1.

74 5 5
                                    

Elena

"Das ist wirklich nicht nötig, Sean. Die Versicherung bezahlt mir doch ein Hotelzimmer.", protestierte ich zum gefühlt hundertsten mal seit dem wir meine Wohnung, wegen einem Wasserschadens verlassen hatten. Mein Bruder bot mir sofort an, die nächsten Wochen bei ihm zu wohnen, als ich ihn fragte ob er mir mit meinen Sachen helfen könnte und obwohl ich dagegen war, brachte er mich in seine Wohnung.
"Und ich habe dir gesagt, es ist ok. Du bist meine kleine Schwester und ich habe die Aufgabe mich um dich zu kümmern.", meinte er und schloss dabei die Tür zu seiner Wohnung auf. Ich verdrehte die Augen, als er mir den Rücken zu drehte. Ich liebte meinen Bruder, aber es gab Situationen wo ich ihn am liebsten auf den Mond schießen könnte.

"Ich bin alt genug und kann alleine auf mich aufpassen. Du vergisst, ich bin 24 und keine 10 mehr." Sean seufzte, als er meine Koffer in den Flur stellte und die Tür hinter mir schloss.
"Ich weiß, aber wer weiß wo das Hotel gewesen wäre und was das für eine Absteige gewesen wäre." Mir war klar, dass dies kommen würde und schüttelte nur mit dem Kopf. Dabei hatte ich schon längst mit der Hausverwaltung gesprochen und wusste, wo das Hotel war.

Ich legte meine Tasche auf den Esstisch und sah mich in seiner Wohnung um. Dafür, das Sean alleine lebte war es aufgeräumt und sauber. Was man, wenn man meinen Bruder kannte, sich kaum vorstellen konnte.
"Du machst dir wirklich viel zu viele Gedanken. Ich wäre eh mehr mit arbeiten beschäftigt gewesen als mit was anderem.", sagte ich und fuhr mein Notbook hoch. Sean stellte mir ein Glas Saft hin.
"Du arbeitest viel zu viel Elena. Mach mal eine Pause. Dad hat bestimmt nichts dagegen." Ich hob meinen Blick und sah in die besorgten Augen meines Bruders.
"Aber du, Detektiv Conner. Du arbeitest genauso viel wie ich und außerdem haben Dad und ich einen großen Fisch an Land gezogen. Also muss ich mich rein hängen.", meinte ich und lockte mich in den Firmenserver ein. Ich liebte das was ich tat und unser Vater spürte das auch. Nicht umsonst beförderte er mich ein Jahr nach meinem Studium im Bereich Marketing und Werbung  zur junior Chefin seiner Werbeagentur.

"Das ist etwas ganz anderes. Ich arbeite schließlich nicht rund um die Uhr.", warf Sean ein und setzte sich neben mich. Wieder seufzte ich resigniert und lehnte mich in den Stuhl zurück.
"Sean, es ist ok. Ich mache das gerne. Außerdem werde ich Dad's Firma irgendwann übernehmen. Also lass es sein." Und schon ging es los, der erste Streit stand bevor. Dies war einer der Gründe warum ich eigentlich nicht bei ihm wohnen wollte. Seine ständige sucht mich zu kontrollieren. Dachte ich zu mindest, aber mein Bruder hob beschwichtigend die Hände und stand von seinem Stuhl auf.
"Gut, wenn du meinst. Dann lass ich dich mal arbeiten."
Ich schloss die Augen und holte tief Luft, das konnte die nächste Zeit noch lustig werden.

Es wurde bereits dunkel, als ich aus dem Fenster sah. Ich hörte meinen Bruder, wie er in seinem Schlafzimmer telefonierte. Doch als er das Wort Baby sagte schüttelte es mich. Er sprach wohl mit seiner Verlobten Zoe. Diese Frau war... ich konnte es nicht mit Worten ausdrücken.

Aus welchem Grund auch immer hasste sie mich. Dabei hatte ich ihr nie etwas getan. Aber sie war anscheinend andere Meinung. Sam meine beste Freundin hatte da so eine Theorie aber ob die stimmte, keine Ahnung. Sie meinte, Zoe wäre eifersüchtig auf mich, da sie nicht das aussehen einer Latina hatte. Sie war blond und schlank, das typische Malibugirl, während ich das Aussehen meiner Mutter geerbt hatte. Dunkle Augen, langes volles braunes Haar und die kurven an den richtigen Stellen. Das einzige was ich an mir nicht mochte war meine Größe, denn mit meinen 160cm kam ich mir wie ein Zwerg vor. Vor allem, wenn die Männer im Hause dabei waren. Sean war nämlich das Abbild unseres Vaters. 180cm Groß, gut gebaut dunkel blonde Haare und grüne Augen. Fast undenkbar das wir Geschwister waren. Das einzige was wir gemeinsam hatten, waren die Gesichtszüge, denn diese kamen eindeutig von Seiten unserer Mutter die aus Mexiko kam und der Sturkopf.

Die Tür meines Bruders öffnete sich gerade, als ich mein Notebook zu klappte und sah zu ihm. Er zog sich gerade ein Shirt über und klemmte seine Marke in den Gürtel.
"Ich muss los. Zoe kommt nachher kurz vorbei um mir etwas zu bringen. Sei lieb zu ihr.", meinte er und drückte mir einen Kuss auf die Schläfe.
"Keine Sorge, Großer.  Ich werde noch schnell etwas essen und mich dann hin legen. Sie wird mich also weder sehen noch hören.", antwortete ich ihm und stand auf. Selbst Sean wusste nicht was seine Verlobte gegen mich hatte. Er selbst hatte schon oft das Gespräch mit ihr gesucht, doch sie stritt immer ab, das zwischen uns etwas nicht stimmte.
Wie ich diese Frau nur hasste.

"Na gut. Aber solltet ihr euch doch sehen.....", setzte er an, doch ich schnaufte laut. "Werde ich ganz brav sein. Ja Papa." Wir fingen an zu lachen und Sean verschwand ohne noch etwas zu sagen.

Ja, ich liebte meinen Bruder, aber manchmal hasste ich ihn auch und doch war ich dankbar ihn zu haben.

Tʜᴇ Oɴᴇ Du Oder KeinerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt