Wenig später befinde ich mich schon mit Abbas in seinem Wagen auf dem Weg zurück nach München.
Ich habe es mir nicht nehmen lassen, Maxim zum Abschied zumindest zu umarmen, auch wenn Abbas das noch reichlich kritisch beäugt hat.
"Bist du in ihn verliebt?", fragt er mich irgendwann.
Nervös reibe ich meine Finger aneinander. So genau habe ich mir darüber ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht und vor Abbas ist mir diese Frage auch reichlich unangenehm.
"Ich weiß nicht. Ich fühle mich wirklich wohl bei ihm, ich bin gerne mit ihm zusammen, er tut mir gut", erkläre ich und merke selbst, dass ich lächeln muss, wenn ich an ihn und unsere gemeinsame Zeit denke.
"Klingt wie ein verhaltenes ja", fasst Abbas meine Worte pragmatisch zusammen. "Er ist jedenfalls in dich verliebt."
"Wie kommst du darauf?", frage ich überrascht.
"Ich sehe die Blicke, mit denen er dich ansieht. Und er hat einen ganz ausgeprägten Beschützer-Instinkt was dich angeht, das kommt nicht von ungefähr", sagt er mit konzentriertem Blick auf die nasse Fahrbahn.
Ich weiß, dass Abbas darauf anspielt, wie zerrissen Maxim bei dem Gedanken war, mich alleine mit Abbas heim fahren zu lassen. Neben der Tatsache, dass er es nicht mag, wenn ich die lange Strecke später wieder alleine zurückfahre, da er wegen der Arbeit heute keine Zeit hat, mich zu begleiten, hat ihn vermutlich auch die Ungewissheit gequält, Abbas' Frieden könnte vorgetäuscht sein und zuhause würde mich ein großes Donnerwetter erwarten.
Doch ich kenne meinen Bruder eigentlich ziemlich gut. Er ist kein guter Schauspieler, nie gewesen, deshalb hat es mich auch so überrascht, dass er die Drogen-Geschichte so gut vor mir geheim halten konnte. Es gefällt ihm noch immer nicht, dass Maxim und ich jetzt diese vertraute, undefinierte Beziehung zueinander haben, doch immerhin ist es auch kein Weltuntergang mehr für ihn. Es schien fast ein wenig so, als hätten die beiden sich miteinander ausgesöhnt.
"Aber du sagtest ja ihr seid nicht zuammen", wiederholt Abbas spöttisch meine Worte, die er offensichtlich anzweifelt.
"Sind wir auch nicht, aber es ist schon mehr als Freundschaft", gebe ich zögernd zu.
"Freundschaft plus?", fragt Abbas provokant und wirft mir von der Seite einen düsteren Blick zu.
"Nein, das auch nicht", weise ich seinen Vorwurf entschieden zurück. "Wir verstehen uns wirklich gut, wir sind total auf einer Wellenlänge und ich vertraue ihm. Ich bin gerne in seiner Nähe." Auch körperlich, füge ich in Gedanken hinzu.
"Habt ihr miteinander geschlafen?"
"Nein man. Wieso fragst du das ständig? Hältst du so wenig von mir?", frage ich enttäuscht.
"Nicht von dir, nein." "Aber von ihm?" "Ich bin selbst ein Mann und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass du tagelang bei ihm bist, er dich bei sich wohnen lässt, sich um dich kümmert und da nichts zwischen euch läuft."
"Wir haben auf jeden Fall nicht miteinander geschlafen", antworte ich ehrlich.
"Aber rumgemacht?"
Die Frage zieht mir innerhalb weniger Sekunden den Boden unter den Füßen weg. Soll ich ihn jetzt anlügen? Eigentlich ist das nicht meine Art. Mit der Wahrheit fährt man immer besser, davon bin ich überzeugt. Irgendwann kommen eh alle Lügen ans Tageslicht. Aber ich habe auch Angst davor, wie Abbas darauf reagiert, wenn ich zugebe, dass Maxim und ich diesen intimen Schritt bereits gegangen sind.
"Brauchst nicht antworten. Dein Zögern hat dich schon verraten", stellt Abbas kalt fest.
"Was soll ich sagen, Abbas", stöhne ich leise.
DU LIEST GERADE
In meinem Herzen nur wir
RomanceFortsetzung zu "In meinem Herzen nur du" ___________________________________ Lilli hat Walid bei der Eröffnungsfeier seines Clubs durch ihren älteren Bruder Abbas kennengelernt. Auch wenn die beiden sich sofort ineinander verliebt haben, war es ein...