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"Jeon Jungkook", riss mich die genervte Stimme meines Mathelehrers aus meinen Gedanken, "möchten Sie uns heute auch nochmal mit ihrer Anwesenheit beehren?" Desinteressiert hob ich meinen Kopf von meinen Armen und schaute zu dem Lehrer herüber. Das Kichern der Klasse im Hintergrund entging mir natürlich nicht, aber es interessierte mich auch recht wenig.

"Aber ich bin doch anwesend", protestierte ich deshalb und stütze meinen viel zu schweren Kopf erneut auf meine Hand auf. "Findest du?", stichelte mein Lehrer und machte ein paar Schritte auf mich zu. "Dann kannst du bestimmt das Ergebnis der eben besprochenen Aufgabe wiederholen, hm?"

Boah, was wollte er denn jetzt von mir? Ich war nicht dazu verpflichtet aktiv am Unterricht teilzunehmen. Mein Gott, konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich hatte kaum geschlafen, die dritte Nacht in Folge und morgen müsste ich sowieso nachsitzen. Was sollte also das Theater?

"Nope", gab ich deshalb nur knapp von mir und kritzelte dann mit meinen Stift auf dem Blatt herum. Das hatte ich schon die ganze Zeit gemacht. Irgendwelches wirres Zeug auf mein Papier gekritzelt. Dasselbe wirre Zeug, welches auch in meinem Schädel war. Zum Glück wandte sich der Lehrer seufzend wieder ab und führte seinen dämlichen Unterricht fort. Statistik - das war doch eh Kinderkacke. Ich verstand gar nicht warum alle da solche Probleme hatten.

Schließlich klingelte es zum Schulschluss und alle stürmten wie wild gewordene Erdmännchen aus der Klasse. Mir war es egal, wann ich hier raus sein würde, weshalb ich meine Tasche ziemlich gemächlich zusammenpackte und als Allerletzter aus der Klasse schlurfte. Gerade wollte ich zu meinen Freunden auf den Flur raustreten, als ich von meinem Lehrer fest am Kragen gepackt wurde.

"Hey, was soll das? Lassen sie mich gefälligst los!" "Das glaubst du doch wohl selbst nicht, Früchtchen!", entgegnete mein Lehrer jedoch zornig und hielt mich nur noch fester in der Hand. Widerstand war also zwecklos. Cool.

"Was wollen Sie von mir?", fragte ich motzend. "Was ich will? Was ICH will?", stellte mir mein Lehrer die Gegenfrage und ich verstand wirklich nicht was sein verdammtes Problem war. "Ich will gar nichts! Aber was willst DU, Jeon Jungkook?"

Was war das bitte für eine dämliche Frage? Was ich will? Was meinte er denn überhaupt damit? "Was ist Ihr Problem?", versuchte ich noch ein weiteres Mal meinem Unmut freien Lauf zu lassen. Doch mein Lehrer fand das gar nicht so witzig. "Ich meine es ernst, Jungkook. Was ist im Moment los mit dir? Du warst immer mein bester Schüler. Ich weiß, dass du auf das alles hier keine Lust hast, aber wenigstens warst du immer fleißig und gut im Unterricht", er hielt kurz inne, löste die Hand aus meinem Nacken und betrachtete mich aus enttäuschten Augen. Ja, seine Augen strahlten Enttäuschung aus, da war ich mir sicher.

"Was ist nur los mit dir? Liegt es an deinen Freunden? Ziehen sie dich mit runter?" "Nein, nein es liegt nicht an ihnen, wirklich", antwortete ich ihm schließlich wahrheitsgemäß. "Woran dann?", hakte mein Lehrer weiter nach, legte seine Stirn in Falten, schüttelte dann jedoch kurz den Kopf und winkte ab. "Eigentlich ist es mir auch egal, was der Grund dafür ist. Ich hoffe, du findest wieder zu deiner alten Form zurück", seufzte er auf, ergriff seine Tasche und betrat den Flur.

"Na, komm schon oder bist du etwa dort angewurzelt?", ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen. Dieser Idiot... er war einfach viel zu sympathisch.

Hastig richtete ich meinen Hoodie und trat ebenfalls auf den Flur heraus. Suchend sah ich mich nach meinen Freunden um, aber sie waren natürlich schon gegangen. Nett. "Tschüss", verabschiedete ich mich von dem grauhaarigen Mann und bahnte mir meinen Weg nach draußen. "Bis morgen dann", rief er mir noch zu und die Gehässigkeit war definitiv aus seiner Stimme herauszuhören. Ja, danke auch für die tolle Erinnerung an das grauenvolle Nachsitzen. Ich hatte an einem Samstag natürlich nichts Besseres zu tun. Okay, eigentlich hatte ich das wirklich nicht. Schnaubend trat ich durch die große Glastür am Ende des Flurs auf den Schulhof hinaus.

„Hey, du Pisser", ertönte plötzlich eine brummende Stimme neben mir. Augenblick riss ich meinen Kopf herum und erkannte sogleich eine Gestalt, in einer schwarzen Bomberjacke und Camouflage-Cargohose, angelehnt an eine der Säulen.

„Hey, Yoongs", kam es mir trocken über die Lippen und ich setzte meinen Weg fort. Im Hintergrund konnte ich hören, wie Yoongi sich von der Säule abstieß und zu mir aufschloss. „Was ist denn los, Kooks?", richtete er seine Stimme erneut an mich „ist irgendetwas passiert?" Was hatten denn alle? Wirkte ich wirklich so anders? Es war doch alles okay. Mit mir ist nichts! Alles ist tip-top.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. „Kooks?" Dieser Typ regte mich gerade extrem auf. „Was denn, Yoongi? Was ist los?", raunte ich ihm entgegen und hätte mir dafür am liebsten selbst eine reingehauen. Er konnte nichts für meinen aufgewühlten Zustand. Weder Yoongi, noch einer meiner anderen Freunde hatte damit etwas zu tun.

„Ganz ruhig, Brauner", schnaubte er und hob abwehrend beide Hände in die Höhe, „chill mal ein bisschen." „Tut mir leid", entschuldigte ich mich mit hängendem Kopf, „ich weiß auch nicht, was mit mir los ist." Yoongi hatte wieder etwas aufgeholt und lief nun leicht vor mir, sodass er mir seine Finger an die Nasenspitze legen konnte und keine Sekunde später kräftig daran zog. „Auaaa! Was soll das, Mann?", motzte ich, doch gleich darauf legte sich ein schelmisches Grinsen auf die Lippen meines blonden Freundes und dann fing er auch schon an zu kichern. Ich konnte nicht mal etwas dagegen tun. Es war nicht so, dass ich Lachen wollte, aber bei dem Gedanken an meine nasale Stimme und diese ulkige Szene konnte ich gar nicht anders. Letztendlich brachen wir beide in schallendes Gelächter aus.

Nach einiger Zeit ging uns schließlich die Puste aus und wir hielten unsere verkrampften Bäuche. Yoongi fixierte mich ein weiteres Mal mit seinen Augen. „Hauptsache es wird alles wieder gut", schnaubte er und boxte mir einmal spielerisch gegen den Oberarm. Es wird alles wieder gut? Was war denn überhaupt nicht gut? Was war denn überhaupt los?

Stumm nickte ich meinem Kumpel zu. Doch innerlich schwirrten mir immer noch all die Fragen und Gedanken durch den Kopf. Dass ausgerechnet mein Mathelehrer und sogar Yoongi dem ganzen noch eine Schippe drauf legten und genau die Fragen stellten, welche mich sowieso beschäftigen, machten das alles nicht wirklich besser.

Und dabei wusste ich doch eigentlich was los war. Ich wusste genau, warum ich seit Dienstag kaum ein Auge zugemacht hatte. Ich wusste genau, warum ich andauernd Sterne auf meine Blätter kritzelte und warum ich einfach überhaupt nicht mit dem Kopf bei der Sache war.

Das alles hatte nur einen Grund.

Und dieser Grund hieß seit neustem nicht mehr 'Penner', sondern ‚Kim Taehyung'.

Forever blessed {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt