Freunde vor Missionen

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Henry staunte: "Vancouver ist ja mal unglaublich schön!". Ilus schmunzelte: "Nicht wahr? Deswegen hatte ich mir auch direkt gesagt, als ich und Mitya hier landeten, ich bin Zuhause angekommen. Dabei dachte ich, wir seien in Seattle gewesen. Das war nämlich unser eigentliches Ziel. Zwei Monate bis wir gerafft haben, das hier ist nicht ganz Amerika. Oder Seattle". "Zuhause...?", fragte Henry heiser. In Erinnerungen erzählte er: "Wie gesagt, wir wollten eigentlich nach Seattle. Wir konnten noch kein Englisch sprechen, erst recht nicht lesen. Dann waren wir irgendwann in Seattle, doch rutschten aus Versehen noch weiter runter bis nach Los Angeles. Ist ja auch nichts Falsches bei. Ich wusste aber, als wir die Grenze überquerten, das sei mein neues Zuhause. Hier würde ich bleiben. Vancouver war unser Startloch". 

"Ist Russland nicht dein Zuhause...?", fragte Henry nach. "Ach, ja. Ich wurde dort geboren und so, aber... Weiß nicht. Ich habe in Amerika so viel", zog er die Schultern hoch. "Also wirst du hiernach nicht zurück nach Russland ziehen?", ging Henry das Herz auf. "Was? Hahahaha! Nein, bloß nicht! Meine ganzen Spackos, die kann ich doch nicht zurück lassen!", lachte er los. Da sprang Henry ihm kreischend in die Arme, während er auch lachte. Ilus wäre umgefallen, stünde hinter ihm nicht ein Zaun. Trotzdem lächelte er: "Was dachtest du denn?". "Was die gesamte Gang dachte!", rückte er endlich mit der Sprache raus. "Ihr seid alles solche Knallköpfe! Macht euch doch um euch selbst Sorgen und nicht um mich!", umarmte er ihn ebenfalls. 

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Kiki fragte etwas angewidert: "Und hier habt ihr Nächte lang geschlafen?". Mitya war nicht überrascht: "Die Seitengasse war noch der wärmste Ort. Irgendjemand wohnt dort und hat gerne deren Karmin an. So konnten wir uns wärmen". Ilus ermutigte: "Ich werde von jetzt an ohne Pause nach dem nächsten Hinweis suchen, damit wir hier gerade Mal eine Nacht schlafen müssen". Henry drängte sich vor: "Lass mich dir helfen!". "Liebend gerne. Was macht ihr beiden in der Zeit?", lächelte Ilus. Mitya lehnte sich zurück: "Wie wäre es mit noch einer Runde Schlaf?". Hingegen stand Kiki auf und nahm Jurij an die Hand: "Wir werden etwas Spazieren gehen. Sollte etwas sein, einfach anrufen". So gingen sie getrennte Wege.

Ilus ging zielstrebig einzelne Gassen ab. An Henry gab er den Tipp: "Such nach Zetteln, kleinen Holzschachteln oder irgendwas, was nach einem Hinweis aussieht". "Ich gebe mein Bestes", nickte er und suchte gründlich mit, "Ist dir eigentlich auch schon etwas Seltsames aufgefallen?". "Wie meinst du das?", war Ilus ratlos. -"Wochenlang hast du in Russland nichts gefunden und dann so plötzlich. Denkst du, Iceman hat das alles so strukturiert? Vielleicht war ein Spion erst vor drei Tagen da, um den Hinweis ganz frisch zu platzieren". "Ich war in den letzten Wochen oft abgelenkt, es ist möglich. Sowieso... Tut mir leid, dass ich dir das jetzt erst sage, aber wir haben öfters einen Spion in unserem Nacken. Immer wieder merke ich, dass wir von außen beobachtet werden. Ich wollte nur nicht, dass du dich unwohl fühlst", entschuldigte Ilus sich. Henry überlegte kurz und fragte dann zögerlich: "Warst du deswegen so...?". "So was?", sah Ilus ihn mit gehobener Augenbraue an.

Zögerlich stocherte Henry mit seinem Schuh im Schnee rum, während er rot wurde: "Hat nicht irgendwas gefehlt...?". "Die anderen Mitglieder oder wie meinst du das?", war Ilus nur verwirrt. "Nein...", schüttelte er langsam mit dem Kopf, "Oh, vergiss es einfach wieder... Ich bilde mir nur Dinge ein... Wir haben einen Job...". "Nein, Henry", sorgsam nahm Ilus seine Hand, "Wenn es dir nicht gut geht, können wir nicht arbeiten". Schüchtern sah Henry auf seine Hand: "Na... das...". Ilus fror ein und sagte nichts mehr, ihm blieben alle Worte im Hals stecken. Henry fühlte sich unwohl, riss sich los und ging weiter: "Vergiss es einfach, vergiss es!". Ilus lief ihm direkt nach, drehte ihn zu sich und griff ihn nah. Da vibrierte auf einmal sein Handy. Es war ein Anruf von Shark. Schnell nahm er ab, sprach rasch: "Kann gerade nicht" und legte wieder auf. Schwer atmend schluckte er: "Henry...".

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Zigz trat eine Mülltonne um: "Das kann nicht sein Ernst sein! Wir haben ausgemacht, dass sie ran gehen, wenn wir anrufen! Und das ist jetzt mehr als ernst!". Auch Shark war aufgebracht: "Weshalb sollte Chef nicht können? Auch noch Teddy weg?". Sauer schrie Zigz Lucky zusammen: "Du bist doch gut mit Koi befreundet! Habt ihr euch nicht gechippt?!". -"Denkst du, diese Laptopfresse lässt sich chippen?! Er würde sich nicht mal ein Freundschaftsbändchen zulegen! Außerdem ist es doch zu achtzig Prozent offensichtlich, dass er unter Boss's Hände geraten ist! Wer sonst wohl hätte es auf einen jungen Erwachsenen mit glänzenden Augen abgesehen?!". Shark war schnell wieder verwirrt statt sauer: "Hat er Koi jetzt beleidigt oder sind sie Freunde?". 

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Bevor Ilus weiter handeln konnte, vibrierte das Handy nochmal. Aggressiv riss er es raus und schrie direkt: "Oh mein fucking Gott, was?!". Er bekam fast einen Herzinfarkt, als er Iceman hörte: "Wieder ein heißes Temperament, hm? Dabei warst du vor vierundzwanzig Stunden noch so glücklich". Henrys Blick wurde stark düster. "Zum Fick willst du jetzt?! Kannst du vielleicht eine halbe Stunde warten?!", regte Ilus sich auf. "Ich? Ja, aber er vielleicht nicht", er schwenkte die Kamera rüber zu Koi, wie er gefesselt auf dem Boden saß. Ilus und Henry reagierten gleichzeitig: "Koi!". Der Gefesselte sprach ziemlich unbeeindruckt: "Hey Chef. Sorry, wollte deinen Urlaub nicht stören. War etwas unvorsichtig". Iceman lachte wieder: "Während du eine so schöne Zeit mit deinem Spielzeug hattest, habe ich mich nur noch einsamer gefühlt. Noch ist ihm nichts passiert. Ich weiß ja, wie empfindlich er ist. Doch wenn es so weiter geht, dann ist er nicht mehr sicher".

Koi rollte mit den Augen: "Kannst du deine fette Nudelficker-Fresse mal für fünf Minuten halten? Ich bekomme Kopfschmerzen und das nicht von dem Narkosemittel". Der ehemalige Boss gesellte sich hinzu: "Ich kann dir gerne noch mehr geben, damit du ruhig schläfst, während ich schöne Bilder von dir mache. Schnuffelhäschen, du musst wissen, dass wir seinen USB-Stick wieder aufrüsten konnten. Da waren sehr interessante Bilder drauf. Beweise, dass er nur noch besser in meinen Katalog passt. Er kann mit einer normalen Desert Eagle halt leider nicht richtig schießen. Die Verdammnis für Brillenträger in diesem Untergrund". Überraschend selbstbewusst antwortete Koi: "Und was ist mit dir, Analbanane? Ohne deine Kamera wärst du nur noch Haut und Knochen und nicht das jetzige Schwabbelgerüst". Verwundert und krank vor Sorge fragte Ilus: "Weshalb bist du so ruhig?". "Ich hatte meinen Schock, habe ihn verarbeitet und ich werde nicht nochmal deswegen zusammenbrechen. Mach dir keine Sorgen, mir wird es gut gehen. Vertrau mir", lächelte er es ab.

Iceman zischte leicht: "Ilus, wie wäre es, wenn du uns beiden einen Gefallen tust? Dieses Großmaul ist zwar schön, aber sehr nervig!". Zwischendrin zog Koi locker seine Schultern hoch: "Bin ein Naturtalent". Da wurde Iceman lauter: "Ilus! Ich rede mit Ilus! Wenn du mir deinen Schoßhund übergibst, dann kannst du Mister Prahlhahn auf der Stelle wieder haben!". Ilus wusste nicht, welchen Plan er sich ausdenken sollte. Dafür funkte Koi wieder dazwischen: "Hey, Bratzenprinzessin. Wusstest du, dass ich eine hohe Stimmausdauer habe? Ich kann die gesamte Nacht lang durch jodeln". Austickend riss Iceman die Geduld: "Oder du wirst die Nacht wegen Schmerzen durch weinen und schreien!". "Versuch mich doch, Schlampe", forderte Koi heraus. Schließlich trat Iceman ihn einmal. Auch wenn Koi stark hustete, grinste er noch weiter: "Henry, du hast morgen doch Geburtstag, richtig? Ich werde mit einem Geschenk wieder kommen, versprochen. Ilus, soll ich dir auch etwas bringen? Seinen Kopf vielleicht?". Ilus warnte: "Überstürz dich nicht. Dein Arm ist bestimmt noch nicht verheilt". 

Koi schmunzelte Iceman an: "Hast du das gehört? Heute Nacht hast du noch Glück". Boss schritt ein und hielt Iceman von weiterer Prügelei ab: "Na, na, na. Seine schöne Haut soll unbefleckt bleiben. Blaue Flecken sind schwer und mühsam zu kaschieren. Alles gut, Kleiner. Ich schütze deinen schönen Körper". Er hielt ihn am Kinn fest. Da biss Koi richtig feste in seinen Finger und ließ erst nicht los. Nur dann, als Iceman ihn erneut weg trat. Trotzdem drohte Koi an: "Fordert mich in anderen Gebieten raus und ich beiße euch auch diese Körperteile ab!". Tief holte Iceman Luft: "Gib mir nur Henry Beaudo und du hast ihn wieder. Wir beide wissen, wie es ihm letztes Mal ging, als ihm nicht mal viel zugestoßen war. Traust du es ihm wirklich zu, das zu überstehen?". Koi nickte und sprach ehrgeizig: "Keine rasche Handlung. Wartet auf mich". Ilus war sich dennoch unsicher. Da schob Henry sich mehr ins Bild, griff sich Ilus und küsste ihn stark. Danach knurrte er: "Koi, ich vertraue dir. Wir müssen nicht Plätze tauschen". Iceman hatte es endgültig: "Wir werden uns noch sehen!". Das Telefonat endete.

Willensstark stapfte Henry voraus: "Lass uns Kiki und Mitya finden! Wir fliegen sofort zurück zur Lagerhalle! Wenn Koi meint, bis zu meinem Geburtstag wieder da zu sein, dann glaube ich daran! Und wenn er genau recherchiert hat, dann weiß er, dass ich auf den Punkt genau um Mitternacht geboren wurde! Also wird er um Mitternacht wieder da sein!". Ilus nickte entschlossen und sie liefen los.

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