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„Na gut dann", schnaubend ließ mein Lehrer unsere Aufsätze auf den Tisch fallen, nachdem er diese durchgelesen hatte, " ihr könnt dann jetzt gehen." "Boah, das wurde aber auch mal Zeit", schnaubte Hoseok genervt auf und warf sich seine Jacke über. "Sie können auch gerne nächste Woche Samstag nochmal wiederkommen, Herr Jung. Das Angebot steht", ermahnte der Mann ihn grinsend.

"Ne, lassen sie mal lieber", lachte der Rotschopf und winkte das ganze ab. "Kommt ihr?", fragte er nun Yoongi und mich und auch wir beide fingen an, unsere Jacken anzuziehen und uns unsere Rucksäcke auf den Rücken zu schnallen. "Ich hab zwar echt keinen Bock auf dich", murrte Yoongi, "aber wenn du unbedingt willst." "Och Yoongilein, sei doch nicht so", kicherte Hoseok gut gelaunt und hakte sich bei dem Blonden unter, welcher daraufhin nur genervt die Augen verdrehte.

Gerade wollte auch ich durch die Tür treten, als die Stimme meines Lehrers an mein Ohr drang: "Jungkook, komm bitte nochmal her." Nicht schon wieder. ich verschränkte meine Arme genervt vor der Brust und trottete desinteressiert zu dem Grauhaarigen herüber. "Was?", kam es mir sichtlich angepisst über die Lippen.

"Glück ist eine zufällige Fügung des Schicksals zu günstigen Umständen", las er bedächtig vor, "Glück ist etwas, wonach die Menschen streben und was sie in eine Art ekstatisches Glücksgefühl versetzt." Fragend zog er eine Augenbraue hoch und fixierte mich mit seinem Blick. "Was ist das bitte?", schnaubte er abfällig auf und knallte das Blatt dann wütend auf das Pult.

Ich wusste genau, welche geschriebenen Worte das waren. Es waren meine. Es war mein verdammter Aufsatz und ich verstand nicht, was der Typ jetzt von mir wollte. Was sollte das jetzt? „Ich habe doch 500 Wörter geschrieben und ich habe auch das Thema behandelt", beschwerte ich mich wütend.

"Ganz im ernst, Jungkook, das hier ist absoluter Mist", der Lehrer hielt mir das Papier bis auf wenige Zentimeter vor die Nase, ehe er es wieder zu sich nahm und mit beiden Händen zerknüllte. "Eyyy", schrie ich mehr als wütend auf, "was fällt ihnen ein? Ich habe mir Mühe gegeben!" "Pah, wenn du das Mühe nennst, dann geb dir beim nächsten Mal besser keine Mühe", lachte der Mann und warf das Papier aus dem Handgelenk heraus in den Mülleimer.

"Jungkook", wandte er sich mir dann wieder zu, "was hast du dir denn bei dem Aufsatz gedacht?" Ich legte meine Stirn in Falten. Ich verstand sein Problem einfach nicht. Was ich mir dabei gedacht habe? Na gar nichts! Ich sollte schreiben, was Glück für mich bdeutete und das habe ich gemacht. Nicht mehr und nicht weniger.

Keine Sekunde später nahm der Lehrer einen der anderen Zettel in seine Hand. "Glück bedeutet für mich, all meine Emotionen ins Tanzen legen zu können. Es erfüllt mich mit dem schönsten Gefühl, was ich kenne und ich kann einfach loslassen, mich frei fühlen und alles um mich herum vergessen. Das bedeutet für mich Glück", las er von dem weißen Papier vor, ehe er es fallen ließ und dann das andere Papier ergriff. "Glück ist für mich, jemanden an meiner Seite zu wissen, der mir Geborgenheit schenkt und bei dem ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann. Diese Person ist mein Glücksbringer, weil sie mir durch schwere Zeiten hilft und mich oft bei meinen Songtexten und der Musik inspiriert." Nachdem er geendet hatte, ließ er auch diesen Zettel wieder herabsinken.

"Was fällt dir auf Jungkook, mh?", wandte er sich wieder an mich. Keine Ahnung, was sollte mir schon auffallen? Ich zuckte kurz mit den Schultern. "Sag mal, willst du mich auf den Arm nehmen?", wurde mein Gegenüber allmählich etwas sauer. "Ich wollte keine Definition davon, was das Wort 'Glück' bedeutet, sondern ich wollte wissen, was 'Glück' für dich bedeutet." Mein Lehrer seufzte laut auf und schüttelte daraufhin den Kopf.

Ich hingegen, verstand sein Problem immer noch nicht. Ist ja toll, dass Hoseok und Yoongi so ein wunderbares Verständnis von 'Glück' haben, aber ich erkannte den Unterschied nicht zu dem, was ich geschrieben hatte. Glück war doch bei den beiden auch eine zufällige Fügung, welche sie in ein positives Gefühl versetzte. Ganz ehrlich. Das war doch genau das, was ich geschrieben hatte.

"Was bedeutet es denn dann für dich, gesegnet zu sein?", stellte mein Lehrer eine weitere Frage. "Gesegnet ist man, wenn man in der Kirche von einem Pastor den Segen ausgesprochen bekommen hat", überlegte ich nicht lange. Keine Sekunde später brach mein Lehrer in schallendes Gelächter aus.

Wütend verzog ich meine Mundwinkel und presste meine Kiefer aufeinander. Wer gab ihm das Recht sich über mich lustig zu machen? "Hey, sie! Hören sie auf zu lachen", motzte ich ihm entgegen. "Es tut mir leid", beruhigte er sich etwas, hielt sich jedoch immer noch den grummelnden Bauch, "es ist nur so, dass ich das Gefühl habe, dir fehlt jeglicher Verstand für die schönen Seiten des Lebens. Ist dir eigentlich klar, wie gesegnet du mit dem Leben bist und wie viel Glück du hattest, dass du gesund und in solch stabilen Verhältnissen auf die Welt gekommen bist?"

Das Lachen war inzwischen versiegt und die Augen meines Lehrers lagen abwartend auf mir. Kurze Zeit kam mir kein einziges Wort über die Lippen. Natürlich war mir klar, dass es wirklich außergewöhnlich ist, dass ich solch ein gutes Leben führe. Aber es bedeutete für mich kein Glück und ich fühlte mich auch nicht gesegnet. Mein Leben ist langweilig, unspektakulär und ich lebe es, weil ich es eben leben muss und keine Lust darauf habe zu sterben.

Doch die Frage meines Lehrers wühlte tief in meinem Inneren und ganz plötzlich hatte ich wieder das Bild vor Augen. Das Bild, welches mir die ganze Woche nicht aus dem Kopf gehen wollte. Erneut blitzte ein dunkler Nachthimmel in meinen Gedanken auf und aus diesem starrten mir zwei Augen entgegen, welche all die prachtvollen, glitzernden Sterne in sich trugen. Augen, welche im Gegensatz zu meinen von heute morgen, so lebensfroh und besonders wirkten. Jeden Morgen hatte ich seit dem Gespräch mit diesem Kim Taeyhung meine Augen im Spiegel betrachtet und jeden Morgen blickten mir dieselben leeren und kalten Iriden entgegen.

"Jungkook? Ist alles gut?", brachte mich plötzlich die Stimme meines Lehrers wieder zurück in die Realität. Schnell fuhr ich mir einmal mit der Hand durch die Haare. "Ehm... ja alles ist gut... alles okay", stammelte ich. "D-darf ich jetzt gehen?" Ein müdes Lächeln wanderte auf die Lippen des Mannes und er nickte mir stumm zu.

Ruckartig drehte ich mich um und beinahe kam ich mir so vor, als ob ich die Flucht ergriff. Mein Herz pochte mir bis zum Hals und meine Hände waren ganz schwitzig. Meine Knie waren weich wie Pudding und irgendwie fühlte sich mein Kopf wie leer gefegt an. Vielleicht hatte ich auch gar nicht so Unrecht. Vielleicht ergriff ich die Flucht vor den Wahrheiten, welche mir gerade eben und auch schon am Dienstag an den Kopf geworfen wurden.

Und innerlich wusste ich auch schon genau, wohin mich meine Flucht bringen würde. Vielleicht wollte ich das alles nicht so auf mir sitzen lassen, vielleicht hatte ich es satt mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Aber ganz vielleicht wollte ich diesem dämlichen Typen auch eine Chance geben und ganz vielleicht wollte ich ihn auch wiedersehen. Nein, was dachte ich denn da? Ich wollte ihn doch nicht wiedersehen, diesen Spinner.

Arrrgh, das war doch alles zum verrückt werden! Ach nein, ich vergaß, das bin ich ja schon längst. Ein komischer, gefühlskalter Mensch, der von nichts eine Ahnung hat und dem schlichtweg alles egal war. War.

Forever blessed {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt