Die Rumtreiber warteten bereits am See auf mich. James und Sirius dehnten sich.
Grinsend ging ich auf die beiden zu. „Wie sieht es aus? Startklar?"
„Immer!", erwiderte James. „Wir warten nur auf dich."
„Na, gut. Von mir aus kann es losgehen.", gab ich ihnen bekannt. „Ich werde meine Runde joggen, wie ich es sonst auch tue. Ich werde jetzt nicht extra schnell laufen oder sonst was. Es ging ja schließlich darum, dass Marlene meinte, dass ihr nicht mit mir mithalten könnt. Im Prinzip ist das ja kein Wettrennen."
„Du kannst versuchen schneller zu laufen, wenn du das willst, aber du hast so oder so keine Chance."
„Vielleicht habt ihr recht, aber ich werde mich nicht davon beirren lassen, dass ihr da seid und auch joggt. Ich werde so laufen, wie immer. Wir sehen uns dann wieder hier."
„Also schön. Moony, gibst du das Signal?"
Remus nickte. „Auf die Plätze... fertig... Los!"
Die beiden rannten los und hingen mich schnell ab. Ich hielt mich an meine Worte. Die ersten hundert Meter lief ich immer sehr langsam und beschleunigte erst, wenn man mich vom Schloss aus nicht mehr so gut sehen konnte. Nicht, dass ich es verheimlichen versuchte, aber irgendwie hatte ich es mir angewöhnt. Die Jungs hielten sich eindeutig an eine andere Taktik. Sie sprinteten was das Zeug hielt. Ob das besonders clever war, bezweifelte ich. Am Anfang bereits alles zu geben, führte meist dazu, dass man schnell nachließ, aber vielleicht wussten sie was sie taten.
Ich hingegen beschleunigte nach und nach. Ich spürte den Wind, der mit entgegenschlug. Spürte wie der Boden unter meinen Schritten leicht nachgab. Hörte das Rauschen des Wassers. Der See war unruhig, vermutlich würde es später gewittern.
Bald schon sah ich die Jungs wieder vor mir. Es schien als hätten sie ihr Tempo tatsächlich schon wieder gedrosselt. Der Abstand wurde immer geringer, aber sie hatten mich noch nicht bemerkt und das würden sie auch nicht.
Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich angespannt gewesen war, aber durch das Laufen, schüttelte ich eine Last von meinen Schultern ab, die ich wohl in den letzten 24 Stunden aufgeladen hatte. Es fühlte sich wunderbar an. Wenn ich lief, fühlte ich mich für einen Moment frei. Das Gefühl würde in einer Stunde schon wieder weg sein, aber für diesen Augenblick war ich frei und machte mir keine Sorgen. Ein Gefühl, dass ich nur selten hatte. Ich war zwar recht gut darin, negative Emotionen zu verdrängen und meine Kette half mir dabei ungemein, aber so gut, wie beim Joggen war es eigentlich nie.
Statt die Jungs offensichtlich zu überholen, wie es in den Metern geschehen wäre, entschied ich mich wieder für den Umweg. Mit Leichtigkeit kletterte ich den Baum hoch und schwang mich von einem Ast zum nächsten.
Ich hörte die Jungs, wie sie von Stein zu Stein sprangen, während ich schon längst auf der anderen Seite angekommen war. Dem Umweg hatte ich bereits wieder gut gemacht. Ich schlängelte mich durch die schmalen Wege um die Bäume, ohne mein Tempo zu verlangsamen. Dabei strich ich mit meinen Händen über die Baumstämme. Ich spürte ihre Lebensenergie, die Ruhe und Stärke, die sie ausstrahlte und ein wenig in mich überging. Die Ausstrahlung der Bäume war für mich schon immer mediativer gewesen als Meditation selbst. Das hatte ich oft genug ausprobiert, doch ohne Erfolg. Die Natur half mir dabei wesentlich besser. Außerdem handelte es sich bei uns um eine mutualistische Beziehung. Wir profitierten beide davon. Ich durch die Ruhe, die ich gewann und den Pflanzen half ich mit meiner Magie. Sie wurden widerstandfähiger und wuchsen schneller. Damit hatte ich schon viele Wiesen wieder zum Leben erweckt. Das müsste ich bald mal wieder machen. Eine ausgetrocknete Lichtung suchen und sie wieder auferstehen lassen. Es gehörte zu den schönsten Sachen auf der Welt zu sehen und zu spüren, wie totes Land wieder lebendig wurde. Wie Blumen, aller Farben und Größen, aus dem Boden sprossen und bald darauf die Tiere kamen. Doch wahrscheinlich sollte ich bis zum Frühling warten, um weniger Aufmerksamkeit zu erregen. Diese Magie hatte ich schon immer gerne genutzt. Es war auch am einfachsten diese zu benutzen. Ich konnte sie kontrollieren, schließlich war sie an das Gefühl der Ruhe gekoppelt.
Ohne es zu bemerken hatte ich das Ziel erreicht. Peter war nicht mehr da, aber Remus saß auf den Boden an einen Felsen gelehnt und schaute mir mit großen Augen zu, wie ich die letzten Meter zurücklegte. „Du bist schon da?"
Ich zuckte mit den Schultern und grinste ihn an. „Sieht ganz so aus. Die Jungs sind noch unterwegs?"
Remus schnaubte. „Natürlich! Du bist ja wirklich unfassbar schnell!"
„So schnell bin ich jetzt auch wieder nicht.", gab ich zurück und setzte mich neben ihn, sodass ich auch an den Felsen gelehnt war, weshalb ich nicht in die gleiche Richtung schaute wie er. Ich blickte auf die Seite, wo wir losgelaufen waren.
„Und du siehst ja nicht einmal fertig aus!", bemerkte er als er mich musterte. „Du bist weder rot noch verschwitzt noch sonst was!"
„Ich schwitze nicht.", erklärte ich ehrlich mit einem Grinsen. „Ich finde diese Runde einfach nicht anstrengend, weißt du? Ich laufe manchmal auch zwei Runden und fühle mich nicht überfordert. Es ist einfach so, dass ich es liebe und brauche."
„Das ist beeindruckend, Lina. Wirklich!", stellte er fest. „Die Beiden werden Augen machen, wenn sie merken, dass du gewonnen hast."
Ich lachte auf. „Bin ja schon sehr gespannt, was sie mir für ein Geheimnis verraten werden!"
Sein Lächeln verrutsche für einen Moment. „Hmm."
Ich runzelte die Stirn und wollte gerade fragen, was los sei, doch Remus fing wieder an zu grinsen. „Da Vorne kommen sie. Versteck dich. Das wird ein Spaß!"
DU LIEST GERADE
Eisphönix (Harry Potter - Rumtreiber - FF)
FanfictionEin Mädchen, in dem viele Geheimnisse schlummern. Ein Mädchen, das sich vor der Welt versteckt. Ein Mädchen, das grauenhafte Dinge erlebt hat. Ein Mädchen, in dem die Macht steckt die Welt in Schutt und Asche zu verwandeln. Ein Mädchen, das Angst...