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Etwas längeeeer ~

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In meinem ganzen Leben war ich noch niemals so schnell gerannt. In diesem Moment war mir sogar für eine gewisse Zeit wieder alles egal. Ob ich eine Frau mit Kinderwagen beinahe umstieß, fast mit einer Laterne unsanft Bekanntschaft machte oder ohne auf die fahrenden Autos zu achten über jede rote Ampel der Stadt jagte - das alles rückte für mich meilenweit in den Hintergrund. Ich wollte einfach nur so schnell es ging zu Taehyung gelangen und ihm klar machen, dass ich soeben den Fehler meines Lebens begangen hatte.

Wie hatte ich auch nur einen Moment daran glauben können, dass es richtig wäre, diesen einzigartigen Menschen mit all den Schlüsseln zu meinen Gefühlen aus meinem Leben zu verbannen? Wie konnte ich ihn nur so sehr verletzen?

Mit rasender Geschwindigkeit sprintete ich um die nächste Ecke und bog damit bereits auf die Straße zu Taehyungs kleinem Reihenhaus ein. Meine Atmung rasselte in meinem Brustkorb und mein Herz hämmerte in einem irren Tempo. Gleichzeitig zog es sich mit jedem weiteren Schritt, dem ich der grünen Haustür näherkam schmerzhaft zusammen. Noch nie hatte ich mich so elend gefühlt und die gewaltige Last auf meinen Schultern drohte mich zu übermannen. Bestimmt würde der Lockenschopf wie ein Häufchen Elend auf dem bunten Sofa liegen, eingekuschelt in einem Berg aus Wolldecken und dicke Krokodilstränen in Genevevies pechschwarzes Fell weinen. Seine Schluchzer würden die sanften Klänge des Plattenspielers übertönen und einen grauen Schleier über die Sterne an seiner Zimmerdecke legen, genauso wie ich ihn über seine Augen geworfen hatte.

Ein Stich zog durch meinen Brustkorb und eine eiskalte Gänsehaut wanderte bei dem Gedanken meinen Rücken hinab, als würde sie mich heimsuchen wollen, für meine Taten, meine Ungerechtigkeit und Dummheit, mit der ich diesen wundervollen Menschen verletzt hatte.

Ein letztes Mal nahm ich einen tiefen Atemzug, bevor ich entschlossen das kleine Tor aufstieß und die letzten Meter zu der Treppe heraufrannte. Keuchend kam ich vor der verschlossenen Tür zum Stehen, musste mich kurz auf meinen Knien aufstützen, um meine unkontrollierte Atmung etwas zu beruhigen doch dann richtete ich mich bereits wieder auf, strich mir das Shirt glatt und drückte anschließend meinen Finger hektisch auf die goldene Klingel.

Als das dumpfe Schellen erklang und ich gleichdarauf Schritte aus dem Inneren der Wohnung vernehmen konnte, begann ich unruhig meine Hände zu kneten und mir auf der Lippe herumzukauen. Mit einem Mal fühlte ich mich so Fehl am Platz, als ob ich erneut eine falsche Entscheidung getroffen hatte. Ich hatte mir doch nicht einmal irgendwelche Worte zusammengelegt, geschweige denn die Hoffnung, dass Taehyung mir nochmals verzeihen würde. Wie sollte ich das nur schaffen? Er hatte mir doch schon so oft meine Fehler verziehen und niemals das Böse in mir gesehen. Mit seinen Augen - seinen wunderschönen Sternenaugen - hatte er immerzu nur das Beste in mir gesehen, falls er überhaupt jemals etwas Schlechtes in mir gesehen hatte.

Aber jetzt... ich wusste genau, dass man seine Chancen irgendwann verspielen konnte; und ich hatte meine nicht nur verspielt, sondern gänzlich zerstört.

Plötzlich erklang jedoch das Klacken des Türschlosses und keine Sekunde später wurde das grüne Holz einen Spalt weit aufgezogen. Ruckartig riss ich meinen Kopf herum und mich damit aus meinen wirren Gedanken, wobei meine Augen augenblicklich den Blick meines Gegenübers suchten. Sofort erkannte ich die roten Ränder unter den dunklen Iriden des Mannes in der Tür. In dem schummrigen Licht des Flures und dem rötlichen Licht der untergehenden Sonne in meinem Rücken, sah ich nichts. Nichts weiter als zwei braune, einfache Augen, die mich emotionslos musterten. Keine Überraschung, keine Trauer, nicht einmal Wut oder Abneigung war in diesen zu erkennen - und vor allem nicht ein einziges Funkeln.

Forever blessed {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt