Kopfgeld

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Der Arzt fragte nach: "Was habt ihr denn gemacht, sodass Koi ohnmächtig wurde?". Mit großen, unschuldigen Augen, sahen alle durch die Gegend. "Er hat doch nicht seinen gebrochenen Arm belastet, oder?", hakte er weiter nach. Dexter meinte zögerlich: "Naja, doch...". "Geht es denn dem Teddybären gut?", war die nächste Frage. Shark meinte: "Er wollte alleine sein". -"Unser Chef?". Zigz sprach: "Duschen". "Aber mit euch ist alles in Ordnung?", war die letzte Frage. Leicht zittrig lächelte Dexter: "Ein Bisschen verstört, aber wir sind nicht verletzt". "Trotzdem sollt ihr euch alle ausruhen", wies er an, "Wer weiß, was vielleicht in eure Getränke gemischt wurde". Kiki kam kurzzeitig hinzu: "Sagt Ilus Bescheid, dass ich die gewünschten Infos unten im dritten Safe verstaut habe. Gute Nacht". Sie winkten ihr zu und teilten sich zum Ruhen auf.

Schon lange ruhend saß Henry auf Ilus' Bett und wartete auf ihn. Bis er vom Flur hörte: "Wer von euch Scherzkeksen hat meinen Pullover geklaut?!". Schließlich stapfte er wütend in sein Zimmer und war direkt verwirrt: "Henry, du...?". "Ist das besser?", hob er die Augenbrauen, "Mir ist aufgefallen, dass du mich mal so und mal so nach Laune nennst. Jetzt, wo ich deinen Pullover und Ring trage, wie nennst du mich dann?". "Das hat doch keine Auswirkungen auf irgendwas", murrte er, "Gib mir meinen Pulli wieder und verschwinde aus meinem Bett. Ich will schlafen". Wortlos blieb Henry liegen und sah ihn an. "Egal, was du spielst, ich bin zu müde dafür", warnte er ihn. Henry zog nur die Schultern hoch. "Fein", zischte Ilus und schlug die Tür zu. Er schubste Henry bis zur Kante und legte sich neben ihn: "Sehr nett von dir, mich frieren zu lassen". Da kuschelte Henry sich an Ilus ran: "Tu ich gar nicht".

Die Tür ging auf und Zigz ertönte: "Mir egal, was der Fischkopf sagt, ich arbeite noch- et... was...". Henry winkte ihn raus: "Sehr schön, viel Spaß". Langsam verließ Zigz den Raum rückwärts und schloss die Tür wieder. Da wurde Henry ernster: "Du konntest weder Ja noch Nein zu meiner Frage sagen". "Du bist ein Lügner. Du meintest, du hättest über ihn hinweg gesehen. Stattdessen trägst du sein Oberteil und tanzt immer noch um Aufmerksamkeit", erklärte Ilus seinen Standpunkt. "Wieso hätte ich dann die geladene, entsicherte Waffe kontrolliert halten können?", stellte Henry die Gegenfrage, "Ich werde niemals Dylan vergessen können. Doch bin ich ehrlich, wenn ich sage, ich muss nicht mehr trauern. Dylan hatte einfach einen passenden Kleiderschrank für deine Aufgabe. Genauso war es deine Aufgabe an uns, für Ablenkung zu sorgen. Meine Frage ist nur, weshalb ich mich bei dir zu rechtfertigen habe?". "Gar nicht. Wenn du wirklich ehrlich warst, dann war das nur mein Missverständnis", zog er die Decke über sein Gesicht. Skeptisch starrte Henry ihm in den Nacken.

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Nach mehreren Tagen betrat Henry zum ersten Mal wieder seine Wohnung. Sofort fühlte er sich einsam. Er ließ seine Katze runter und sah sie müde an: "Naja, vielleicht sind Tiger doch nicht nur große Katzen... Krallen habt ihr aber alle...". Vorsichtig hielt er sich an den schmerzenden Rücken. Die Katze lief sofort in die Küche und Henry folgte ihr: "Klar, du hast das hier nicht vermisst. Aber lange werden wir hier wohl nicht bleiben. Naja, dir sollte es egal sein, solange dir deine Futterschale folgt". Nachdem er ihr Essen gab, wollte er sich selbst Frühstück machen. Doch es klingelte. Er öffnete die Tür, hinter welcher Dexter auftauchte: "Hey". "Ilus hat dich raus geschmissen?", riet Henry. "Er meinte, es gäbe kein Grund für mich zu bleiben, wenn du Zuhause bist", zog er die Schultern hoch. -"Ist das hier denn mein Zuhause?". -"Huch, Lebens ändernde Phase?". -"Scheint so, komm rein".

Henry ging vor und Dexter fragte sofort: "Wow, bist du in einen Dornenbusch gefallen?". Rasch klatschte Henry seine Hand an seinen Nacken: "Weiß ich nicht!". Stark verwirrt sah Dexter ihn an: "Okay...?". Sie gingen in die Küche und Henry fragte: "Hast du auch Hunger?". "Also Essen schlage ich nicht ab", lächelte er offen. Sie setzten sich gemeinsam hin und fingen an zu essen, nachdem sie gemeinsam etwas vorbereitet hatten. Dexter schüttelte mit dem Kopf: "Was auch immer bei dir falsch gelaufen ist, ich könnte eine kuschlige Wohnung mit funktionierender Küche und Bad nicht gegen eine illegale Lagerhalle austauschen". "Es geht ja auch nicht um den Ort an sich. Von mir aus könnte die ganze Gang hier hausen, aber ich will nicht mehr ohne sie. Irgendwie sind alle toll auf ihre eigene Weise. Wen habe ich in diesem kleinen Ding? Vor allem, dass ich jetzt vom College geflogen bin... Ich bin doch nur hierher gezogen, um in der Nähe von dem Ding zu sein. Was spricht schon groß dagegen, in der Halle zu wohnen?", erklärte Henry. "Das ist natürlich ein Argument. Aber bedenke deine Sicherheit", wand er ein. "Mir passiert nichts. Inwieweit soll ich auch interessant sein?", lachte Henry es ab.

Da hörten sie Schüsse und das Küchenfenster zerbrach. Beide warfen sich auf den Boden in Deckung. Panisch hakte Dexter nach: "Ach ja?! Bist du dir da so sicher?!". Die Tür zur Wohnung brach auf und die Schüsse wurden lauter. Ängstlich tastete Henry seine Kleidung auf gut Glück nach einer Waffe ab. Er fand eine Pistole und schoss sofort, als Füße vor der Küchentür auftauchten. Erschrocken sprang Zigz hoch. Erst schoss er aus dem Fenster raus und maulte dann Henry an: "Gehts dir noch gut?! Ich rette hier dein Leben und du schießt auf mich?!". "I- ich wusste nicht-", stotterte Henry, da schoss Zigz plötzlich nochmal in den Flur: "Jetzt sollte es sicher sein". Henry fragte ihn: "Bist du alleine?". "Ja, ich konnte nicht noch Ilus wecken gehen. Kois Laptop hatte so seltsame Geräusche gemacht, als er schlief. Ich war gerade einfach so wach. Er bekam eine warnende Nachricht, die an Ilus ging. Als da stand, dass man dich ins Visier nehmen würde, bin ich sofort los gefahren. Was ein Glück, dass die Waffe überhaupt geladen war", erzählte er, leicht außer Puste.

Henry stand auf und umarmte ihn: "Was ein Glück, dass du das mitbekommen hast! Danke dir!". Zigz grinste: "Dafür hast du mir wunderschöne Weihnachten geschenkt. Oh und du hast Frühstück gemacht". "Ganz ehrlich, bedien dich", atmete Henry erleichtert auf. Derweil lag Dexter stark zitternd auf dem Boden. Vorsichtig näherte Henry sich ihm an: "Geht es dir gut?". "D- das ist schrecklich... Warum würde... warum... dich erschießen...?", bekam er kaum einen Satz raus. Zigz verging sein Grinsen und er knurrte: "Iceman spielt mit uns... Ilus hat auch dir nicht viel über ihn gesagt, oder?". Henry schüttelte mit dem Kopf. Überlegend schlussfolgerte Zigz: "Er geht Ilus mehr als nur auf die Nerven. Ich weiß nicht, ob er ihn eventuell sogar testet. Iceman war schon immer ein dreckiger Mensch, den keiner von uns leiden konnte. Ilus war immer ein Ziel, das er sich gesetzt hatte. Jetzt spielt er mit ihm auf eine andere Weise und er nutzt dich als seine Handpuppe dafür. Ilus sitzt im Theater als Publikum und du bist die Marionette. Wenn nicht du, dann sogar wir alle".

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Seit einer halben Stunde war Zigz schon in der Halle. Er sollte als erster rein gehen und erzählen, was passiert war. Eigentlich wollte er wieder zurück, doch trat er nicht mehr raus. Ungeduldig saßen Dexter und Henry im Wagen. Ständig sah Dexter sich paranoid um: "Denkst du, es wird nochmal geschossen?". "Bitte bleib ruhig. Ich weiß, das ist Nerven-zerstörend, aber auf dich werden sie es als aller letztes abgesehen haben", sprach Henry leise. "Na und?! Du hast Dylan verloren! Ich also auch! Soll ich auch noch dich verlieren?!", hob Dexter seine Stimme. "Ich werde nicht selbst über meine Lebensdauer entscheiden", knurrte Henry, "Wir sollten rein. Drinnen sind wir auch auf jeden Fall sicher".

So schnell war Dexter aus dem Wagen und in der Lagerhalle. Henry folgte ihm sofort. In der Halle saß Zigz auf einem Stuhl und wartete. "Was ist mit dir? Wo ist Ilus?", fragte Henry verwundert. Zigz erklärte leicht ängstlich: "Ich habe es ihm erklärt und er meinte, dass ich mich keinen Zentimeter bewegen sollte. Er ging weg und kam seitdem nicht mehr wieder". Shark brachte ihm eine Wasserflasche: "Brauchst du mehr?". "Nein, danke", nahm Zigz es ab und erklärte, "Wenn ich mich nicht bewegen darf, dann war Shark so nett, mir Sachen zu bringen". Da hörten sie Schritte von oben und Ilus sprechen: "Es hat etwas länger gedauert, aber es gab keine-". Mit einer großen befüllten Plastiktüte trat er die Treppe runter und sobald er Henry sah, versteckte er die überaus riesige Tüte hinter seinem Rücken. Shark ging zu ihm und nahm die Tüte ab, um sie Zigz zu bringen. Zappelnd folgte Ilus: "Shark, nein!". Zigz öffnete die Tüte und holte tief Luft. Henry konnte auch vom Eingang sehen, dass die Tüte gefüllt war mit Geld, Zigaretten und Boxen von chinesischem Essen. Sabbernd fragte Zigz apathisch: "Teddy, soll ich dein Leibwächter werden?". Ilus hob seine Stimme rot werdend: "Wag es dich, zuzusagen!".

Provokant tippelte Henry zu ihm rüber und hakte nach: "Bekommen die anderen auch solche Belohnungen, wenn sie andere Mitglieder retten?". "Sind die anderen hier meine Paten?!", stellte er die Gegenfrage. Dexter warf ein: "Mal eine ganz andere Frage - Wer ist dieser Iceman und was soll er mit dir spielen?". Zigz zog scharf Luft ein und Henry schmunzelte nicht mehr. Ilus verlor die Fassung und machte klar: "Ich werde dich nicht für den Ring hergeben!". Alle machten große Augen. Shark war besorgt: "Wollte er Deal machen...?". Mit stark ballender Faust nickte Ilus schnaufend. Es wurde ziemlich still.

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