Ab nach Hause

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Auf der abgelegenen Insel warteten sie beim Sonnenuntergang auf ihr Privatjet. Mit dicken Augenringen und blasser Haut kam Koi aus einem Gebüsch gekrochen. Zigz merkte an: "Du siehst so aus, als hättest du gekotzt". "Hab ich auch...", quengelte er, "Regenbögen!". Ilus lächelte ihn an: "Du hast die Mission wunderbar abgeschlossen. Kein anderer hätte es besser gekonnt". "Würde der Boss dich nicht kennen, dann hättest du es tausend Mal besser als ich machen können!", zickte Koi rum. "Er kennt mich aber", fauchte Ilus ihn leicht an, "Außerdem hast du super in den Regenbogen-Haufen gepasst". "Sagt der Schwule", konterte Koi. "Guck dich doch nur mal im Spiegel an, was willst du jetzt sagen?", hob Ilus seine Augenbraue. Koi verteidigte sich: "Nur weil ich Pfirsich-farbene Haare habe, Asiate bin und hübscher bin als du, bin ich nicht direkt schwul!". Zigz sprang ein - wusste nicht, um was es ging - denn er stand immer an der Seite seines Chefs: "Willst du gleich wieder auf Japanisch diskutieren?". Koi fühlte sich provoziert: "Yakamashii, kisama!". 

Verwundert wand Henry seinen Blick vom Sonnenuntergang ab und sah zum lauten Desaster rüber. Er fragte Kiki, welche neben ihm stand: "Was haben die jetzt?". Kiki schmunzelte gegen den Horizont: "Koi hat nur Zigz beleidigt... Ach ja, drei Jahre Studium mit einer Japanerin als Zimmerpartnerin haben sich doch irgendwie gelohnt". Sie hörten ein Knurren und sahen beide nach rechts, wo Shark bösartig das Wasser ansah. Kiki lachte: "Es wird dich nicht beißen". Henry bekam eine Vorahnung: "Du willst doch nicht etwa ins-". Da rannte er schon los und stürmte auf das Wasser hinaus. Zu seiner Sicherheit wollte Henry nach ihm greifen, da hielt Kiki ihn auf: "Lass ihn doch seine Angst überwinden". Während Shark da rein rannte, riss er sich das Oberteil vom Leib und sprang rein.

Einige Sekunden lang tat sich nichts und selbst die Diskussion wurde ruhig. Bis Shark mit gehobenen Fäusten durch die Wasseroberfläche brach und mit Adrenalin gefüllt jubelte. Koi hatte sowieso keine Lust mehr auf das Hin und Her und er lief Shark nach. Auch Kiki erlaubte sich nochmal eine Erfrischung. Zigz dackelte hinterher: "Wartet auf mich!". Henry lief ebenfalls schon los, doch stockte schnell. Er drehte sich zu Ilus um und lächelte ihn an: "Jetzt bist du der einzige, der noch kein Mal ins Wasser gesprungen ist". Schließlich trat er den anderen bei. Ilus war erst noch beleidigt vom Streit, doch sank er gemütlich am Baum zurück und säuselte schmunzelnd für sich: "Aber ich habe doch auf euch aufzupassen, Dusselchen...". 

~~~

Es war dunkel, als sie im Flieger saßen. Soweit waren alle am schlafen. Nur Ilus las an Kois Laptop über Harvard. Nebenbei versuchte er herauszufinden, ob Henry die Aufnahmebedingungen erfüllte. Wenn er nur wüsste, was ein SAT war. Selbst als er das recherchierte, wurde er nicht schlauer. Müde gähnend ertönte hinter ihm Henry: "Scholastic Assessment Test... Den habe ich mit 734 Punkten bestanden...". Ilus riet: "Also reicht das?". "Nicht ganz", schmunzelte Henry, "Was mir noch fehlt, sind die SAT Subject Tests. Aber die würde ich auch bestehen, wenn ich es wirklich will". "Und du willst es", setzte Ilus nach. "Oh ja...", nickte er träumerisch verschlafen. Nachdenklicher werdend erzählte Ilus: "Wobei Koi sehr negativ dieser Idee gegenüber war... Ich hatte schon überlegt, dass du vielleicht einfach mal einen Tag lang mit einem der Studenten mitgehst und dann nochmal schaust. Wir wollen hier ja kein unendlich viel Geld für einen Flop raus schmeißen". "Das ist sehr lieb von dir, solche Sorgen um mich zu machen...", nuschelte er und schlief fast wieder ein.

Mit zerknautschtem Gesicht hob Koi seinen Oberkörper vom Sofa hoch und sah zu ihnen rüber: "Wer lästert?". "Es geht um Harvard", erklärte Ilus. Koi riet es Henry nochmal persönlich ab: "Ja, geh lieber nicht auf ein Ivy-League-College. Die sind unbezahlbar und nicht viel besser als andere Hochschulen". "Ich fand Ilus' Idee schon gut, mit jemandem mitzugehen", murmelte Henry. Koi fragte leicht lachend: "Wer würde das durchmachen wollen? Alle sind dort beschäftigt wie hart schwitzende Schweine". Ilus merkte an: "Ich habe gesehen, dass jemand dir sehr Ähnliches auch noch auf dieses College geht". "Hä?", kam als einziges zurück. "Shota Tatsuki Nakamura", löste er das Rätsel auf. Koi flog vom Sofa: "Mein Bruder?! Du willst den Teddy ernsthaft an meinen Bruder senden?! Das überlebt der doch nicht!". Henry fiel auf: "Dein Bruder hat ja einen kürzeren Namen als du...". Ilus beruhigte ihn: "Unterschätze unseren Teddy nicht". "Das meine ich nicht, mein Bruder ist die Sanftmut in Person. Aber er würde Teddy weg knallen!", warnte Koi. Ilus zog seinen Revolver und drehte ihn einmal um seinen Finger: "Sanftmut hat Angst vor Gewalt, alles ist möglich".

Da wand Koi weiterhin ein: "Teddy hat mehr Angst davor, das Ding anzusehen, als mein Bruder Angst davor hätte, erschossen zu werden". "Es wäre auch zu gefährlich, Teddy die Waffe zu geben", winkte Ilus ab. Koi hob beide Augenbrauen: "Dein Ernst?". Ilus schüttelte mit dem Kopf: "Ich würde dir zeigen, was ich meine. Aber gerade sind wir im Flugzeug, das wäre zu riskant". Ungläubig widersprach Koi: "Er ist gerade im Stehen eingeschlafen". Daraufhin drehte Ilus sich um und sah die eingeschlafene Stehlampe. Um ihn zu wecken, drückte er einmal gegen seine Nase. Aus der Müdigkeit heraus fiel Henry nach einmal Niesen auf den Boden. Koi kroch zurück aufs Sofa: "Ja, total gefährlich...". Während er Henry aufhalf, warf er Koi ein Handy an den Kopf: "Bitte klär das ab". Wortlos gab Koi murrende Geräusche von sich.

~~~

Fast die gesamte Zeit im Sekundenschlaf einnickend fuhr Ilus die Gruppe in die Lagerhalle. Dort angekommen meldete Ilus sich direkt ab und legte sich schlafen. Henry fragte nach: "Sein Schlafrhythmus ist auch alles andere als normal, oder?". Zigz lachte: "Was für ein Rhythmus?". Shark folgte Ilus nach oben: "Ich schlafe auch...". Koi war auf Japanisch am Telefonieren. Nach dem Telefonat rief er: "Teddy, leg dich auch nochmal hin und pack deine Sachen. Frag nochmal Ilus, aber ansonsten würde mein Bruder dich übermorgen einen Tag lang durch Harvard führen". Henry strahlte vor Freude auf: "Wirklich? Vielen lieben Dank!". So lief auch er hoch und stürzte sich in eines der knartschenden Betten.

Unten lief der normale Betrieb weiter. Schließlich war genau jetzt die Zeit für die meisten Aufträge. Zigz steckte sich erst mal eine Zigarette an: "Drei Tage...!". Koi setzte an ihm aus: "Drei Tage sind doch genug um zu sagen, komplett aufzuhören". "Sonst kommentierst du mein Verhalten auch nicht. Setz dich ruhig wieder an deinen Computer", scheuchte Zigz ihn. Unmotiviert rutschte Koi von der großen Holzkiste runter und blieb nur noch mit seinem Fuß auf dem Holz. Der Rest seines Körpers lag seltsam zusammen gedrückt auf dem Boden. Nun war Zigz verwundert: "Was ist mit dir los?". "Ich weiß wirklich nicht, ob es so schlau ist, Henry an meinen Bruder zu senden. Er würde ihn als Weihnachtsgeschenk ansehen und du weißt nicht, wie wir in Japan Weihnachten feiern. Shota ist nun mal... so ein Bisschen das Gegenteil von mir...", erklärte er. Grunzend erlaubte Zigz sich einen Spaß: "Wenn er hetero ist, dann sollte es doch keine Probleme geben". Hasserfüllt starrte Koi ihn an: "Man kann ja nicht mal normal mit dir reden, ohne angegriffen zu werden".

Durch die Haupttür zur Lagerhalle trat Mitya mit ein paar anderen Mitgliedern der Gang. Verwundert fragte er: "Ihr seid wieder da?". Zigz nickte stolz: "Jaha! Alles ging total schnell!". Koi fragte suspekt: "Kam der Ring denn noch nicht hier an?". Mitya war energiegeladen: "Ihr habt ihn wirklich gefunden?!". Koi sprang auf und lief zum Briefkasten, derweil lachte Zigz: "Unser Chefi ist nun mal super!". Hektisch kam Koi mit einem Brief zurück und riss ihn auf. Zigz belehrte ihn: "Hey! Der Chef hat uns doch beigebracht, keine Briefe zu öffnen, die nicht uns gehören!". Koi las sich den Brief durch, wurde ganz blass und schluckte einmal: "Ilus wird ausrasten...". 

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