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Für einen Moment ließ ich mir die Worte Taehyungs durch den Kopf gehen, versuchte für einen kurze Zeit all meine Sorgen auszublenden und einfach nur seine sanften Streicheleinheiten über meiner Brust zu genießen. Doch dann seufzte ich missmutig auf, umgriff sein Handgelenk und schob seine Hand von meinem Oberkörper herunter. "Mein Leben ist nicht schön...", seufzte ich und drehte meinen Kopf von der funkelnden Sternendecke weg zur Seite.

Taehyungs Atem schien kurz auszusetzen und eine unangenehme Stille legte sich über uns beide. Keine Ahnung was plötzlich mit mir los war, aber ich hatte dieses komische Verlangen mich über mein Leben aufzuregen, weshalb ich einen tiefen Atemzug nahm und anfing zu reden.

"Weißt du, Taehyung", kamen mir die ersten Worte niedergeschlagen über die Lippen, "mein Leben ist einfach nicht schön. Es ist nicht einmal angenehm. Um es auf den Punkt zu bringen... es ist absolut beschissen! Ich hasse mein Leben. Ich hasse alles daran."

Doch aufeinmal wurde mir das Wort von Taehyung abgeschnitten: "Warum bringst du dich dann nicht um?"

Wie bitte?! Schockiert riss ich meine Augen auf und drehte meinen Kopf wieder zu ihm herüber. Doch Taehyung musterte mich völlig unbeeindruckt und schien seine vorherige Frage wohl in keinster Weise verwerflich zu finden. Was ging denn bitte bei ihm quer? Was wäre denn gewesen, wenn ich jetzt suizidgefährdet gewesen wäre und bereits mit einem Bein über dem Brückengeländer stand.

Doch je länger ich über seine Frage nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, dass es durchaus sein gutes Recht war, diese Frage zu stellen und er den Nagel damit zu allem Überfluss auf den Kopf getroffen hatte.

Wieso brachte ich mich nicht um? Ich kannte die Antwort doch. Aber warum begann es bei dem Gedanken daran sich vorzustellen, wie ich mich umbrachte, plötzlich so stark in meiner Brust zu ziehen. Früher hatte ich immer nur darüber nachgedacht wie viel Anstrengung es mich doch kosten würde mich zu töten und darauf hatte ich schlichtweg keinen Bock.

Aber jetzt kam mir ein völlig anderer Gedanke in den Sinn und dass ich dabei geradewegs in die Augen dieses Knallkopfes starrte, machte das ganze nicht wirklich besser. Was war denn nur los mit mir? Warum zur Hölle dachte ich jetzt nicht einmal mehr mit meinem kleinen Zeh daran, wie anstrengend ein Selbstmord wäre, sondern wie mich diese dunkelbraunen, warmen Augen nicht funkelnd, sondern zutiefst enttäuscht anschauten. Ich sah es genau vor mir, dass in dem Moment, wo ich auf das Geländer der Brücke kletterte, das Funkeln... nein gar der gesamte Sternenhimmel aus seinen Iriden verschwand.

Ein kalter Schauer jagte bei dem Gedanken meinen Rücken hinab und ich räusperte mich, um diese Bilder schnell aus meinem bescheuerten Kopf zu verbannen. Dann schluckte ich den Kloß in meinem Hals herunter. "Das ist mir zu anstrengend", murmelte ich etwas aus dem Konzept gebracht, "... also nicht, dass ich faul bin oder so. Eher habe ich darauf einfach keine Lust und irgendetwas hält mich dann doch hier. Als wenn ich angekettet wäre an dieses scheiß Leben."

Mit einem Mal stieg Wut in mir auf. Wie lange war ich überhaut schon hier? Vielleicht sollte ich besser gehen, mein Kopf war ja sowieso schon völlig durchgewaschen und das machte mich ganz kirre. Mit einem Ruck setzte ich mich auf und konnte aus dem Augenwinkel erkennen, wie Taehyung seine Augenbraue fragend anhob. Was sollte dieser vorwurfsvolle Blick denn jetzt? Ganz im Ernst, er konnte sich glücklich schätzen, dass ich nicht schon vor der komischen Tanzaktion von hier geflohen war.

Bei dem Gedanken daran, wie sich Taehyung von hinten an mich geschmiegt und meine Hüfte im Takt von links nach rechts bewegt hatte, musste ich jedoch meine Augen kurz zusammenkneifen, weil ein weiterer Schauer über meinen Nacken fuhr. Das war genug! Es reichte.

Schnell rappelte ich mich auf, wobei sich der pflanzenüberwucherte Raum erneut etwas drehte. Kack-Wein. Nie wieder würde ich dieses Gebräu trinken! Doch nach ein paar Sekunden hatte ich mein Gleichgewicht wiedergefunden und ging über all die weißen Federn hinweg zur Küche und somit in Richtung Flur herüber.

Natürlich hätte mir klar sein müssen, dass Taehyung mir einen Strich druch die Rechnung machen würde. Denn gleich nachdem ich aufgesprungen war, konnte ich schon ein unzufriedenes Grummeln hinter mir hören und letztendlich einen festen Griff an meinem Handgelenk spüren.

"Lass mich gehen", seufzte ich genervt auf und riss mich aus Taehyungs Händen los. Entschlossen stolperte ich weiter zur Tür herüber und wollte gerade die Klinke herunterdrücken, als ich erneut die langen Finger an meinem Unterarm spürte. "Man Tae-", doch ich hielt abrupt in meinen Worten inne, denn aufeinmal war ich diesem Kotzbrocken so nah, dass ich mich in seinen funkelnden Augen verlor.

Ich konnte den warmen Atem des Dunkelhaarigen auf meinen Lippen spüren und meine Augen konnten gar nicht anders, als immer wieder zwischen seinen Iriden und seinen Lippen umher zu wandern. In meiner Magengrube wurde es ganz kribbelig und ich näherte mich den rosa Lippen meines Gegenübers unbewusst.

Doch schlagartig wurde mir klar, was ich hier gerade im Inbegriff war zu tun, legte meine Hände ruckartig auf seine Schultern und drückte Taehyung mit genügend Kraft von mir weg. "Was wird das, du Homo?", pampte ich ihn an und stolperte gleichzeitig ein paar Schritte zurück. Aber auch mit den paar Metern Abstand zwischen uns, spürte ich immer noch die Hitze seines Atems auf meinen Lippen und das Kribbeln in meinem Bauch schwoll gewaltig an. Was sollte das bitte?

"Ich wollte doch nur...", schmollte dieser Penner sogleich und schob seine Unterlippe vor. Von seiner forschen Art von vor ein paar Sekunden war nicht eine Spur mehr zu erkennen. "Was?! Was wolltest du?", pampte ich ihm entgegen und verengte meine Augen zu schmalen Schlitzen. Warum fragte ich ihn das denn überhaupt? Eigentlich konnte es mir doch auch egal sein.

In meinen verwirrenden Gedanken gefangen, bekam ich erneut zu spät mit, dass Taehyung sich mir bereits wieder genähert hatte und plötzlich seine Hand zu meinem Kopf streckte. Zuerst wollte ich sie wegschlagen und hatte meine Hand bereits gehoben, doch da zögerte ich. Nicht lange. Vielleicht eine Millisekunde. Aber ich zögerte. Warum zur Hölle zögerte ich?

"Taehyung was wi-" "Ich wollte nur...", unterbrach er mich jedoch sofort und ließ seine Finger ziwschen meine Haarsträhnen fahren, "die Feder aus deinen Haaren fischen." Meine Kinnlade klappte auf, als er mir das weiße Federding vor die Nase hielt und mich mit seinem Kastengrinsen anlächelte. War das sein verdammter Ernst? Er hatte wegen einer Feder so einen Aufstand gemacht? Ich runzelte kurz meine Stirn. Hatte er überhaupt einen Aufstand gemacht?

"Du bist so ein-" "So ein was?", fragte er mich schelmisch und brachte meinen Geduldsfaden gefährlich zum Reißen. Zornig ballte ich meine Hände zu Fäusten, bevor ich mich ohne ein weiteres Wort umdrehte und die Haustür aufriss.

"Hey, Jungkook, warte", rief mir der Pavianpo hinterher, doch ich stolperte die Stufen schnell herunter. Erst unten auf dem Weg zur Straße drehte ich mich ein letztes Mal zu ihm um. Taehyung lehnte in dem Türrahmen und musterte mich aus sanften Augen. "Was denn?", fragte ich grinsend und hüpfte dabei weiter nach hinten.

"Was bin ich?", entkam es ihm schließlich, während sich seine Miene keinen Deut weit veränderte. Sie wirkte undurchsichtig... niemals hätte ich lesen können, was bei der Frage eigentlich hinter seiner Stirn abging. Doch ich wusste, es würde mir nicht gefallen.

"Du bist unmöglich!", schimpfte ich und schüttelte dabei meinen Kopf. Ohne auf seine Reaktion zu warten, drehte ich mich auf dem Absatz um und rannte auf den Bürgersteig.

"Unmöglich betörend?", hörte ich seine laute Stimme ein letztes mal an meinem Ohr, was mich dazu brachte, mich nocheinmal umzudrehen und ihm ein schiefes Lächeln zuzuwerfen. "Davon träumst du", rief ich ihm kichernd zu, beobachtete wie er seinen Kopf schüttelte und ebenfalls anfing zu lachen, ehe er mir zum Abschied zuwinkte.

Forever blessed {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt