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"D-du willst m-mich malen?" In diesem Moment hatte ich keine Ahnung, was in mir vor sich ging. Ein einziges Chaos brach in mir aus und ich wusste nicht, ob es mir nun peinlich war oder ich mich vielleicht sogar ein bisschen geschmeichelt fühlte. Als mir mit einem Mal jedoch in den Sinn kam, dass ich mich dafür höchstwahrscheinlich ausziehen müsste, riss ich meine Augen entsetzt auf und stolperte einen Schritt zurück. "Nackt?!", stieß ich entsetzt aus und war ziemlich erleichtert, ein wenig Abstand zwischen Taehyung und mich gebracht zu haben.

Allerdings wanderte auf seine Lippen augenblicklich ein schiefes Lächeln und er trat einen Meter vor. Sofort stolperte ich einen weiteren Schritt zurück, während mein Herz immer stärker in meiner Brust zu pochen begann und das Kribbeln in meiner Magengrube immer stärker wurde. Doch auch Taehyung machte erneut einen Schritt auf mich zu und drängte mich so weiter zurück. Dass dieses Spielchen nicht für immer so weiter gehen konnte, hätte mir auch klar sein können - schließlich existierten sowas wie Wände. Deshalb durfte ich wenig später feststellen, dass ich in der Klemme saß, als mein Rücken unsanft mit der lila Wand Bekanntschaft machte.

Zuerst dachte ich, Taehyung würde diese Situation schamlos ausnutzen, da er wusste, dass ich ihm so nicht entkommen konnte außer ich würde ihn gewaltsam aus dem Weg räumen, doch hingegen meiner Vermutungen blieb er, eine Armlänge von mir entfernt, stehen und legte seinen Kopf etwas schief. Überrascht darüber, dass er den Abstand wahrte, beruhigte sich mein inneres Chaos etwas. "Bitte, lass mich dich malen, Jungkook", richtete er dann seine tiefe Stimme an mich und ich verstand nicht, warum ihm das überhaupt so wichtig war. Wieso zur Hölle war er so versessen darauf ein Gemälde von mir zu erschaffen?

"Bitte." Schon fast flehend blickte er mir nun entgegen und ich wusste selbst nicht so recht, welche höhere Macht in dem Moment Besitz von mir ergriff, aber ich nickte kaum merklich. Sofort erhellte sich das Gesicht meines Gegenübers und seine Augen begannen überglücklkich zu funkeln. In dem Moment wurde mir bewusst, dass es überhaupt keine höhere Macht oder ein tief in mir schlummender Kink oder so war, der mich dazu gebracht hatte, ihm zuzustimmen.

Es lag an ihm. Einzig und allein an ihm.

Das Funkeln in seinen Augen, wenn er diese Bilder betrachtete und wenn er mich betrachtete, war einfach das Schönste, was ich in meinem ganzen Leben gesehen hatte. Und es waren seine Sterne gewesen, die mich zum Leben erweckt haben und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass dieses Glitzern in seinen Augen noch um einiges stärker werden würde, wenn ich ihm seinen Wunsch erfüllte. Vielleicht entschied ich mich also sogar aus einem winzigen bisschen Eigennutz dazu.

Doch dies tat jetzt auch nichts zur Sache. Viel mehr kreisten meine Gedanken jetzt darum, wie ich es schaffen würde, nackt vor Taehyung zu stehen und mich ihm gänzlich zu entblößen. Augenblicklich schoss mir die Röte zurück ins Gesicht und meine Wangen begannen zu glühen. Auch meine Handflächen wurden ganz schwitzig und die Luft in dem Atelier fühlte sich plötzlich so viel stickiger an. Gott verdammt, Jungkook! Früher hattest du doch kein Problem den Strip deines Lebens vor irgendwelchen Girls hinzulegen. Also krieg dich ein!

Aber egal was ich mir einzureden versuchte, ich realisierte schnell, dass mir damals auch noch alles egal gewesen war. Und vielleicht lag es auch daran, dass das vor mir Taehyung war, dieser Mann mit der ebenmäßigen, karamellfarbenen Haut, den scharfen Gesichtszügen und diesem schmächtigen und doch genau perfekten Körper, seinen schwarzen Locken und großen, braunen Augen. Taehyung war mit Abstand das Schönste, was ich je gesehen hatte und dass mir genau das ausgerechnet jetzt auffiel, war nicht sonderlich hilfreich meine Scham und Minderwertigkeitskomplexe zu überwinden. Was, wenn er mich nicht schön finden würde?

"Du kannst auch in die provisorische Umkleidekabine gehen, wenn dir das lieber ist", sprach der Lockenschopf aber schließlich sanft und deutete mit dem Zeigefinger auf die Ecke hinter ihm, an der eine Gardinenstange befestigt war, sodass man einen Vorhang davor ziehen konnte. Schnell ließ ich meinen Blick zwischen ihm und der Umkleide hin und herschweifen, bevor ich hastig nickte und rasend schnell den Raum durchquerte. Mit einem letzten Blick auf Taehyung, der trotz meines Theaters überhaupt nicht amüsiert, sondern viel mehr liebevoll lächelte, ergriff ich den schweren Samtvorhang und zog ihn schwungvoll zur Seite.

Als ich gänzlich hinter dem Stoff verschwand, atmete ich hörbar aus und wischte mir erleichtert den Schweißfilm von der Stirn. Konzentriert versuchte ich meine Atmung wieder zu beruhigen und meine Nervosität in den hintersten Winkel meines Gehirns zu verbannen. "Jetzt reiß dich zudammen, Jeon!", zischte ich mir selbst ermahnend zu und versuchte mir einzureden, dass das hier alles professionell ablaufen würde. Taehyung war ein Künstler. Ich war sein Modell. Was war schon dabei?

Shit - das Problem war nur, dass ich mich Hals über Kopf in diesen Typen verschossen habe und wir uns vor einigen Stunden geküsst haben! Geküsst!!! Da konnte ich mich doch nicht einfach nackt vor ihn stellen.

"Oh doch, du kannst das! Für ihn", raunte ich mir selbst dann aber ein weiteres Mal mit angespannten Kiefern zu. Ein letztes Mal nickte ich noch, dann zog ich mir auch schon meinen Hoodie über den Kopf. Kurz blickte ich an mir herunter - meine Bauchmuskeln waren zum Glück noch nicht ganz verschwunden. Dann begann ich an meiner Hose zu nesteln, wobei mir zu Anfang der Knopf immer wieder durch meine schwitzigen Hände rutschte, ich es schließlich jedoch schaffte diese zu öffnen und sie mir hastig von den Beinen strampelte.

So weit so gut. Meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst, zog ich mir auch die Socken von den Füßen und blieb anschließend an meiner schwarzen Boxer-Brief hängen. Doch schnell fasste ich den Entschluss, dass ich das jetzt durchziehen würde. Mit einem letzten Ruck, streifte ich mir also auch diese von meinem Körper und ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Mein Herz fühlte sich schon fast so an, als würde es aus meinem Körper fliehen und auch, wenn es nicht besonders warm in diesem schattigen Raum war, fühlte ich mich wie in der Sauna. Aber ich wollte es jetzt hinter mich bringen!

Mit dem Bild im Hinterkopf wie Taehyungs Augen funkeln würden, wenn er sich vor die weiße Leinwand setzen und beginnen würde mich zu zeichen, umgriff ich den Samtvorhang mit zitternden Fingern und begann diesen schleichend zur Seite zu ziehen. Stück für Stück, so dass sich mir die Statur des Lockenschopfes langsam offenbarte.

Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, nachdem ich aus der Umkleide getreten war - doch einen Taehyung, der mir seinen Rücken zukehrte und auf einem kleinen, dreibeinigen Holzhocker vor einer Staffelei Platz genommen hatte, bestimmt nicht. "I-ich ehm-", wollte ich auf mich aufmerksam machen, doch Taehyung streckte sein Rückgrat nur ein Stückchen mehr durch. "Ich habe die Augen zu, versprochen", sagte er daraufhin und hielt zur Verdeutlichung seine zu einem Schwur geformte Hand in die Höhe.

Überrascht weitete ich meine Augen, schüttelte keine Sekunde später aber meinen Kopf und kicherte kurz auf. Warum hatte ich mir überhaupt so viele Sorgen gemacht? Wie konnte er nur so niedlich sein? Er war so rücksichtsvoll und gutherzig, sodass meine Aufregung sich langsam legte und ich mutig nach vorne trat. Die Arme um meinen Oberkörper geschlungen, trat ich auf die freie Fläche, gleich vor Taehyungs Staffelei zu. Tatsächlich hatte er seine Augen fest zusammen gekniffen, was mir erneut ein schmales Lächeln ins Gesicht zauberte.

"Dir ist schon klar, dass du mich gleich eh nackt siehst?", warf ich ihm neckisch an den Kopf, selbst nicht so ganz wissend, woher der Mut dafür plötzlich herkam. "Ach, soll ich meine Augen etwa aufmachen? Jetzt glei-" "Nein!", warf ich da aber mit einem quietschenden Schrei ein, sodass ich mir meine flache Hand auf den Mund schlug. Und da war sie plötzlich wieder, die Nervosität und auch der Rotschimmer prangte so als wäre er nie weg gewesen auf meinen Wangen.

Taehyung hingegen konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, was mich schmollend meine Unterlippe vorschieben ließ. "Ey, hör auf zu lachen", meckerte ich kleinlaut. Denn nackt vor ihm zu stehen und ausgelacht zu werden, war irgendwie kein wirklich schönes Gefühl. "Tut mir leid", entschuldigte er sich aber sofort und senkte seinen Kopf beschämt gen Boden. "Ist schon okay." Meine Lippen verzogen sich erneut zu einem sanften Lächeln, denn ich konnte ihm einfach nicht böse sein. Vor allem sah er auch wirklich ulkig aus, wie er die ganze Zeit mit geschlossenen Augen auf dem Stuhl hockte und glaubte in meine Richtung zu gucken, obwohl er sich eher mit der Stehlampe neben sich unterhielt.

"Ich werde die Augen erst aufmachen, wenn du bereit bist, Jungkook", sagte er dann, ebenfalls zu dem Lampenschirm, doch es wärmte mein Herz augenblicklich. Das prickelnde Kribbeln in meinem Bauch wanderte in jeden Winkel meines Körpers und erfüllte mich sogar mit ein wenig Vorfreude endlich in seine strahlenden Augen schauen zu können. Ich hatte keine Angst mehr, mich ihm nackt zu zeigen oder seinem Blick auszusetzen, denn ich war mir nun zu 100% sicher, dass es ihm egal sein würde, wie ich gebaut war oder welche Proportionen mein Körper hatte. Er war ein Künstler - und trotzdem würde er mich nicht mit seinen Augen, sondern mit seinem Herzen sehen.

"Okay", kam es mir dehalb ruhig über die Lippen, "du kannst deine Augen öffnen."

Forever blessed {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt