Beziehungskriese

502 26 6
                                        

„Schlaf ruhig. Ich kriege dich dann schon wieder irgendwie wach.“

Erstaunt sehe ich Dig an.

„Ist das so offensichtlich, dass ich total K.O. bin?“

„Die meisten Menschen würden vermutlich einfach denken, dass du etwas erschöpft bist, aber ich kenne dich jetzt lange genug um zu wissen, dass du niemals so erledigt aussehen würdest, wenn es dir nicht wirklich schlecht ginge. Normaler Weise bist du ja ziemlich gut darin deine Befindlichkeiten und Gefühle zu verbergen, aber jetzt kann jeder sehen, dass es dir nicht gutgeht und das heißt dann vermutlich, dass du wirklich fertig bist.“

Ich lächele erschöpft. Mir fehlt im Moment einfach die physische und psychische Energie meine üblichen Mauern aufrecht zu erhalten, das lässt mein Inneres völlig offen liegen, ein Anblick, den Dig nicht gewöhnt ist.

„Geht schon, aber schlafen klingt gut…“

Wenig später hält Dig in unserer Einfahrt. Als das Auto aufhört sich zu bewegen, wache ich langsam auf.

„Sind wir schon da? Kam mir gar nicht so lang vor…“

„Du hast ja auch die ganze Zeit geschlafen, als wir auf dem Südring im Stau gestanden haben.“

Mit einem Brummen hieve ich mich aus dem Wagen. Glücklicherweise wird mir nicht direkt wieder schwindelig, dafür kann ich kaum stehen, weil ich immer noch vor Kälte zittere. Diese Tatsache nimmt Dig zum Anlass mir wieder mal einen Arm um die Hüften zu legen. Als ich kurz über diese Position nachdenke, wird mir klar, wie wir aussehen müssen.

„Dig, lass mich bitte los.“

„Ääh nein?! Ich habe nicht vor, dich hier gleich wieder vom Boden kratzen zu müssen.“

Ich verdrehe die Augen.

„Wir sehen aus wie ein Liebespärchen, wenn du mich so festhältst.“

Daraufhin starrt Dig mich erst kurz an, dann bekommt er einen Lachkrampf wie lange nicht mehr. Als er sich wieder halbwegs beruhigt hat grinst er mich frech an.

„Was hast du denn mein Engel? Willst du nicht, dass die Leute von uns wissen?“

Als ich versuche meinen Freund für diesen Kommentar scherzhaft gegen die Schulter zu boxen, scheitere ich an meinem mangelhaft funktionierenden Gleichgewichtssinn. Statt Dig zu treffen stolpere ich zwei Schritte zurück und komme auf der Motorhaube des Autos zu sitzen.

„Na komm halt her Schatzi, offenbar kann ich ohne dich nicht leben. Zumindest komme ich ohne dich nicht mal ins Bett.“

Immer noch grinsend kommt er wieder auf mich zu und unterstützt mich dabei endlich ins Haus zu kommen. Dort halte ich mich noch gerade lange genug wach um meine Arbeitskleidung gegen Jogginghose und Kapuzenpullover zu tauschen, bevor ich mir die Bettdecke bis zur Nasenspitze ziehe und innerhalb von Sekunden einschlafe. Dummerweise gehöre ich zu den Menschen, die bei Fieber immer besonders großen Mist träumen und so finde ich mich mal wieder auf der Insel wieder. Felicity steht mir gegenüber und versucht gerade sich eine hochgiftige Beere in den Mund zu schieben.

„Nein, Felicity lass das die sind giftig!“

Sie lacht mir ins Gesicht und verwandelt sich, so dass es plötzlich nicht mehr Felicity sondern Isabell Rochev ist, die mir gegenübersteht. Ihre Stimme trieft geradezu vor bösartigem Sarkasmus.

„Erzähl mir nicht, was ich tun und lassen soll Queen. Such dir lieber erst mal was Ordentliches zum Anziehen!“

Ich sehe an mir herunter und stelle erschrocken fest, dass ich einen von Felicitys Röcken trage, zusammen mit einem Paar alter Soldatenstiefel und einem viel zu großen Jackett von Dig. Dieses beginnt auf einmal immer größer zu werden, bis ich schließlich darin versinke. Um mich herum ist alles schwarz und ich kann kaum noch atmen. Panisch schrecke ich aus dem Schlaf und stelle fest, dass ich tatsächlich nicht atmen kann, weil ich in eine Art gigantische Stoffbahn gewickelt bin. Nach kurzer Zeit realisiere ich, dass ich mir lediglich meine Bettdecke so um den Kopf gewickelt habe, dass ich weder sehen noch richtig atmen kann. Mühsam versuche ich mich zu befreien, ein etwas schwieriges Unterfangen, wenn man nicht sieht, was man tut. Plötzlich ertönt hinter mir die Stimme meiner Schwester.

Ich hasse RegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt