5.

39 3 0
                                    

Elena

„Du musst wirklich mal wieder vor die Tür, Eli. Du arbeitest viel zu viel in letzter Zeit.", seufzte Sam auf der anderen Seite der Leitung, als sie mich Samstagmittag anrief. Ich saß grade vor meinem Notebook um eine Präsentation für einen neuen Kunden vor zu bereiten und zwar auf mexikanisch damit er es verstand.
„Sam, fang bitte nicht wieder damit an. Ich bin junior Chefin da kann ich nicht einfach so durch die Clubs ziehen.", entgegnete ich ihr und kniff mir dabei in die Nasenwurzel. „Außerdem muss ich ein Projekt fertig bekommen bis Montag." An Sams Atmung konnte ich nur erahnen, dass meine Freundin kurz davor war, mich durch das Telefon zu ziehen.
„Ich hol dich heute Abend um neun Uhr ab und ich will keine Ausreden hören.", knurrte sie, bevor sie auflegte. Himmel, so hatte ich meine Freundin noch nie erlebt. Kopfschüttelnd stand ich auf und holte mir die Reste von unserem Abendessen aus dem Kühlschrank.
Im selben Moment ging die Tür von Seans Zimmer auf und mein Bruder schlurfte in die Küche.
„Hey, Sis.", murmelte er und stellte eine Tasse unter die Kaffeemaschine.
„Harte Nachtschicht gehabt?", erkundigte ich mich und mein Bruder nickte.
„Ein Kollege aus New York ist hier und wir haben ihn mit zu einer Ermittlung genommen.", gähnte er vor sich hin. Ich selbst habe ihn nicht heim kommen hören, doch das er da war beruhigte mich irgendwie. Wie es Dex wohl geht? Erschrocken über meine Gedanken stopfte ich mir eine Gabel Essen in den Mund und kaute eilig.
„Lass mich raten, es ging bis zum Schluss?" Sean lachte und nahm seine Tasse in die Hand.
„So ungefähr. Der Mann aus New York hat eine beachtliche Ausdauer. Wollte wirklich noch das Protokoll führen.", brummte er und nahm einen großen Schluck Kaffee. „Was ein Glück habe ich das Wochenende frei. Ach so, Dex kommt heute Abend vorbei. Wir wollen etwas zocken", verkündete mir mein Bruder und sah mich abwartend an. Auf Männerabend hatte ich eigentlich keine Lust, als mir Sams Vorschlag wieder in den Sinn kam.
„Gut. Sam und ich gehen heute Abend aus. Sie will mich etwas von der Arbeit ablenken.", erklärte ich ihm und Sean nickte nur.
„Gut, aber übertreib es nicht. Ich will nicht das ein Kollege vor der Tür stehet und mir sagt dir sei was passiert."
Ich seufzte genervt. Eigentlich war genau das der Grund, warum ich froh war alleine zu wohnen.
„Sean ich bin kein Kind mehr und nur weil ich hier wohne heißt das noch lange nicht, dass du mich überwachen musst.", brumme ich und gehe in die Richtung meines Zimmers.
„Elena, bitte. So sollte es nicht rüber kommen.", hörte ich ihn noch, bevor die Tür hinter mir ins Schloss fiel.

Es war wirklich eine gute Idee von Sam weg zu gehen. Ich kam endlich mal auf andere Gedanken.
„Du bist heute irgendwie komisch.", bemerkte meine Freundin, als sie mit zwei Gläsern Wein zurück an unseren Tisch kam. Ich nahm ihr mein Glas ab und verdrehte dabei genervt die Augen. Wie immer war ich für Sam ein offenes Buch, welches sie hervorragend lesen konnte.
„Mein Bruder geht mir auf die Nerven. Sonst ist alles gut.", antworte ich ihr und trinke einen Schluck. Sam lacht leise, wobei sie mit dem Kopf schüttelte. Ich wusste sofort, was in ihrem Kopf vor ging und hebe leicht die Augenbraue.
„Nicht was du denkst. Es hat nichts mit Dex zu tun. Mein Bruder schreibt mir nur wieder vor wann ich daheim sein soll und was ich zu tun oder zu lassen habe. Das ist alles.", erklärte ich ihr und ihr Grinsen wurde immer breiter. Sam wusste genau, was ich für Dex fühlte, da ich ihr damit schon oft genug in den Ohren lag.
"So, was denke ich denn?", hakte sie nach und grinste vielsagend, aber ich antwortete ihr nicht und schüttelte nur mit den Kopf.

Langsam füllte sich der Club in den wir gefahren waren und auch mein Alkoholpegel stieg langsam. Ich trank aus Frust über meinen Bruder fast eine Flasche Wein alleine, während Sam zwischen durch mal ein Wasser oder eine Cola trank. Aber danach war mir nicht, ich hatte das Bedürfnis mich mal so richtig gehen zu lassen.
"Weißt du, ich verstehe Sean nicht. Ich meine, ich bin 24 und kein kleines Kind mehr.", murrte ich und knallte mein Glas auf den Tisch.
"Eli, er meint es nur gut. Ich glaube das ist die Cop-Krankheit. Dein Bruder will nur, dass es dir gut geht. Du darfst auch nicht vergessen, das er Angst hat dich durch seine Arbeit in Gefahr zu bringen.", versuchte mir Sam zu erklären, doch ich wollte es nicht hören. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt an Dexter zu denken. Scheiss Alkohol.
"Darum geht es mir nicht, Sam. Ich sehe doch, wie Dex mich an sieht oder wie er sich in meiner Gegenwart verhält. Himmel, er will mich und Sean duldet es nicht. Es geht mir so auf die Nerven. Dabei sind wir zwei erwachsene Leute."

Sam sieht mich mit hoch gezogenen Augenbrauen hoch über meinen kleinen Ausbruch.
"Wow. Langsam, Eli. Natürlich seid ihr zwei erwachsene Leute. Aber vielleicht gibt es einen Grund, warum dein Bruder das nicht möchte.", meinte sie und zuckte mit den Schultern. Ich wusste was sie meinte und trotzdem war es kein Grund mir den Umgang mit Dexter zu verbieten.

Je später der Abend wurde, desto mehr Alkohol floss und je höher wurde mein Alkoholpegel. Irgendwann lehnte ich mich zurück und beobachtete, wie die Menschen um mich herum anfingen zu tanzen. Die Musik wummerte aus den Lautsprechern und der Bass ließ den Boden vibrieren. Ich schloss die Augen und gab mich der Musik hin.
"Elena, geht es dir gut?", drang Sams Stimme durch meinen Nebel des Alkohols und ich öffnete halb die Augen. "Ich glaube ich rufe dir ein Taxi." Meine Freundin angelte mein Handy aus meiner Tasche und endsperrte es. Ich versuchte es ihr aus der Hand zu nehmen, doch dazu war ich nicht mehr in der Lage.
"Nicht Sean anrufen.", lallte ich und versuchte Sam böse an zu sehen, doch es gelang mir nicht.

"Hi, hier ist Sam, Elis Freundin. Sie bräuchte ein Taxi.", hörte ich sie nur sagen und schloss genervt die Augen. "Super, dann sage ich den Türstehern, dass du in zwanzig Minuten da bist um sie zu holen."
Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken, denn wenn Sean mich so sehen würde, würde er mich nie wieder alleine irgendwo hin gehen lassen.

Tʜᴇ Oɴᴇ Du Oder KeinerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt