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Die nächsten zwei Tage verbringen Maxim und ich nur bei ihm zuhause. An einem Nachmittag geht er Lebensmittel einkaufen, hat aber zum Glück Verständnis dafür, dass ich ihn nicht begleiten will. Die blauen Flecken an meinem Oberkörper und Gesicht haben mittlerweile diverse Blau- und Lilatöne angenommen, doch zum Glück sind wenigstens die Schwellungen an meinem Auge und meiner Lippe abgeklungen.

Was nicht so schnell verheilt sind die Narben an meiner Seele. Es tut mir gut, dass ich mein Handy ausgeschaltet und somit komplett den Kontakt zu Walid, Abbas und unseren Freunden gekappt habe, trotzdem habe ich ziemlich mit den Folgen all der Lügen und des brutalen Übergriffs zu Kämpfen.

Ich finde abends kaum in den Schlaf, habe Alpträume und wache immer wieder nachts panisch und schweißgebadet auf. Ich bin froh, dass Maxim bei mir ist, dass er mich betüddelt und ablenkt. Er lässt mich sein wie ich bin, gibt mir Raum in meinem Tempo zu erzählen, was ich erzählen will und zu schweigen wenn ich schweigen will.

Am Wochenende delegiert er seine Arbeit, sodass er komplett für mich da sein kann und selbst nicht in seinen Clubs erscheinen muss. Was Walid immer schwer gefallen ist, macht Maxim ohne mit der Wimper zu zucken, deshalb bedeutet es mir umso mehr. Für Walid war es unvorstellbar die Arbeit mal mehr als ein paar Stunden ruhen zu lassen.

Es ist Sonntagabend, ungefähr drei Tage nach der verhängnisvollen Nacht, als Maxim mir plötzlich ziemlich ernst eröffnet: "Ich muss mal mit dir reden."

Ich richte mich auf der Couch auf und schaue ihn beunruhigt an. "Ich muss mit dir reden" bedeutet selten was gutes. "Ja?", frage ich nervös und beiße mir auf die Unterlippe.

"Hör zu, Lilli. Ich wollte das die letzten Tage nicht ansprechen, aber jetzt, wo du ein bisschen runtergekommen bist, habe ich mich entschlossen, doch mit dir zu sprechen", beginnt er kryptisch.

"Worum geht's denn?", frage ich und spüre mein Herz aufgeregt gegen meine Brust klopfen.

"Ich finde, dass du Walid wegen schwerer Körperverletzung anzeigen solltest."

Ich muss schlucken. Damit habe ich nicht gerechnet.

"Ich weiß nicht, Maxim. Ich will nicht, dass ihm das Gleiche passiert wie Shayan, weißt du? Wenn ich Walid mit meiner Anzeige in den Knast bringen würde, könnte ich mir das nie verzeihen", erwidere ich nachdenklich.

"Wenn Walid nicht dasselbe Schicksal wie Shayan will, dann sollte er nicht die selben Fehler machen", stellt Maxim klar.

"Du hast ihn ja damals auch nicht wegen den Drogen angezeigt. Du hast selbst gesagt, dass man niemanden verrät", setze ich dem entgegen.

"Das kannst du doch gar nicht vergleichen!", gibt Maxim entschieden zurück. "Walid hat mir damit nicht persönlich geschadet, dir schon. Er hat dich aufs Übelste zusammengeschlagen, das hat nichts mit Verrat zu tun, wenn du ihn anzeigst."

"Ich weiß nicht. Ich denke, dass ich weg bin und er mich nicht erreichen kann, ist genug Strafe für ihn."

"Das sehe ich anders. Wieso nimmst du ihn immer noch in Schutz? Wieso machst du dir so viele Gedanken um ihn? Er hat sich auch keine Gedanken darüber gemacht, was er dir angetan hat. Denkst du ich sehe nicht wie fertig dich das macht? Wie oft du Angst hast? Dass du nicht mehr ruhig schlafen kannst, ständig Alpträume hast? Denkst du etwas, Walid hat sich darüber Gedanken gemacht?", knurrt Maxim. Er ist wütend, das sehe ich ihm an und er hat Recht mit dem was er sagt.

Ertappt senke ich meinen Blick.

"Es ist deine Entscheidung, Lilli. Ich will nur nicht, dass du dich aus falscher Verbundenheit ihm gegenüber falsch entscheidest."

In meinem Herzen nur wir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt