2.

406 23 26
                                    

Ich laufe den Flur entlang Richtung Aufzug und Tränen kullern über meine Wangen.

"Wo willst du jetzt schon wieder hin?", ertönt Abbas' schneidend laute Stimme. Mit schnellen Schritten kommt er auf mich zu und greift grob nach meinem Arm.

"Wo du hin willst habe ich dich gefragt?!", wiederholt er sich wütend.

"Ich hab keine Ahnung", antworte ich wahrheitsgemäß mit gesenktem Blick. Ich will einfach nur weg, egal wohin.

"Wieso rennst du dann weg? Ich habe dir nur meine Meinung gesagt, mehr nicht", erklärt Abbas wütend.

"Deine Meinung?", zische ich hysterisch. "Abbas, du hast keine Meinung zu meinem Leben zu haben, okay? Du engst mich ein, du bevormundest mich und nicht mal jetzt wo ich mich verlobt habe hörst du damit auf. Du kontrollierst mich, erniedrigst mich und behandelst mich wie ein kleines Kind. Du hast mir innerhalb von fünf Minuten die komplette Freude über meine Verlobung zerstört, weißt du das eigentlich? Ich war glücklich, ich war voller Vorfreude auf Walids und meine gemeinsame Zukunft, aber wenn es das ist, was mich erwartet, will ich das alles nicht mehr."

Abbas starrt mich schockiert mit weit aufgerissenen Augen an. "Was redest du da, Lilli? Kommst du noch klar?", brüllt er wie von Sinnen.

"Ey, was ist denn hier los?", fragt Younes, der in dem Moment verschlafen in Boxershorts und T-Shirt aus der Tür seines Hotelzimmers lugt.

Ich ignoriere ihn und schreie stattdessen zurück: "Kommst du noch klar? Ich ertrage das nicht mehr. Ich ertrage dich nicht mehr, Abbas. Was ist denn mit dir passiert? Du hast kein Recht, dich immer und immer wieder so aufzuführen. Ich habe dein Benehmen satt!"

Younes tritt neben Abbas und mustert ihn streng. Abbas lacht sarkastisch auf. Es klingt fast, als sei er nun vollends verrückt geworden.

Dann baut er sich bedrohlich vor mir auf und zischt: "Ich sage dir das jetzt genau einmal, Liyanah. Du wischt dir jetzt dein Gesicht ab, reißt dich zusammen, und legst dich zu deinem Verlobten ins Bett und denkst noch mal scharf darüber nach, was du hier gerade veranstaltest."

Dann schubst er mich grob über den Flur. Ich wehre mich und befreie mich aus seinem Griff.

"Einen Scheiß tue ich! Ich mache was ich will! Weißt du was, Abbas? Manchmal bereue ich, dass ich damals nicht in Stuttgart bei Maxim geblieben bin!"

Dann geht alles ganz schnell. Abbas holt aus und schlägt mir mit seiner flachen Hand mit voller Wucht ins Gesicht. Zeitgleich ertönt eine tiefe Stimme: "Wenn das so ist, weiß ich ja Bescheid."

Fassungslos starre ich in Abbas' braune Augen, der genau so schockiert ist wie ich. Walid. Er hat also gehört, was ich gesagt habe.

Abbas stößt mich aufgebracht gegen die Wand des langen Hotelflures. "Hast du jetzt erreicht was du wolltest?", brüllt er wie besessen.

Er hat sich nicht mehr unter Kontrolle und ich habe in diesem Moment das erste Mal in meinem Leben richtig Angst vor ihm.

Er holt wieder aus und schlägt mir vor den Kopf. Meine Wange brennt, heiße salzige Tränen laufen über mein Gesicht und das, was am meisten schmerzt, ist mein gebrochenes Herz.

Wie kann mein eigener Bruder, mein bester Freund mir sowas antun?

In dem Moment wird Abbas grob zur Seite gezogen. Walid packt ihn am Kragen seines Hoodies und drückt ihn fest gegen die Wand.

Türen fliegen auf und auch Zeyd und Shayan stürmen in den Flur.

Mittlerweile müssten wir den halben Hotelkomplex mit unserem Geschrei geweckt haben.

In meinem Herzen nur wir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt