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Zwei Stunden später komme ich an dem kleinen Club an, über dessen Tür in großen goldenen Lettern 92 steht.

Kurz vor Stuttgart stand ich im Stau und eine schnelle Toilettenpause musste ich auch einlegen, sodass sich die Fahrt um eine halbe Stunde verlängert hat.

Ich parke meinen Wagen direkt vor dem Club in einem Zug neben Maxims feuerrotem Ferrari Spider.

Bevor ich den Club betrete, rauche ich erstmal eine Zigarette und betrachte mich kritisch in den dunkel abgetönten Schaufenstern des Ladens. Ich habe mich zuhause extra umgezogen und mich ein bisschen zurecht gemacht bevor ich los gefahren bin, trotzdem sehe ich nach der langen Autofahrt ziemlich mitgenommen aus.

Ich trage eine schwarze Leggings, ein weißes Cropshirt und eine altrosane Strickjacke, dazu bunte Nikes. Meine langen blonden Haare habe ich zu einem Pferdeschwanz gebunden, der leicht gewellt über meiner Schulter liegt. Ich bin nicht wirklich geschminkt, habe nur ein wenig Lipgloss aufgetragen und die Wimpern, die meine dunklen Augen umrahmen, stark getuscht.

Es ist mittlerweile ziemlich kalt in Süddeutschland, der Winter steht vor der Tür und mit meinem kurzen Shirt friere ich, weshalb ich die Zigarette nach wenigen Zügen bibbernd in dem silbernen Standaschenbecher ausdrücke und die Eingangstür schwungvoll aufziehe.

Im Inneren des 92 herrscht reges Treiben. Morgen steht eine besondere Veranstaltung an, weshalb sich das Team in der heißen Phase der Vorbereitung befindet. Die dunklen Echtholztische und die großen Wandspiegel werden von eifrigen Reinigungskräften geputzt, hinter der Bar polieren einige Barkeeper die vielen Kristallgläser oder füllen die Spirituosen auf.

Das 92 ist ein kleiner, exklusiver Club mit edlem Interieur: dunkles Mahagoniholz, Wildledersofas, indirekte Beleuchtung. Und so präzise ausgewählt und geschmackvoll wie die Inneneinrichtung sind laut Maxims Worten auch die Gäste. Hier kommt nur rein, wer Rang und Namen und einen entsprechenden Kontostand hat.

"Hi, kann ich dir helfen?", ertönt eine freundliche Männerstimme direkt neben mir und lässt mich kurz zusammenzucken. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass jemand auf mich zugekommen ist.

Vor mir steht ein junger Mann, vermutlich kaum älter als ich und grinst mich schief an. "Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken."

Er hat braunes wuscheliges Haar, ein richtiges Babyface und ein so niedliches Grinsen, dass er mühelos jeden anderen Sunnyboy in den Schatten stellen würde. Er sieht nicht nur aus wie ein Katalogmodel, er hat auch so perfekte weiße Zähne wie aus einer Zahnpastawerbung. Er ist relativ groß und hat eine sportliche Figur, die in einem schlichten schwarzen Sweater und einer dunklen Jeans steckt. Das einzig auffällige an seinem minimalistischen Outfit sind seine quietschbunten Balenciaga-Sneakers.

"Alles gut", beschwichtige ich ihn lächelnd. "Ich bin auf der Suche nach Maxim."

Der junge Mann schmeißt sich lässig ein dunkles Geschirrtuch über seine Schulter und grinst mich wissend an. "Lilli?", fragt er.

Überrascht sehe ich ihn an. "Ja genau", antworte ich verhalten. Woher kennt er meinen Namen?

"Cool. Ich bin Luca", informiert er mich und hält mir höflich die Hand hin. "Hi Luca", antworte ich und schüttele seine Hand kurz.

"Maxim hat mir Bescheid gesagt, dass du kommst. Er ist noch oben im Gespräch mit einem Elektriker und Tamara, das dürfte aber nicht mehr lange dauern. Setz dich am besten irgendwo hin, heute ist freie Platzwahl", erklärt er grinsend und verweist mit einer ausladenden Geste auf all die leeren Tische im Club.

Tamara? Ob das die Frau vom Telefon ist?

"Okay, danke", erwidere ich und ringe mir aus Höflichkeit ein Lächeln ab, obwohl mir überhaupt nicht danach ist.

In meinem Herzen nur wir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt