Zwischen Zurückhaltung und Direktheit

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Lucky fragte zum Abschluss nach: "Also bleiben uns vielleicht nur noch wenige Tage?". Ilus nickte zielstrebig: "Richtig. Koi, deswegen darfst du erst mal nicht raus und du musst dich immer tarnen". "Bessere Make-Up Skills als ihr hab ich ja", rollte er ironisch mit den Augen. "Wie war das?", knurrte Ilus. Koi antwortete lauter: "Ja, Chef". "Na bitte", nickte er ab, "Mir gibt das zwar etwas Krätze, aber Iceman hat fast gleich mit Henry Geburtstag. Ich kenne dieses Arschloch. Er wird noch seine Party feiern, bevor es für ihn in den Knast geht". Mitya unterbrach: "Wie jedes Jahr in einem Casino". Ilus sah ihn etwas besorgt an: "Erinner dich einfach nicht dran. Du wirst nicht mitkommen und auf Jurij aufpassen. Wir werden sicherlich Kiki gut gebrauchen können". "Danke", atmete Mitya auf. "Mit ziemlicher Sicherheit wird er auch im selben Casino wie sonst feiern. Dort versuchen wir sämtliches an Informationen zu finden. Im besten Fall hat er den Ring schon wieder an sich genommen und wir können ihn irgendwie von ihm greifen. Näheres besprechen wir später, wenn alle für die Mission wichtigen Personen hier sind. Zurück an die Arbeit!", sprach er strikt. Das Übliche "Ja, Chef!" folgte.

Während Ilus sich an einen neuen Laptop setzte, denn Koi wollte seinen nicht mehr teilen, fragte Lucky verwundert nach: "Wo ist eigentlich Shark?". Schon konzentriert nuschelte Ilus gegen den Bildschirm: "Beim Zahnarzt. Er wollte keine Goldzähne mehr haben, er fand sie nicht schön". "Und Zigz?", hakte er weiter nach. Ilus antwortete: "Shark hatte Angst, alleine zu gehen". Verwundert und besorgt merkte Lucky an: "Genau die beiden könnten das nächste Angriffsziel für Iceman sein und du schickst sie alleine los?". "Iceman sind die Hände gebunden. Höchstens Boss könnte noch was tun, aber schau dir Shark mal an. Fällt er einmal über einen Kieselstein auf Boss drauf, dann brauchen wir uns nie wieder Sorgen wegen Boss zu machen", war der Chef unbesorgt, "Jetzt mach deine Arbeit und warte, bis ich dich wieder brauche". "Wann auch immer das sein soll", seufzte er gelangweilt und begab sich ins obere Stockwerk.

Es vergingen nicht viele Minuten. Da lag Koi wie immer in seinem Treppenloch und tippte auf seinem Laptop rum, während er entspannt an seinem Colaglas nippte. Seit Langem ploppte wieder eine bekannte Nachricht oben rechts im Bildschirm auf: "Henry Beaudo hat eine Nachricht an +1-213-323495 gesendet". Koi hatte verdrängt, dass das Ilus' neue Nummer war. Er klickte einfach drauf. Vom Hauptraum hörte man dann nur, wie unter der Treppe jemand Flüssigkeit ausspuckte und sich stark verschluckte. Hustend und keuchend kroch Koi aus seinem Versteck: "Ilus, schau auf dein Handy!". "Ich arbeite gerade", brummte er konzentriert. "Henry hat-", bevor er zu Ende sprach, griff Ilus zum Handy. Er starrte ungläubig auf den Bildschirm und bewegte sich erst nicht mehr. Vorwurfsvoll fragte Koi: "Was hast du aus ihm gemacht?!". Ilus legte das Handy zurück auf den Tisch und räusperte sich: "Darüber werde ich mit ihm später alleine reden". "Ich fucking hoffe darauf!", er sank in sein schwarzes Loch zurück und zog den Vorhang als Eingang zu.

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Dexter war entsetzt: "Das war deine beste Idee?!". Henry wurde von ihm zum Überdenken seiner Taten in die Badewanne gesetzt. Also saß er mit Schmollmund im Wasser und hatte eine Badeente auf dem Kopf: "Nein, aber es war eine Idee. Lass mich doch". "Oh Jesus...", er verließ das Badezimmer wieder und ließ Henry alleine. Ungeduldig sah er auf sein Handy und wartete auf eine Antwort. Er rechnete sowieso nicht damit, dass Ilus die Art von Person wäre, jemals sein Handy zu nutzen. Oder anderen zu antworten.

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Kiki verschaffte sich immer durch Ilus' Zimmer Zutritt zur Lagerhalle. So sah sie nie einer kommen. Jedes Mal hatte sie Spaß damit, Zigz zu erschrecken. Nur dieses Mal kam er gerade selbst durch die Haupttür mit Shark an seiner Seite, welcher endlos quengelnde Geräusche von sich gab. Ilus stand vor ihm und fragte: "Wenn die Goldzähne draußen sind, weshalb schaust du dann so?". Zigz erklärte etwas beschämt: "Es gab ein paar Verständnisprobleme. Wir können ja in keine öffentlichen Praxen und die Straßenzahnärzte sind noch schlechter in Englisch als Shark. Doch das Wort Shark hatte der Arzt verstanden und... naja...". Shark öffnete seinen Mund und alles sah aus wie ein Haigebiss. Ilus gab sich selbst einen Schlag ins Gesicht. Shark konnte sich nun nur noch schwerer ausdrücken: "Tut weh...!". Kichernd meinte Kiki: "Also auf der Straße hört man ja schon viel, aber welcher Arzt hat schon den Auftrag bekommen, sämtliche Zähne seines Patienten anzuspitzen?". "Jetzt ist es auf jeden Fall passiert", atmete Ilus durch und holte die beiden rein, "Kommt, wir haben einen Plan aufzustellen".

Lucky stand oben auf den Übergängen und fragte: "Sollte nicht Teddy auch mit auf die Mission?". Ilus schlug ruckartig auf den Tisch und seine Stimme brach mehrmals im Satz: "Er darf ruhig später kommen!". Dann räusperte er sich und sah ihn böse an: "Außerdem gehörst du zu dieser Mission nicht hinzu! Halte dich daraus!". "Der Tiger ist wieder grantig. Tut mir leid, dass ich atme", hob er seine Hände und sagte nichts mehr. Sich zusammenreißend schüttelte Ilus schnell mit dem Kopf und ging dann den Plan an: "Also, Iceman wird demnächst ins Gefängnis wandern. Bis dahin müssen wir den Ring haben, ansonsten sehen wir ihn nie wieder. Auf jeden Fall wird er nochmal seinen Geburtstag im Casino feiern. Dort werden wir ihn abgreifen und wir werden das wieder holen, was in Mityas Besitz gehört. Iceman kennt uns aber gut. Wir müssen uns in Verkleidungen werfen, unsere Haare ändern und uns in die hässlichsten Anzüge werfen, um nicht erkannt zu werden. Wir müssen ihm ganz nah kommen. Dafür nehmen wir auch unterschiedliche Rollen ein. Kommt jeder so weit mit?".

Alle nickten und Ilus erklärte weiter: "Wir müssen nach Auffälligkeistgrad gehen. Koi, er kennt dich und dein Gesicht jetzt sehr gut. Deine Haare am besten einen Ton dunkler und schnöselig stylen. Am besten ziehst du dir Handschuhe an und spielst Kellner. Du wirst dich diesmal zurück halten und dich ihm bloß nicht annähern". "Ja, Chef", nickte er verständlich. "Shark", sprach Ilus den Nächsten an. Dieser hielt sich die Hände an den Kiefer und nickte mit zitternder Stimme: "Mhm". "Du wirst in den nächsten vierundzwanzig Stunden lernen, wie man Poker spielt und dich an die Spieltische setzen. Kiki, hier kommst du ins Spiel. Jeder reiche Spieler hat eine hübsche Begleitung an seiner Seite", wies er an. Kiki lächelte verlegen: "Och, danke dir". "Ja, du wirst mir nicht mehr dankbar sein, sobald ich dir ein Kleid andrehen werde", schüttelte er mit dem Kopf. Da sanken Kikis Schultern ein.

Zigz hob seine Hand: "Ich würde gerne anmerken, dass ich schon Poker spielen kann". Kiki schrie auf: "Auf keinen Fall!". Da setzte Zigz nach: "Ich kann es Shark beibringen!". Weil sie sich fast angingen, schubste Ilus beide wieder ein Stück zurück: "Danke für deinen Einsatz, so machen wir das auch. Im Casino selbst wirst du Zigz einen einfachen Zuschauer spielen. Nur du kannst näher an Iceman ran als der Rest von uns". "Der Rest?", fragte Zigz nach. Ilus sagte nichts, aber passend klopfte es auch an der Tür. Sie ging von alleine auf, da sie nicht richtig verschlossen war. Dexter und Henry traten ein. Alle waren verwundert, als Ilus Zigz auf den Boden schubste und weg rannte. Aufgebracht sprang Zigz wieder hoch: "Was habe ich jetzt falsch gemacht?!". Ebenso aufgebracht schlug Dexter vor: "Wie wäre es, wenn du ihm folgst?". Henry zog stark zusammen: "Nein!". Koi sprach dagegen: "Doch! Und wie du wirst!".

Mit gemischten Gefühlen stapfte Koi auf Henry zu, schubste ihn in einen Nebenraum, knallte die Tür zu und stellte ihn zur Rede: "Du solltest lieber nicht noch einmal vergessen, dass alle Bilder von dir und alle Nachrichten die von und an dein Handy gesendet werden, als aller erstes an mich gehen!". Es wurde zu Henrys Talent, Luft so stark zu inhalieren, um sich daran zu verschlucken. Nachdem er sich beruhigt hatte, bat er leise: "Bitte, halte dich aus dem Nachrichtenverkehr von Ilus und mir raus...". "Oh, liebend gerne!", schrie Koi auf und schubste ihn wieder raus, "Ab nach oben mit dir!". Dexter schloss sich an: "Und schäme dich!". "Ich bin volljährig!", verteidigte Henry sich lautstark, während er nach oben ging.

Ilus saß still und starr auf seinem Bett. Henry setzte sich neben ihn und sah sich stumm im Raum um. "Ich bin nicht stolz auf meine Nachricht", gab Henry zu. Leise kratzte Ilus' Stimme: "Tu das nicht nochmal". Wieder wurde es seltsam still. Henry zitterte zwar stark und war sich in seinem Leben noch nie unsicherer, doch biss er die Zähne zusammen und sprudelte es raus: "Scheiß drauf, willst du mein Freund sein?!". Überrascht sah Ilus ihn an: "W- wenn ich darf...?". "Was meinst du denn damit?! Ich habe dich gerade gefragt!", konnte Henry nicht ruhig bleiben. "Ich meine... Bist du okay damit...?", drückte Ilus es deutlicher aus. Fassungslos schlug Henry sich die Hände ins Gesicht: "Sag nicht ernsthaft, ich hätte dich die ganzen letzten Wochen schon fragen können!". Leicht schluckend sah Ilus zur Seite weg: "Dann sage ich dazu nichts...". Von sich selbst enttäuscht stöhnte Henry, während seine Schultern mit seinem Oberkörper nach unten sanken. Ilus rutschte vom Bett runter, kroch unter Henry und küsste ihn.

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