09| H A I L E E

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Hailee

Oh mein Gott. Ich saß auf der Bank vor dem heutigen Kursgebäude und wartete auf Nora. Das Abendessen neulich bei Cameron verlief ereignislos, aber wir beide kamen auch nicht dazu mit einer zu sprechen. Selbst Jess schien entspannt zu sein, dann Cameron für ein Gespräch unter vier Augen zu bitten schien mir falsch. Und wer will schon über einen Kuss per SMS sprechen? Niemand. Dann wollte ich ihn fragen, ob wir uns verabreden wollen, aber wir beide haben es diese Woche nicht geschafft. Ich ersticke in Vorbereitungen für die Uni und er hat im Diner extra Schichten geschoben, da jemand krank geworden ist. Je länger der Kuss her ist, desto nervöser werde ich und desto muss ich daran denken. Meine Haut kribbelte immer wieder. Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen und seufzte genervt auf. „Na da hat ja jemand eine Laune", hörte ich Nora sagen und wir umarmten einander zur Begrüßung, „mein Kopf qualmt", gestand ich und schulterte meine Tasche damit wir in das Kursgebäude gehen konnte. „Oh wieso?". Audrey hatte ich auch nichts vom Kuss erzählt, sie wirkt aktuell überhaupt nicht bei der Sache. Sie war noch nervöser als ich, besonders wenn ich sie direkt ansprach. Da schien es mir falsch, sie mit meinem Chaos zu beladen. Ich blieb mit Nora auf dem Flur vor dem Raum stehen und zog sie ein Stück an die Wand, die ersten Studierenden gingen bereits hinein. Sie sah mich mit riesigen fragenden Augen an. „Cameron und ich haben uns geküsst", gestand ich kleinlaut und sie riss den Mund auf. „Echt?", oh Gott sie hielt es bestimmt für eine dumme Idee, doch sie gab mir einen Klaps auf den Arm. „Wird aber auch Zeit. Noch ein bisschen länger und ihr hätte euch in der Vorlesung die Kleidung vom Leid gerissen", sie schüttelte grinsend den Kopf und ich runzelte die Stirn. „Was meinst du?". „Ihr beide starrt euch gegenseitig an, wenn der jeweils andere nicht guckt. Und neulich im Diner, als dein Ex da war? Hat er auch ein Auge auf dich gehabt. Ich habe euch bereits die Daumen gedrückt", erklärte sie mir ganz selbstverständlich. „Aber er ist der Kumpel meines Bruders. Sein bester Freund seit sie Kinder waren", fügte ich hinzu. „Ja und? Und du darfst ihn deswegen nicht gut finden? Lächerlich. Dein Bruder spinnt, wenn er das nicht gut findet. Ihr seid erwachsene Menschen. Wenn ihr beide das wollt, hat es nur euch was anzugehen", sie lächelte aufmunternd. „Meinst du". „Nein was meinst du Hailee? Was meint Cameron! Alle anderen Meinungen sind hier vollkommen egal", sie griff nach meiner Hand und zog mich in den Kursraum.

Die Stühle mit den Staffeleien davor standen in einem Kreis. In der Mitte stand ein kleines Podest. „Ich bin so nervös. Was wird wohl unser Modell. Niemand aus den höheren Semestern sagt nur ein Wort darüber. Es ist das größte Geheimnis unserer Fakultät und nur Leute die hier waren wissen es", sie grinste und suchten uns Plätze nebeneinander. „Und wir dürfen hier sein", merkte ich an und stellte mein Handy noch schnell auf lautlos. Audrey war heute Abend auch unterwegs, wollte mir aber nicht sagen wohin. Es wäre nicht so wichtig. Das sagt sie echt oft in letzter Zeit. Ob sie sich mit jemanden trifft? Aber wieso sollte sie das nicht erzählen? Wobei ich bin nicht besser. Noch nicht. Ich machte meine Umhängetasche zu und starrte auf die leere Leinwand vor mir und holte tief Luft. Im Raum herrschte Gemurmel.

Mrs. Beyers betrat den Raum und trug eine weite Stoffhose mit einem am Saum geknoteten Shirt. Sie war barfuß und ihr Haar zu einem lockeren Zopf gebunden. Sie wirkte ganz los gelöst und entspannt am heutigen Abend, so dass ich meine Kleiderwahl aus Hoodie und Leggins nicht bereute. Ich brauchte bequeme Kleidung fürs Malen. „Es freut mich, dass ihr heute alle hier seid", sie stellte sich auf das kleine Podest und sah jedem von uns sieben Leute kurz in die Augen, „dieses Projekt betreibe ich seitdem ich hier unterrichte. Meine Modelle wechseln, aber gerade die ersten Treffen sind besonders. Es kommt der Vertrauensbeweis. Über den Kurs wird nicht gesprochen, das klingt erstmal übertrieben. Aber das was sie heute Malen dürfen ist ein großer Vertrauensbeweis. Unser heutiges Modell macht diese Aufgabe seit drei Semestern davor hatte ich bereits einige Männer und Frauen, die diese Aufgabe hier gemacht haben. Wir werden bis zum Ende des Semester viel zeichnen uns austauschen und experimentieren. Doch das Modell haben wir nur für den heutigen Abend. Er studiert selbst keine Kunst, wobei ich weiß, dass er außerordentlich talentiert ist und er wird einigen von euch nicht fremd sein, da er einen unserer Kurse besucht. Also bitte verhalten sie sich erwachsen. Wenn sie das nicht tun fliegen sie nicht nur aus dem Kurs, sondern auch aus der Vorlesung, da bin ich strikt. Das hier ist intim für die Person und für sie. Respekt ist in der Kunst wichtig ebenso wie Vertrauen. Da verstehen wir uns sicher oder?", sie sah uns erwartungsvoll an und wir alle nickten. Ich tauschte einen kurzen Blick mit Nora und dann kam ausgerechnet Cameron mit einem Bademantel bekleidet aus dem Raum nebenan.

Was zum Teufel. Ich rutsche unruhig auf meinem Stuhl hinterer und als gerade auf das Podest stieg, bemerkte er meinen Blick und hielt kurz inne.Wir beide starrten einander an und ließ den Blick an ihm entlang wandern. Er trug nicht nur einen Bademantel sondern keine Hose anscheinend und keine Schuhe oder Socken. Mir schwahnte was wir hier zeichnen sollten und ein wenig Panik ergriff mich. Würde er sich wirklich vor uns ausziehen? Oh weh ich habe ihn letzte Woche geküsst und würde ihn jetzt aus anderen Gründen nackt sehen. 

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