Spaß : Hass = ?

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Als Ilus am Folgetag Shark gesagt hatte, dass er mit dem Geld anstellen durfte, was er wollte, dachte jeder an einen lebenslänglichen Vorrat von Haustieren aller Art. Umso verwirrter waren alle, als von draußen der piepende Ton eines rückwärts fahrenden Lasters ertönte. Koi sah aus dem Fenster und gab einen Kommentar ab: "Da werden ja seine Enkelkinder noch was von haben... Henry, wir müssen Shark eine Freundin finden!". Zigz fragte sarkastisch: "Dir nicht zuerst?". Mitya provozierte ihn mit Jurij auf seinen Armen: "Du solltest da nichts zu sagen". Kiki verpasste diesen Witz, da sie gerade im Badezimmer war. Henry machte sich um andere Dinge Sorgen: "Dexter wollte Ilus doch nur etwas fragen... Beide wurden seit einer Stunde nicht mehr gesehen...". Sowieso stieg Shark erst mal aus dem Laster und öffnete die Ladefläche. Lucky hockte neben Koi und war absolut verwirrt: "Ist der ganze Laster mit... Instrumenten beladen...?". Koi zog die Schultern hoch: "Ich würde ihm zutrauen, eine Band gründen zu wollen". Auf dieses Stichwort sprang Zigz auf und rannte raus, um Shark zu helfen.

Als Shark eintrat, fragte Henry nach: "Hast du dir von dem ganzen Geld Instrumente gekauft?". "Eigentlich wollte ich McDonalds für Zigz holen. Dann war da Straßenband, sie haben mir Angebot gemacht. Ich wollte nicht Nein sagen", erklärte er. Da lachte Henry leicht: "Was machst du jetzt damit?". Ahnungslos hob Shark die Schultern hoch: "Vielleicht mag Olga Trommel". Lucky stieß Koi an: "Lasst uns doch wirklich eine Band gründen. Wenn Shark ein ganzes Orchester ausgenommen hat, dann sollte für jeden was dabei sein. Hm, Koi?". "Du weißt, dass mir eine Triangel kaputt gegangen ist", lehnte Koi ab. Nachdenklich fiel Henry ein: "Dein Bruder meinte, dass du rappen könntest". "Nur auf Japanisch. Am Ende denkt Zigz, ich beleidige ihn wieder", winkte er ab. "Aber ich bin neugierig", beharrte Henry darauf. Dafür stellte Koi sich auf einen Tisch: "Wenn du willst, kostet ja nichts".

Auch wenn es ohne Hintergrundmelodie war, wippte Henry zu einem Beat mit, den er sich darunter vorstellen konnte. Bis auf einmal ein unglaublich lauter E-Gitarren Sound ertönte und Koi vor Schreck vom Tisch fiel. Am Eingang sah man Zigz, wie er die Geräusche ertönte. Er hatte die E-Gitarre an einem Verstärker angeschlossen und er spielte eine Rockmelodie ganz schön laut, dabei ging er auch selbst ab, indem er tanzte. Nachdem er den Riff zu Ende spielte, stürmte Kiki aus dem Bad: "Ich liebe diesen Song-! Oh... Vergiss es...". Lucky half Koi vom Boden, welcher Gesicht voraus fiel und deswegen Nasenbluten bekam. Überrascht sah Henry Zigz an: "Du hast ernsthaft musikalisches Talent?". "Als ich sechzehn war, war ich Teil einer Garagenband. Plus, ich war in einem Rollerskate-Verein", erklärte er selbstbewusst, "Beim Rollerskating habe ich auch meine Exfreundin kennengelernt und bei einem Konzert dann ihr Herz gewonnen". Kiki drückte es ihm rein: "Und es später wieder zerschmettert". "Sag, was auch immer du willst", winkte Zigz ab, "Mir machen deine Kommentare nichts mehr aus".

Mitya nuschelte: "Wenn das so weiter geht, dann drucken wir bald wirklich keine Ausweise mehr, sondern gehen auf Welt-Tour...". Henry lachte: "Ich fände das super witzig. Sicherlich würde keiner von unseren Stilen zusammen passen". "Klar, Koi ein japanischer Rapper, Zigz als Rocker und du als Ballerina oder wie?", fragte er mürrisch. Zwar wusste Henry nicht zu hundert Prozent, was mit Mitya war. Jedoch konnte er sich denken, dass es an Ilus' Entscheidung, in Amerika zu bleiben, lag. Sowieso geriet Ilus wiedermal in ein Problemfeld. Es kam vielleicht einmal in der Grundschule vor, wo Henry Dexter komplett sauer hörte. Nun war es das zweite Mal. Wirklich lautstark kam er mit kratzender Stimme die Treppe runter: "Mir reichts! Ich hab die Schnauze voll!". Daher war Henry auch so erschrocken, in seinem Gesicht ein großes blaues Auge zu sehen: "Dexter? Was ist denn mit dir passiert?". Ilus, welcher ebenfalls mehrere blaue Flecken trug, wies an: "Lass ihn gehen". 

Henry erhob seine Stimme: "Habt ihr euch geschlagen?!". Mit seiner üblichen Direktheit antwortete Ilus: "Ja, ich habe aber nicht den ersten Schlag gesetzt". Dexter war außer sich: "Und ich bin stolz darauf, dir weh getan zu haben! Du sollst schreckliche Leiden ertragen! Zur Hölle mit dir!". Völlig fassungslos stand Henry da: "D- Dexter...". "Es ist ok, er ist im absoluten Recht. Doch wenn er mit meiner Meinung nicht in Ordnung ist, dann soll er gehen", erklärte Ilus kalt. Man merkte, wie sämtliche Mitglieder der Gang sich zurück zogen und versteckten. "Was für eine Meinung?", war Henry verwirrt. Dexter fuhr nun Henry an: "Weißt du noch, wie ich gesagt habe, du solltest Dylan hinter dich setzen für ihn?! Verdammt nochmal falsche Entscheidung, tut mir leid! Er ist kein guter Mensch! Wäre besser, wenn du ihn hinter dich setzen würdest!". Da fiel ein Schuss, welcher Dexter nur knapp verfehlte. Ilus zielte scharf auf ihn und knurrte tief: "Verschwinde...!".

Entsetzt sah Henry nach oben zu Ilus: "Was habt ihr gemacht...?". Still sah Ilus zur Seite und er knirschte mit seinen Zähnen. Dexter maulte ihn an: "Ja, sag ihm ruhig die Wahrheit! Wenn du der große Chef hier bist, den alle so lieben und respektieren, dann solltest du kein Problem damit haben, ihm zu erzählen, was du noch an Fakten über Dylan kennst, nicht wahr?!". "Halt die Schnauze! Ich habe es ihm aus guten Gründen nicht gesagt!", schrie Ilus auf. Nun fing Henry an, sich raus zu halten. "Damit du dich nicht schlecht zu fühlen brauchst?! Damit du deinen Fehler nicht einsehen musst?!", stellte Dexter ihn in Frage. Letztendlich griff Zigz sich Dexter und schubste ihn zur Tür: "Er hat gesagt, dass du verschwinden sollst!". Zischend stapfte Dexter aus der Halle und knallte die Tür feste zu. Sauer sicherte Ilus seine Waffe wieder, schmiss sie auf den Boden und verschwand in seinem Zimmer.

Henry war bewusst, dass es nun schlauer war, sich an Ilus zu wenden. Also begab er sich nach oben und langsam traten alle aus ihren Verstecken zurück. Vorsichtig klopfte er an der Tür und trat ein. Ilus hockte im Schneidersitz auf seinem Bett und erklärte ohne Aufforderung: "Es gibt Punkte im Kopf des Menschen, die kannst du durchschießen, und trotzdem überlebst du. Wichtig sind dabei auch die Waffenart, das Kaliber und die Distanz. Vielleicht auch ein bisschen Glück. Dylan war nur ein verlorenes Kind, welches noch nie eine Waffe in der Hand hielt. Verzweiflung führt zur Unüberlegtheit. Wahrscheinlich hatte er sich da keinen einzigen Gedanken drum gemacht. Das weißt du noch nicht, aber ich war dabei, als er sich das Leben nahm. Dexter hat Recht, ich hätte aus dem Auto rennen und nach ihm ins Wasser springen können. Doch ich sah es so oft, es war nichts Besonderes. Außerdem... hatte ich in dieser Gang mal jemanden, dem ich das Leben aus genau dieser Situation gerettet habe. Er hasste mich und war undankbar. Dexter ist nicht in Ordnung mit meiner Meinung, dass wenn ein Mensch schon so weit und eigentlich tot ist, ich ihn nicht zu retten habe".

Ilus zuckte zusammen und schützte seinen Kopf vor Schlägen, als Henry sich vor ihn stellte. Stattdessen meinte Henry verständnisvoll: "Selbst wenn man überlebt, schädigt es das Gehirn. Vielleicht wäre er dann psychisch und körperlich eingeschränkt gewesen. Mehr Leid brauchte er nicht. Es ist völlig okay. Ihr beide habt Recht. Hier kann es wohl kein Richtig oder Falsch geben. Ich habe selbst gelernt, dass man keine Zeit für solche richtig oder falsch Entscheidungen hat. Unsere Welt ist zu schnell dafür und wir sind sogar noch eines der Objekte im Universum, die sich nicht in Lichtgeschwindigkeit bewegen. Also brauchst du dich nicht schlecht zu fühlen und ich werde nochmal mit Dexter reden. Er ist bestimmt nur aufgebracht über den Gedanken, dass er Dylan noch hätte sehen können. Ilus, du bist alles, aber keine schlechte Persönlichkeit".

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