings erfahren wir dort, dass Will einen Herzinfarkt hat. Es erscheint ihnen plausibel, da schon sein Großvater Carl vor vielen Jahren an so einem gestorben war. Die Ärzte versuchen, ihn zu retten, aber am Ende schaffen sie es nicht ganz. Mein Mann stirbt im Alter von 58 Jahren. Und ich werde Witwe.

Die Mate des Kriegers Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt