04| C A M E R O N

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Es war eindeutig genug. Jess übertrieb seine Rolle komplett, ich zog ihn zurück, denn er ging immer weiter auf seine Schwester zu und Hailee hatte keinerlei Kraft für sich einzustehen. Irgendetwas musste passiert sein, denn vorhin war sie noch bester Laune. „Bring ihn weg", wies ich Austin an und er und Darya buxierten ihn wirklich weg auch wenn der tobte. Ich glaube Darya klatscht ihm gleich eine, wenn er sich nicht beruhigt. Ich wusste er hatte vorhin mit seinem Dad telefoniert. Seine Mum hatte ihn bekniet dran zu gehen, da er dauernd auch bei ihr anrief und als Jess nach Jo fragte, erklärte sein Vater, dass sie nicht mit ihm sprechen möchte und ohne weiteres Wort legte er dann auf. Jo wollte keinen Kontakt und das war frustrierend aber jetzt an Hailee seine Laune auszulassen, war nicht okay. „Was ist passiert, Hailee?", fragte ich vorsichtig und sie presste die Lippen fest zusammen. Sie war den Tränen nah. Und ohne, dass sie was sagen musste, nahm ich sie in den Arm und strich beruhigend über ihren Rücken. Mein Blick fiel auf Audrey, die schaute auch total besorgt. Jess merkt überhaupt nicht wie wichtig Hailee für Audrey war und sie nicht zulassen würde, dass ihr was passiert. Sie war kein schlechter Einfluss, sie motivierte Hailee gerne Dinge auszuprobieren, aber würde sie nicht in Gefahr bringen.

Ich brachte Hailee aus dem Verbindungshaus heraus und hielt noch immer meinen Arm um ihre Schulter. Beim rausgehen entdeckte ich Major, der gerade mit einem Mädchen tanzte. Er muss der Auslöser gewesen sein, anders kann ich mir nicht vorstellen wieso ihre Laune so schnell kippen sollte. Die Worte, die er ihr gegenüber gewählt hatte, waren unter aller Sau gewesen. Und ich hoffe, dass sie nichts davon wirklich glaubt, wenn der Schmerz nachlassen wird. Dass sie sich nicht verändern lässt von einem Idioten, der sie in zwei Jahren Beziehung nie wirklich kennengelernt hat. Wir gingen vom Verbindungshaus weg auf eine Grünfläche zu, auf der sich eine Bank befand. Audrey war ebenfalls bei uns und wir beide knieten vor Hailee im Gras, während sie weiter weinte. „Wir sind draußen Hales. Er ist weg alles ist gut", versicherte Audrey und ich war mir gar nicht sicher, ob sie Major oder doch Jess meinte. Hailee hob den Kopf und die Tränen hatten Spuren auf ihrem Gesicht hinterlassen. „Es ist einfach zu viel. Major und Jess ertrage ich nicht, nicht genug das mein Exfreund fröhlich weitergezogen ist, nein mein Bruder hält mich für ein dummes Mädchen. Und ich bestätigte das indem ich meinen Mund nicht aufkriege", sie wischte über ihre Augen. „Dein Bruder hat kein Recht so mit dir zu reden. Lass dir nicht das Gefühl geben, dass er es besser weiß", versuchte ich es und sie blickte mich traurig an. „Was ist zwischen euch los?", wollte sie wissen und ich zuckte mit den Schultern. „Er scheint beschlossen zu haben, dass ich der schlechteste Mensch der Welt bin", sagte ich ehrlich und Audrey runzelte die Stirn. „Mit dem Verhalten wird jeden Menschen aus seinem Leben stoßen. Ihr seid Freunde seitdem ihr laufen könnt", sie lachte bitter auf, „und Jo hat er bereits vertrieben und jetzt klammert sich an Hailee fest, als müsste er etwas gut machen. Dabei unterdrückt er nur seine Schwester", Audrey steckte Hailee die Haare hinter die Ohren und nahm sie in den Arm. Exakt."Soll ich euch zu eurem Wohnheim begleiten?", fragte ich und beide nickten. Die Mädchen verschränkten ihre Hände miteinander und wir gingen in Richtung deren Wohnheim. „Ich hab uns unsere erste Party versaut", seufzte Hailee und Audrey winkte ab. „Das wird nicht unsere letzte sein und bis Jess kam hatten wir alles im Griff. Dem würde ich gerne mal ein paar Takte sagen", erklärte die beste Freundin und ich vergrub meine Hände in den Hosentaschen. Wer nimmt es ihr übel. Jess hatte mal gesagt, dass Jo ihm vorgeworfen hat, dass sein Perfektionismus sie ankotzt. Er will perfekt sein und überträgt den Wunsch auf seine Schwester und sie fühlte sich erstickt und als wäre ihr wirkliches Ich nicht genug für ihren Bruder. Deshalb brach sie den Kontakt, Jess verstand nicht was sie meinte, da er ja nur das beste für sie will. Ich befürchte er tut nun dasselbe mit Hailee, wobei es aktuell seinen Höhepunkt erreicht. Sie war kaum zwei Wochen auf dem College. Er liebte seine Schwester, seit wann zweifelte er so an ihr? Man kann niemanden vor allem beschützen und niemanden zwingen Entscheidungen zu treffen. 

Die Mädchen betraten ihr Wohnheim und ich blieb unten stehen bis Audrey mir einen Text schickte, dass sie in ihrem Zimmer wären. Dann ging ich zurück in Richtung meiner Wohnung und blickte dabei auf mein Handy. Ein Text von Austin. 

Austin: Jess bleibt heute Nacht bei Darya im Wohnheim. Ist glaube besser. Wie geht es Hailee?

Ich: Hab die beiden nach Hause gebracht. Soweit ganz gut. Jess hat übertrieben

Austin: Das denkt er nicht. Er glaubt du bist ein genauso schlechter Einfluss wie ihre Freundin

Ich: Ich glaub nicht, dass weiß, dass wir zusammen arbeiten

Austin: Bezweifle ich auch. An ihrer Stelle würde ich ihm auch nichts sagen, wenn er immer so ausflippt. Was ist mit unserem Kumpel los? Vor  1 ½ Jahren schien es echt klug gewesen zu sein, dass wir zusammenziehen..

Ich seufzte. Ja es wirkte wie die beste Idee überhaupt. Austin hatte perfekt zu uns gepasst. Wir wollten gemeinsam hier studieren, zusammen wohnen schien wie die Krönung unserer Freundschaft. Jess war für mich da, als mein Vater starb. Was hatte seine Meinung geändert in Bezug auf mich und meinen Charakter? Ich habe ihm nie etwas getan. Vielleicht sollte ich mich nach einer anderen Wohnung umsehen, beziehungsweise ein anderes WG Zimmer. Den Stress ertrage nicht, besonders nicht wenn er herausfindet, dass Hailee mit mir zusammenarbeitet und ich ein ach so schlechter Umgang bin. Ich will mich nicht vor ihm erklären müssen. Ich brauche eine Pause für meinen Kopf. Meine Annäherungsversuche mit der Kunst in diesem Semester benötigen meine gesamte Kraft, um nicht an den Erinnerungen an meinen Vater zu ersticken.

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