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Jungkook

Montagmorgen. Grässlich wie immer. Müde lehnte ich mich von meinem Bett zu dem Fenster in der Wand rechts neben mir herüber und schob die Vorhänge minimal zur Seite, damit ich mich wenigstens etwas in der Dunkelheit orientieren konnte. Mit zusammengekniffen Augen setzte ich mich daraufhin im Bett auf und fuhr mir einmal durch die rabenschwarzen Haare, welche mir wie immer zu allen Seiten abstanden. Während meine Hand durch die Strähnen fuhr, richtete ich meinen müden Blick nach draußen, naja jedenfalls versuchte ich es. Doch der schmale Schlitz, ließ nicht allzu viel erkennen. Also kniete ich mich hin und zog die Vorhänge schließlich ganz zur Seite.

Danach ließ ich mich vollkommen niedergeschlagen rücklings zurück in die Kissen plumpsen. Es regnet. Ich hasse regen.

Für einen Moment überlegte ich doch tatsächlich, nicht duschen zu gehen, da ich draußen ja sowieso geduscht werden würde. Doch bei meinen zerzausten Haaren und dem pubertären Geruch der an mir haftete, schlug ich mir diese Idee jedoch schnell wieder aus dem Kopf. Es wär vielleicht ganz lustig geworden ein paar Mädchen mit meinem ungepflegten Auftreten zu vertreiben, aber auf die Sprüche meiner Freunde hatte ich definitiv keine Lust.

Ich wälzte mich also von der Matratze herunter und schlurfte barfuß aus meinem Zimmer heraus in Richtung Bad. An der Tür angekommen, drückte ich die Klinke herunter, nur um zu bemerken, dass diese verschlossen war.

"Maaan Jimin, mach die scheiß Tür auf", murrte ich und verzog gequält meinen Mund. "Bin gleich fertig", ertönte die helle und viel zu fröhliche Stimme meines jüngeren Bruders und ich war kurz davor zu kotzen. "Das sagst du jedes Mal", drängelte ich weiter und hämmerte mit der Faust gegen die Tür "Jimin, du Arschgeige, mach jetzt auf!". "Chill mal, du Schwachstromelektriker", kam es jedoch zu meinem Leid erneut von dem kleinen Bastard im Badezimmer.

Allmählich machte mich das alles ziemlich wütend und das bei meiner sowieso schon gereizten Stimmung am frühen Morgen, sodass ich nur noch lauter gegen das weiße Holz hämmerte. "Jungkook", schallte plötzlich eine weitere Stimme an mein Ohr und als ich meinen Kopf zu der Wendeltreppe rechts neben mir drehte, tauchte dort ein schmales, feminines Gesicht auf, welches mich aus zornigen Augen anfunkelte. "Was?", gab ich patzig von mir. "Hör gottverdammt nochmal auf, gegen die Tür zu schlagen", meckerte die Frau.

Die Frau nannte sich meine Mutter und eigentlich mochte ich sie, aber nicht am frühen Morgen. Deshalb hob ich nur abschätzig eine Augenbraue und erwiderte angriffslustig: "Und was, wenn nicht?" "Du wagst es-" Ein dumpfes Knallen schnitt durch die Luft, nachdem ich meine Faust erneut gegen die Tür geschlagen hatte. "Das wird Konsequenzen haben, Jeon Jungkook", gab meine Mutter grimmig von sich ehe sie auf dem Absatz kehrt machte und zurück in die Küche verschwand.

Ich hingegen wollte gerade ein weiteres Mal gegen die Tür hämmern, als diese überrraschenderweise aufgerissen wurde und ein perfekt gestylter Jimin vor mir stand. "Auch mal fertig, du Faggot", verdrehte ich genervt die Augen und war schon dabei mich an dem etwas kleineren vorbei zu schieben. Doch dieser ließ hastig beide Hände an den Türrahmen wandern und versperrte mir so den Weg. "Warum hattest du es denn so eilig?", fragte er neugierig, doch der bittere Unterton war defintiv aus seiner Stimme heraus zu hören. Ein schiefes Grinsen wanderte auf seine Mundwinkel und das konnte ich mir wirklich nicht mehr länger geben.

Mit einer gezielten Bewegung ließ ich mein Knie schwungvoll hochfahren, nur um in die Mitte meines lieben Brüderchens zu treffen. Dieser gab sogleich einen erstickten Ton von sich und krümmte sich vor mir zusammen. "Ach komm, jetzt überteib mal nicht", lachte ich hämisch und schob den Jungen aus der Tür heraus, um endlich in dieses Badezimmer zu kommen.

"Du bist so ein Arsch", presste Jimin angestrengt hervor ehe er sich zur Treppe begab. Na endlich. Meine Zeit rannte mir durch den Wurzelzwerg jetzt wirklich davon und auf Zuspätkommen konnte ich defintiv auch gut verzichten. Deshalb beschränkte ich meine Routine auf das Nötigste, sprang nach einer kurzen Dusche und Zähneputzen zurück in mein Zimmer, um mir eine Jeans und einen weißen Kapuzenpulli anzuziehen und schließlich geradewegs mit meinem Rucksack in das nächste alltägliche Grauen zu laufen. Das Frühstück.

Als ich den vorwurfsvollen Blick meiner Mutter am Küchentisch aufschnappte, wollte ich so schnell wie möglich einfach verschwinden, weshalb ich den Brötchenkorb griff, mir ein Käsebrötchen schnappte und eilig in Richtung Haustür stapfte. Gerade wollte ich die Tür aufreißen und hatte mich schon gefreut ungeschoren davon zu kommen, als die Stimme meiner Mutter mich aufhielt.

"Jeon Jungkook", schallte mein Name hysterisch durch den Raum "Sofort Antanzen". Okay, sie war sauer. Aus dem Grund unterließ ich es auch, wie ein Rumpelstilzchen zum Tisch herüber zu tänzeln. Aber auch nur deshalb. Mit gleichgültiger Miene stellte ich mich vor die Tafel und betrachtete die Runde. Mein Vater hockte auf seinem Stuhl und verschwand hinter einer Zeitung. Meine Mutter saß kerzengerade gegenüber und eine Zornesader pulsierte auf ihrer Stirn und Jimin, tja Jimin, der hockte wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Und dennoch blieb mir sein schelmisches Grinsen nicht unentdeckt. Dieser Giftzwerg.

"Was hat er gesagt?", fragte ich genervt und konnte es nicht verhindern, meine Augen zu verdrehen. "Was er gesagt hat?", ertönte die rhetorische Frage meiner Mutter "du bist doch wohl nicht mehr ganz bei Trost, Jeon!" Und ab dem Zeitpunkt wusste ich, ich hatte verkackt. Aber so richtig. Wenn meine Mutter mich nur noch bei meinem Nachnamen nannte, dann war Hopfen und Malz verloren. "Wie kannst du deinem armen, kleinen Bruder solche Schmerzen bereiten?", lenkte sie die Aufmerksamkeit wieder auf sich. "Er hat mich nicht reingelassen. Er trödelt jeden Morgen", verteidigte ich mich. "Dann steh eben früher auf! Aber nur weil du dir...tja wie soll ich das jetzt sagen...also" "Was?", unterbrach ich sie schroff. "Naja...eben...""Mutter, ich werde jetzt gehen, wenn du nicht auf den Punkt kommst." "Nur weil du ein Problem in deiner Hose loswerden musst, musst du doch nicht gleich deinen Bruder verprügeln."

B-bitte was? Ich hatte mich wohl vehört. Binnen einer Sekunde hatte ich mich zu dem Stuhl an der kurzen Seites des Tisches herum gedreht, meinen Bruder am Kragen gepackt und bis auf wenige Zentimeter an mein Gesicht heran gezogen. "Du miese kleine Zicke, ich werde dir deinen feinen Hintern so polieren, dass du mehrere Tage nicht-" "Aufhören! Sofort aufhören!", schrie meine Mutter mittlerweile vollkommen hysterisch durch den Raum und war inzwischen sogar aufgesprungen. Wütend entriss sie meinem Vater die Zeitung, welcher sie daraufhin mit einem mehr als fragenden Blick musterte. "Sag doch endlich auch mal was dazu", fuhr sie ihn an und schlug sich hilflos ihre Hände über den Kopf.

Ich hatte Jimin immer noch am Kragen gepackt. Mein Vater betrachtete uns einen flüchtigen Moment ehe er seine Zeitung wieder vom Boden aufsammelte und sich dieser widmete. "Werdet erwachsen", nuschelte er unbeeindruckt gegen das Papier und las dann weiter. Meiner Mutter gab das jedoch den Rest und sie stapfte wütend zur Küchentheke herüber, um ein paar Messer und Gabeln in die Spülkörbe zu werfen.

Mit einem überlegenen Grinsen ließ ich von Jimin ab. "Du weißt, was dir blüh-" "Jungkook. Es reicht", oh, mein Vater war also doch noch aktiv am Geschehen beteiligt, ein Wunder. Doch mich sollte es nicht interessieren. Mit einem Schulterzucken stapfte ich zur Tür herüber und trat in die nasse Frühlingsluft hinaus.

Vor dem Haus seufzte ich erst einmal laut auf. Jeden anderen Menschen hätte das, was dort vorhin abging wahrscheinlich ziemlich belastet. Er hätte sich den Kopf darüber zerbrochen oder wär wütend, vielleicht sogar enttäuscht oder traurig gewesen. Doch ich freute mich eigentlich eher darüber, dass etwas in meinem Leben passierte. Denn das machte doch Spaß und vertrieb die Langeweile. So etwas machte das Leben doch erst lebenswert. Es war schließlich schon grauenvoll genug. Ich konnte es kaum erwarten gleich endlich meine Freunde zu sehen und mit ihnen durch einige Neckereien den Tag wenigstens ein bisschen lebenswerter zu machen, weshalb ich meinen Weg auf dem Bürgersteig in Richtung Gymnasium fortsetzte.

Forever blessed {VKOOK}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt