In meinem Herzen nur wir

32.

Am frühen Mittag kommen wir endlich zuhause an. Als Abbas den Wagen auf den Hof unserer Villa fährt, breitet sich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend aus. Es fühlt sich komisch an wieder hier zu sein.

Das was mich am meisten aus der Bahn wirft ist der mattschwarze Lamborghini Adventador, der in voller Pracht und fast provokant auf dem gepflasterten und überdachten Stellplatz steht. LA. Lilli Adel. Ich könnte kotzen.

Ich folge Abbas ins Innere des Hauses, doch hier verstärkt sich das schlechte Gefühl nur noch. Ich fühle mich hier nicht mehr wohl und geborgen. Die Wärme und Sicherheit, die dieses Gebäude mir mal gegeben hat, spüre ich nicht mehr. Die vielen Streitereien und Eskalationen haben es mir irgendwie kaputt gemacht.

"Willst du was trinken?", fragt Abbas höflich und bleibt unschlüssig vor der Küchenzeile stehen. Er meint es nur gut, aber es trägt dazu bei, dass ich mich wie ein Gast fühle. Paradoxerweise hatte ich dieses Gefühl in Maxims Haus nicht.

"Nein, danke. Ich gehe hoch und packe meine Sachen", erkläre ich. Ich will einfach so schnell wie möglich wieder hier weg und das ist in diesem Moment nicht mal wirklich Abbas' Schuld.

Der Rest der Fahrt verlief nämlich erstaunlich ruhig. Wir haben uns gut unterhalten, wenn auch nur oberflächlich, aber wir konnten sogar endlich mal wieder miteinander lachen.

"Ist es okay für dich, wenn ich mitkomme?", fragt mein Bruder zu meiner Überraschung und sieht mich abwartend aus seinen dunklen Augen an. "Ja klar", antworte ich lächelnd und gehe vor ihm die minimalistische Wendeltreppe aus gebürstetem Edelstahl hoch.

Als ich mein Ankleidezimmer betrete verspüre ich die bisher größte Wiedersehensfreude. Meine vielen Klamotten habe ich wirklich vermisst und ich freue mich darauf, in den kommenden Tagen wieder in vernünftigen Sachen und schick zurecht gemacht herumzulaufen, wo Maxim mich bisher größtenteils nur ungeschminkt und in Gammelsachen gesehen hat.

Aber irgendwie ist das auch gut so. Schließlich kann ich mir sicher sein, dass er nicht nur die aufgestylte Version von mir mag. Wie sagt man immer so schön? "Wer mich im Pyjama nicht will, hat mich im Abendkleid nicht verdient."

"Abbas?", spreche ich meinen Bruder wenig später an, der es sich auf dem kleinen Samtsofa am Ende des Raumes bequem gemacht hat und gerade vertieft auf sein iPhone schaut. "Hm?", fragt er und hebt seinen Blick um mich anzusehen. "Kannst du mir einen Gefallen tun?" "Klar, was denn?"

"Der Lamborghini", beginne ich und lege eine Jeanshose sorgfältig zusammen, um sie in den großen rosefarbenen Hartschalenkoffer zu legen. "Der muss hier weg. Ich will dieses Drecksauto nie wieder sehen."

Auch wenn der Wagen seit jeher mein Traumauto war, ist er ein Geschenk von Walid, das er noch dazu von seinem Drogengeld bezahlt hat. Nachdem er mir das bei unserem Streit auch noch so großkotzig vorgehalten hat, würde ich den Wagen am liebsten mit Spiritus überschütten und in Flammen aufgehen lassen.

"Okay. Was hast du damit vor?", erkundigt er sich und richtet sich ein wenig auf.

"Ist mir scheißegal. Stell ihn Walid vor die Tür, verbrenn ihn, steck ihn in die Schrottpresse, keine Ahnung."

"Uff", stöhnt Abbas und ich sehe ihm an, dass ihm der Gedanke weh tut, den teuren Luxussportwagen zu Metallschrott verarbeiten zu lassen. "Ich stelle den Walid vor die Tür. Soll er den da verstauben lassen und sichjeden Tag daran erinnern, was er verloren hat. So schön das Auto auch ist, von dem Wixxer brauchen wir nichts mehr", stellt er mit zusammen gebissenen Zähnen klar. "Ich wollte sowieso nochmal mit ihm reden, dann kann ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen."

"Um ihm zu sagen, dass du aus den Geschäften raus bist?", hake ich hoffnungsvoll nach.

"Auch", antwortet er vage und seine schönen dunkelbraunen Augen funkeln bedrohlich auf. Er streicht sich nachdenklich über den gepflegten Dreitagebart.