Kleine Zweifel

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Einen Moment lang genoss ich es, meinen Kopf an Tonys Brust zu kuscheln und seinen Duft einzuatmen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er schon so bald hier auftauchen würde, aber ich war unfassbar erleichtert. Er wirkte erschöpft und hatte mehrere Verletzungen im Gesicht, vermutlich alles Dinge die er längst gewohnt war und dennoch traf mich dieser Anblick ein wenig.
Ich spürte wie er mir einen Kuss auf den Scheitel drückte "Lass uns ins Flugzeug steigen und irgendwohin verschwinden..." murmelte er in mein Haar. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht "Nun denkst du, es ist klug jetzt Urlaub zu machen?" entgegnete ich, obwohl dieser Gedanke unfassbar reizvoll war. "Muss denn immer alles klug sein?" kam seine brummige Antwort und ich hob langsam den Kopf um ihn anzusehen. "Muss es nicht...aber...denkst du denn einfach abzuhauen während hier alles...alles im Chaos versinkt ist okay?" wiederholte ich vorsichtig und musterte ihn.
Er blickte müde auf mich herab und wickelte eine meiner Strähnen um seinen Finger "Wahrscheinlich nicht...du hast recht...aber sobald wieder etwas Ruhe eingekehrt ist..." lenkte er ein und zuckte mit der Schulter. "Abgemacht..." entgegnete ich und schenkte ihm ein sanftes Lächeln. "Gut, denn ich hätte dich tatsächlich ganz gerne mal für mich allein..." er wackelte vielsagen mit den Augenbrauen und brachte mich damit zum Lachen. Selbst in so einer Situation verlor Tony seinen Humor nicht.
"Nun, ich denke, dass lässt sich einrichten" schmunzelte ich und blickte dann an ihm vorbei aus dem Fenster. "Apropros einrichten..." lenkte Tony meine Aufmerksamkeit wieder auf sich "...ich...ich lasse gerade alles aus deinem Haus retten das sich retten lässt..." er wirkte ehrlich betroffen als er mich nun ansah. Ich nickte langsam. Noch war mir nicht vollständig bewusst, dass ich nun kein Zuhause mehr hatte, doch mit dieser Tatsache musste ich mich in der nächsten Zeit wohl oder übel auseinander setzen. Tony legte seine Hand unter mein Kinn und zwang mich so ihn anzusehen.
Ich rang mir ein Lächeln ab "...nun, dann heißt es wohl nun erstmal den Wohnungsmarkt zu checken" erwiderte ich und zuckte mit der Schulter. "Ich habe hier ein nettes Apartement...wenn du möchtest, darfst du darin gerne ein paar Dinge zerstören während du dort wohnst..." er verzog das Gesicht und nahm erneut auf dem Schreibtisch Platz während ich über sein Angebot nachdachte.
Wollte ich dass? Wollte ich, wenn auch nur vorübergehend, bei ihm wohnen? War es zu früh dafür? Zweifelnd kaute ich auf meiner Unterlippe herum, war dies der richtige Schritt? Andererseits...was hatte ich denn zu verlieren?
Tonys braune Augen ruhten fragend auf mir und nur ein kleines Zucken seiner Augenbrauen verriet was er gerade dachte und wie unruhig er war. Seufzend warf ich die Hände in die Luft und lies mich, gefolgt von seinem Blick, auf den braunen Lederstuhl sinken. "Nun schau mich doch nicht so an..." murmelte ich und knabberte erneut an meiner Unterlippe. "Wie schaue ich denn?" wollte er wissen und legte den Kopf schief als ich aufschnaubte.
Tat er nur so oder testete er mich gerade wirklich? Er machte mich noch wahnsinnig! "Du weist genau was ich meine" gab ich zurück und fummelte imaginäre Fussel von meiner Sporthose. Erneut zuckten seine Augenbrauen und er erhob sich langsam "Überleg es dir...Ich lasse dir sonst eine andere Unterkunft herrichten...". Seine Hände gruben sich in seine Hosentaschen, wirkte er verletzt oder bildete ich mir dass nur ein?
Schweigend sah ich ihn an, in meinem Kopf schwirrte alles und ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, was war denn nun los? Tonys Augen verengten sich ein klein wenig als er mich musterte "Ich...ich bin dann mal arbeiten...lass mich wissen wo deine Sachen hin sollen..." erklärte er leise und drehte sich um. Wow was passierte hier gerade? Meine Gedanken begannen genauso wie mein Puls zu rasen als Tony zur Tür ging "Tony...ich...ich denke drüber nach, ok? Es ist etwas viel heute..." gestand ich und versuchte ein ehrliches Lächeln aufzusetzen. Er drehte sich um und nickte langsam "Ja ich verstehe... Hör mal, es tut mir leid, ok?" antworte er und schloss dann die Tür hinter sich.
Verwirrt von dem plötzlichen Stimmungswechsel blickte ich durch die Fenster des Büros und beobachtete Tony dabei wie er nach einem kurzen Wortwechsel mit Steve in den Aufzug stieg. Irgendwas war hier gerade mächtig schief gelaufen und ich musste herausfinden was.

Tony stieg in den Fahrstuhl und fuhr nach unten, doch statt wie ursprünglich geplant in seine Werkstatt, ging er nach draußen. Er brauchte dringend frische Luft! "Jarvis wie steht es mit den Bergungsarbeiten?" wollte er barsch wissen als er den Kiesweg entlang stapfte. "Miss Spencers Sachen sind bereits auf dem Weg, Sir. Der Tower wurde evakuiert und der Umzug wird von Mr Hogan beaufsichtigt wie gewünscht" klärte ihn das System auf.
Er nickte zufrieden und bog in das angrenzende Waldstück ab um einen klaren Kopf zu bekommen. Was zur Hölle war da oben gerade passiert und warum zum Teufel reagierte er so empfindlich? Aus irgendeinem Grund hatte er gehofft, Mona würde ihm bei seinem Angebot freudestrahlend um den Hals fallen und als sie stattdessen eher zweifelnd auf ihrer verdammten Unterlippe kaute war er enttäuscht gewesen. Nach all diesem Chaos heute, hatte er einfach nur mit Mona in seinem Appartement verschwinden und sich einigeln wollen.
Er wollte nicht darüber nachdenken was geschehen war, er wollte nicht damit konfrontiert werden, dass er Mona in Gefahr gebracht und ihr Zuhause zerstört hatte, er wollte verdammt nochmal einfach nur mit dieser Frau alleine sein und heile Welt spielen. Doch auch wenn sie ihm keine Vorwürfe machte, so erinnerte ihn diese kleine Verletzung in ihrem Gesicht an die Gefahr und der Zweifel in ihren Augen an sein Versagen. Warum sonst sollte sie also daran zweifeln in sein Apartment zu ziehen? Mona hatte Schutz verdient und er hatte heute mehr als eindeutig bewiesen, dass er ihr diesen nicht bieten konnte.
Missmutig trat Tony gegen einen Baumstamm und fluchte lautstark, als ihn diese Bewegung an all seine schmerzenden Körperstellen erinnerte.
"Scheiße!" rief er wütend und aktivierte ohne weiter darüber nachzudenken den Handschuh seines Anzuges. Wut überkam ihn, Wut über diesen Tag, Wut über Loki und Wut über seine beschissenen Gefühle die er so lange Zeit unter Kontrolle hatte und die ihn nun komplett aus der Bahn warfen weil Mona eine Sekunde zu lange gezweifelt hatte. Mit verkniffenem Gesicht begann er sämtliche der umstehenden Felsen mit Hilfe seines Handschuhes zu Staub zu sprengen.
Wenig später sah er sich nach Atem ringend um, wie durch ein Wunder hatte er in seiner Raserei keinen einzigen der Bäume getroffen und unter anderen Umständen hätte er sich dafür stolz auf die Schulter geklopft. Heute jedoch war er einfach zu erschöpft dafür und so deaktiverte er seinen Handschuh und stapfte in der Abenddämmerung zurück zum Quartier, er würde sich am nächsten Tag Gedanken über die heutigen Ereignisse machen und darüber entscheiden wie es weitergehen sollte.
Müde fuhr er mit dem Fahrstuhl nach oben in seinen Privatbereich, schlurfte ins Schlafzimmer und ließ sich dann ohne weitere Umwege auf sein Kingsize Bett fallen. Sollte Loki es wagen heute noch einmal anzugreifen würde er dies sicher verschlafen, dessen war er sich in diesem Moment sicher.

Stressfull Mister StarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt