Am späten Vormittag parkt Maxim seinen weißen BMW i8 vor dem Polizeipräsidium in der Stuttgarter Innenstadt.
"Ich bin aufgeregt", flüstere ich leise und wickele mir die weiße Strickjacke etwas enger um den Bauch. Amy hat wirklich ganze Arbeit geleistet und könnte mit ihrem guten Geschmack ruhig öfter meine Einkäufe erledigen. Ob sie etwas in diese Richtung beruflich macht? Ich muss sie mal fragen.
"Kann ich verstehen", antwortet Maxim und schnallt sich ab. "Aber du brauchst wirklich keine Angst haben. Ich bin ja auch bei dir."
Gemeinsam steigen wir aus dem Wagen, laufen ein paar Meter und treten dann durch die schwere Eingangstüren. Am Empfang sitzt eine Frau mittleren Alters in einer dunkelblauen Polizeiuniform und begrüßt uns freundlich: "Guten Tag, was kann ich für Sie tun?"
Ich räuspere mich aufgeregt und weiche ihrem Blick aus. "Guten Tag, ich würde gerne Anzeige erstatten."
"Okay, da sind sie hier erstmal richtig. Worum geht es denn?", hakt sie nach, streicht eine ihrer blonden Haarsträhnen hinter's Ohr und schenkt mir ein sympathisches Lächeln.
"Mein Ex-Freund hat mich verprügelt", kommt es nach einem kurzen Zögern schwer über meine Lippen. Die Spuren in meinem Gesicht lassen sich mittlerweile einigermaßen gut mit Makeup überdecken, sodass mir die Geschehnisse der letzten Woche zumindest nicht mehr im wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht geschrieben stehen.
"Okay, das ist eine gute Entscheidung. Haben sie einen Ausweis für mich?", antwortet sie und schenkt mir einen mitleidigen Blick.
Ich hole meinen Personalausweis aus der Tasche und reiche ihn der Polizeibeamtin. "Danke. Dann setzen Sie sich bitte noch einen Moment ins Wartezimmer. Ein Kollege oder eine Kollegin wird Sie gleich dort abholen."
Maxim läuft vor in das Wartezimmer am Ende des Ganges. In dem kleinen, in die Jahre gekommenen Raum sitzt bereits eine ältere Dame und ein paar Stühle weiter ein junger Mann in unserem Alter, der sich ein zerknüddeltes Taschentuch an die blutende Nase drückt.
"Wartest du gleich hier oder kommst du mit?", frage ich Maxim nervös.
Meine Stimme erweckt das Interesse des jungen Mannes mit der blutenden Nase. Seinem Aussehen nach zu urteilen hat er genau wie ich arabische Wurzeln. Er hebt seinen Kopf und mustert Maxim und mich kurz skeptisch.
Ich bin mir sicher, dass er mir ansieht, dass ich keine Deutsche bin. Trotz meiner blonden Haare verraten mich die nahezu schwarzen Augen immer schnell.
Maxim hingegen sieht aus wie ein Quotendeutscher mit seinem blonden Haar und den hellblauen Augen und diese Kombination aus ihm und mir scheint das Aufsehen des fremden Mannes zu erregen.
Mittlerweile heiraten immer mehr arabische Männer deutsche Frauen, aber andersherum ist es in unserer oft altbackenen Kultur noch immer nicht besonders angesehen.
Für mich war immer klar, dass ich mal einen arabischen Mann heiraten werde, bestenfalls einen Libanesen, aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke, weiß ich nichtmal wieso ich mir da so sicher war.
Ich finde es schön, wenn man mit seinem Partner dieselbe Kultur und Muttersprache teilt, die gleichen Feiertage, Lieblingsgerichte und Kinderlieder kennt, aber eigentlich ist es doch egal, woher ein Mensch kommt. Ich will selbst nicht für meine Herkunft vorverurteilt oder in eine Schublade gepackt werden.
Wichtig ist, dass der Mann mich gut behandelt, ehrlich und loyal zu mir steht und mich liebt. Die Herkunft bringt am Ende auch nichts, wenn der ganze Rest nicht stimmt.
"Wie du möchtest. Ich kann dich auch begleiten."
Ich schenke Maxim ein kurzes Lächeln.
Wieder bemerke ich, dass der junge Mann uns kritisch beäugt. Ich erwidere seinen Blick kurz ausdruckslos, drehe mich dann zu Maxim und drücke ihm provokant einen Kuss auf den Mund.

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In meinem Herzen nur wir
RomanceFortsetzung zu "In meinem Herzen nur du" ___________________________________ Lilli hat Walid bei der Eröffnungsfeier seines Clubs durch ihren älteren Bruder Abbas kennengelernt. Auch wenn die beiden sich sofort ineinander verliebt haben, war es ein...