05| C A M E R O N

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Als ich aus dem Mitarbeiterraum nach vorne kam, saßen an der Theke Austin und Jess, dessen Blick wirklich tödlich war. Ich schnürte gerade meine Schürze und wollte zur Begrüßung ansetzen. „Wieso erzählst du mir nicht, dass du mit meiner Schwester zusammenarbeitest? Ich finde, das hättest du mir direkt sagen sollen und es nicht einfach drei Wochen so laufen lassen", kackte er mich direkt an und ich musste tief durchatmen um nicht genervt die Augen zu verdrehen. „Weißt du was? Ich muss jetzt arbeiten und habe für deinen Bullshit keine Zeit. Denn ich muss heute hier nach zu meiner Mum fahren, da morgen der Todestag meines Vaters ist und wenn ich direkt nach der Spätschicht fahre, komme ich in aller Früh an um bei ihr zu sein. Also habe ich echt keinen Kopf für dich und deinen Kindergarten", dann ging ich weg zu meinen ersten Tischen und bat meine Kollegin die Kunden an der Theke für mich zu übernehmen. Das Maß war einfach voll.

Nach meiner Schicht setzte ich mich in mein Auto und steuerte meine Heimat an. Der Weg würde zwei Stunden dauern, aber Mum und ich sind an diesem Tag immer zusammen. Ich habe mich in meinen Veranstaltungen entschuldigt, auch wenn ich das nicht muss und drehte das Radio auf. Ein Song von Phil Collins lief. Mein Vater liebte diesen Musiker und es war wir ein Zeichen, dass er gerade bei mir war, also begleitete mich ,another day in paradise' auf meinem Weg zurück. Die Dunkelheit erstreckte sich vor mir und die Kälte von außer versuchte ich mit der Heizung zu vertreiben. Kurz nachdem ich Jess und Austin sitzen gelassen habe, sind sie auch gegangen. Ich habe keine Kraft mehr für den Kampf mit meinem besten Freund. Einfach keine Kraft.

Ich erreichte mein Zuhause und schloss leise unten die Haustür auf. Meine Mutter saß auf der Couch , die Kerzen auf dem Couchtisch waren das einzige Licht. Sie wusste, dass ich kommen würde und hatte mir einen Text geschrieben dass sie warten würde. „Mein kleiner Junge ist Zuhause", sagte sie sanft und streckte die Arme nach mir aus. „Mum so klein bin ich nicht", lachte ich leise und genoss die Umarmung. Nach der angespannten Zeit, war es toll in die Arme genommen zu werden, der mich bedingungslos liebt. „Für mich bleibst du immer der kleine Junge, so was müssen Mütter sagen", wir kuschelten uns auf die Couch und meine Mum lehnte sich an meine Schulter. Unser Leben ging weiter, wir beide haben hart gekämpft um Dads Tod akzeptieren zu können, der Kampf hört nicht auf, auch wenn es schon Jahre vergangen sind. Es tut immer ein bisschen weh. Manchmal mehr, manchmal weniger. Der Verlust ist spürbar und nahe, ich hatte an manchen Tagen das Gefühl zu ertrinken, aber man muss aufstehen. Es geht irgendwo weiter, irgendwann, aber Trauer ist nicht steuerbar. Sie folgt keinem Plan und niemand hat einem vorzuschreiben wie man richtig trauert. Bis wir hier angekommen sind, hat es gedauert. Unsere Lösung ist es sich diesen Tag hier zu nehmen, beieinander zu sein und an ihn zu denken. „Auf dem Weg hierher lief Phil Collins", sagte ich und sie lachte leise. „Dein Vater und dieser Mann", sie schüttelte leicht den Kopf, „ich habe vorhin auch eine seiner Platten gehört. Direkt um Mitternacht. Erst kam es mir komisch vor", gestand sie, „aber dann ist mir eingefallen, dass wir an diesem Tag machen was uns gut tut. Und ich wollte unser Lied hören", sie stand auf und schaltete wieder die Platte an. Es erklang ,Groovy Kind of Love'. „Dieses Lied ich konnte es so lange nicht hören. Es lief als wir uns kennenlernten und war unser Hochzeitslied, aber heute fühlte es sich so gut an es zu hören. Dieses Lied muss wieder mit schönen Erinnerungen gefüllt werden. Es gibt schon schöne Erinnerungen und es neue geben", sie setzte sich wieder zu mir.

Irgendwann mussten wir eingeschlafen sein und als wir wieder wach wurden, war es bereits mitten am Tag. Ich ging mit meiner Mum einkaufen und wir kochten gemeinsam. Dann vibrierte mein Handy und ich entdeckte eine SMS von Hailee.

Hailee: Also wenn ihr heute wieder die Platten hört, dann vergesst nicht AGAINST ALL ODDS ! Ich denke an euch. Auch wenn das vielleicht nicht helfen kann.

Ich musste schlucken. Es half zu wissen das jemand an mich dachte, an mich und meine Mum genauer gesagt. Es half. Wir wollten zwar unter uns sein, aber zu wissen, das draußen Menschen sind die warten war ein tolles Gefühl. „Wer war es?", fragte meine Mum lächelnd. „Hailee sie bittet uns den Song Against all Odds nicht vergessen", ich grinste schief und musste leicht den Kopf über diese Nachricht schütteln. „Dieses Mädchen", meine Mum lachte. Ja Hailee war schon besonders und gerade in den letzten Wochen war sie wirklich da gewesen, wir haben eine Bindung vertieft. Eine richtige Freundschaft sind wir am aufbauen, obwohl wir uns bereits seit so vielen Jahren kennen. Nach einem gemeinsamen Essen blätterten wir in Fotoalben. „Du sahst so gut aus in dem Anzug von deinem Abschlussball. Du solltest öfter einen tragen", merkte sie an. „Wo ? Auf dem Campus?", ich lachte und blätterte weiter. „Ja wieso nicht? Oh das ist ein süßes Foto", sie klang aufgeregt. Es zeigte Jess, Hailee und mich in unserem Baumhaus. Hailee fehlten die Vorderzähne und ihre blondes Haar lockte sich bauschig um ihr Gesicht. Wir Jungs wirkten weniger begeistert, dass sie dort oben bei uns war, aber Hales war schon immer eine Naturgewalt, die sich ihren Weg suchte. „Wirklich schade, dass ihr Freund so ein Idiot war. Ich habe mit ihrem Dad neulich gesprochen. Na ja gut dass ihr Bruder mit auf dem Campus ist, wenn einem sowas passiert braucht man gerade seine Familie", erklärte Mum. „Was wisst ihr denn über die Trennung?". „Nicht viel. Er hat Schluss gemacht, da er sich für etwas Besseres hält und gerade unsere Hailee mit ihrem Herz aus Gold, verdient solche Worte nun wirklich nicht. Ich habe selten einen Menschen mit so viel Freude und Freundlichkeit kennengelernt. Und ihr beide habt als Kinder so oft gemeinsam gemalt, wenn Jess wegen irgendwas geschmollt hat und sich in seinem Zimmer verschanzt hat", sie versank immer mehr in den alten Geschichten. Irgendwie wiederholte sich die Geschichte. Hailee und ich rückten zusammen wie damals als Jess wegen Jos Kontaktabbruch, die ganze Welt hasste. 

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