Flickenteppich

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Erschöpft vom Tag und körperlich komplett am Ende aufgrund der vielen Wunden stoße ich die Tür zu unserem Unterschlupf in dem Moment auf, als Felicity mich auf dem Headset anruft.

„Oliver wo bist du?“

„Hier.“

Sie und Dig wirbeln herum als ich den Raum betrete. Wenn sie es nicht schon an meinem Tonfall erraten haben, erkennen sie spätestens an meiner Körperhaltung, dass ich mal wieder verletzt zurückgekommen bin. Sie lassen auf jeden Fall alles stehen und liegen und stürzen mir entgegen um mich abzufangen, bevor ich zu Boden gehe. Ich kann kaum noch stehen, zucke jedoch mit schmerzverzehrter Mine zurück, als sie versuchen mir einen Arm um die Hüften zu legen um mich zu stützen. Die Ausweichbewegung sendet eine neue Welle von Schmerzen durch meinen Körper, aber mir fehlt die Kraft zum Schreien. So stöhne ich nur kurz auf. Dig hat mich mittlerweile am Arm gepackt um mich weit genug zu stabilisieren, damit ich es zu einem der Stahltische schaffe.

„Oliver, was ist passiert? Du warst doch schon raus, als wir telefoniert haben, und da klangst du noch nicht so erledigt. Was hast du gemacht?“

Während dieser panischen Worte meines Freundes lasse ich mich auf die Liege sinken und mache ich die Lederjacke auf bevor ich mich auf den Bauch lege und ihm so meinen zerschundenen Rücken präsentiere. Durch die vor Schmerzen zusammengebissenen Zähne presse ich mühsam eine Antwort hervor.

„Autounfall.“

Ich vermute, dass er nickt, wie er es immer in solchen Situationen tut, kann es jedoch nicht sehen, weil er sich bereits meinen Verletzungen zugewandt hat. Mit einer Verbandsschere schneidet er mein T-Shirt am Rücken auf, so dass ich es nicht über den Kopf ziehen muss und er trotzdem alle Wunden vernünftig beurteilen kann.

„Okay… Details können wir ausnahmsweise mal später besprechen. Du hast jede Menge Scherben im Rücken, die sollte ich da möglicherweise raus holen, bevor sich da was entzünden kann. Außerdem hast du noch etliche Brandblasen quer über den ganzen Rücken verteilt. Und da scheint sich ein ausgewachsenes Hämatom quer über deine Wirbelsäule zu entwickeln. Sonst noch irgendwelche Verletzungen, von denen ich wissen sollte?“

„Vermutlich zwei oder drei gebrochene Rippen und ein verstauchtes, wenn nicht sogar gebrochenes Handgelenk links.“

Dig hebt besorgt eine Augenbraue, als er meine kaum mehr als geflüsterte Antwort hört. Auch Felicity ist sichtlich erschrocken über meinen miserablen Zustand. Dennoch vergeudet keiner der beiden Zeit damit sich weiter Sorgen über mich zu machen. Stattdessen beginnen sie konzentriert daran zu arbeiten, dass es mir wieder besser geht. Wie üblich übernimmt Dig die Leitung der Aktion.

„Okay, wir müssen erst mal die Splitter da raus hohlen. Felicity, such mir mal bitte eine Pinzette raus. Und da ich nicht glaube, dass du bereit bist dir ein Anästhetikum geben zu lassen oder selbst zu nehmen, würde ich vorschlagen, dass wir dich am Tisch fixieren, um zu verhindern, dass du dich oder einen von uns stärker verletzt als notwendig, okay? Danach würde ich zusehen, dass ich dir die Splitter aus dem Rücken ziehe, die größten Wunden vernähe, dir anschließend Jod drauf schmiere und dir den kompletten Brustkorb bandagiere, womit wir dann auch deine Rippen in Schonhaltung hätten.“

Ich hebe vorsichtig die Arme über den Kopf, so dass Dig sie vernünftig am Tisch befestigen kann und drücke so mein Einverständnis mit dem beschriebenen Vorhaben aus. Wenig später bin ich sicher an den Tisch gefesselt und bekomme von Dig noch eine einfache Gummistange zwischen die Zähne geschoben, damit ich mir nicht selber auf die Zunge beiße. Die ersten Splitter sind nur oberflächlich und so verhältnismäßig wenig schmerzhaft, dann jedoch kommen die ersten tiefer liegenden und ich versuche instinktiv den Schmerzen auszuweichen, auch wenn ich keine Chance habe.Stattdessen sendet jede Ausweichbewegung neue Schmerzwellen aus. Irgendwann tut mein Körper mir endlich den Gefallen ohnmächtig zu werden.

Ich hasse RegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt