Kostas
Mik und ich fuhren schon seit einer Stunde einfach nur durch die Gegend und redeten über die verschiedensten Dinge. Es tat wirklich gut mal auf andere Gedanken zu kommen.
"Sag mal, haben wir eigentlich ein Ziel?", fragte ich Mik.
"Nicht wirklich. Hast du einen Vorschlag?"
"Nö, keine Ahnung. Alles ist besser als zuhause."
"Das kannst du laut sagen... Warte! Ich hab eine Idee wo wir hinfahren könnten."
Mik blieb plötzlich mitten auf der Straße stehen und drehte um. Gut, dass gerade kein Auto kam, sonst wäre es jetzt ganz schön gefährlich geworden. Mik und ich hatten noch gar nicht darüber gesprochen warum wir beide von zuhause weg wollten. Bei ihm konnte ich mir aber vorstellen warum er kein Bock auf zuhause hatte.
"Haben deine Eltern genervt?", fragte ich vorsichtig. Ich wusste schließlich nicht wie er auf dieses Thema reagierte.
"Frag nicht. Ich war gerade erst zuhause und schon haben die beiden Stress gesucht. Und bei dir?"
"Mit meiner Mom war alles in Ordnung. Bis ich dann zu meinem Vater in den Knast fahren sollte und erfahren hab, dass mein Dad entlassen wird und wieder zurückkommt."
"Scheiße... Meint er das ernst?"
"Aber sowas von. Ich hoffe einfach nur, dass er sich wirklich geändert hat."
"Glaubst du, dass er sich geändert hat?"
"Ganz ehrlich? Ich denke nicht. So wie er mich angeschaut hat... so hat er mich damals auch angeschaut. Er war voller... Hass."
Ich spürte plötzlich eine Hand auf meinem Oberschenkel.
"Du weißt, dass ich immer für dich da bin? Wenn irgendwas ist, ruf mich einfach an."
Ich nahm seine Hand in meine.
"Ich weiß. Danke."
Ich war wirklich froh Mik gefunden zu haben. Bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er mich verstand. Er kam aus einer genauso kaputten Familie wie ich. Er wusste wie ich mich fühle.
Ich wurde aus den Gedanken geholt als Mik mit dem Auto zum Stehen kam. Wir standen vor einem kaputten, dreckigem Haus. Die Schottersteine sollten die Auffahrt darstellen. Welche aber bereits mit Moos und Gras übersät waren.
"Willkommen in meinem Zufluchtsort."
Ich schaute ihn nur fragend an.
"Kommt mit, ich zeigs dir."
Mik führte mich zu einer verrosteten Stahltür, welche man einfach öffnen konnte.
"Das Haus hier steht schon lange leer. Meine Freunde und ich treffen uns hier öfters. Eigentlich fast täglich."
Mik schaltete das Licht ein und zum Vorschein kam mittendrin ein großes, schwarzes Sofa und ein Sessel. Gegenüber stand eine Kommode mit einem Fernseher drauf. Hinter dem Sofa war eine kleine Küchenzeile mit Barhockern. Außerdem ein Esstisch und ein paar Stühle.
"Wow ihr habt euch hier ja richtig eingerichtet."
"Joa, schon. Wir haben diese ganzen Sachen aus dem Sperrmüll oder so. Also alles gebrauchter Scheiß."
"Sei nicht so negativ. Ist doch nice das ihr sowas habt."
"Haben deine Freunde und du sowas nicht?"
"Nicht wirklich. Wir haben schon ein paar Orte wo wir uns ab und an treffen."
"Lad deine Freunde ein. Dann chillen wir alle hier.", meinte Mik und setzte sich auf das Sofa.
Ich setzte mich neben ihn und er nahm mich in den Arm. Mit der anderen Hand nahm er die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Nur lief um 5 Uhr morgens nicht mehr soviel.
Mik strich mir beruhigend durch die Haare, weswegen ich langsam merkte, dass ich müder wurde. Ich konzentrierte mich noch kurz auf den Fernseher bis ich langsam meine Augen schloss. Ich bekam nur noch mit wie Mik mir einen Kuss auf den Haaransatz gab, bevor ich einschlief.Mik
"Ich hasse meinen Job!", rief plötzlich eine weibliche Stimme, weswegen Kostas und ich aus dem Schlaf hochschreckten. "Wenn das so weiter geht, gibt es drei Möglichkeiten wie mein Leben endet." Während Mary sich weiter aufregte, würdigte sie weder Kostas noch mir einen Blick. Sie lief einfach zur Küchenzeile und holte den Kaffee aus dem Schrank.
"Möglichkeit Eins: Ich sterbe mit 30 an einem Herzinfarkt." Sie schütte den Kaffee in die Kaffeemaschine und schaltete die Kaffeemaschine an.
"Möglichkeit Zwei: Ich hab mit 30 einen Burn-out."
Jetzt holte sie sich eine Tasse aus dem Schrank, während sie weiterredete.
"Möglichkeit Drei: Ich verfalle in eine schwere Depression."
"Auch mit 30?", fragte ich sie, weswegen Kostas lachen musste.
"Ne, mit 25."
Immer noch schaute sie uns nicht an und machte sich ihren Kaffee zu Ende.
"Also der Tag heute hätte genauso gut ein Montag sein können, so wie-"
Als sie Kostas sah unterbrach sie sich selbst.
"Hey, du bist Kostas, richtig?" Marys Stimme klang nun nicht mehr genervt sondern so freundlich, dass man fast denken könnte, dass es geschauspielert war. Doch Mary liebte es neue Leute kennenzulernen und deswegen wusste ich, dass sie sich gerade wirklich freute.
"Freut mich. Ich bin Mary. Miks bessere Hälfte... Naja zumindest war ich das."
"Im freundschaftlichen Sinne.", fügte ich hinzu.
"Logisch.", meinte Mary.
"Hab ich mir schon gedacht.", sagte Kostas.
"Also, wo war ich stehen geblieben?"
"Dabei, dass du deinen Job hasst.", meinte Kostas.
"Zum Verständnis, Mary arbeitet als Krankenschwester in einer Notaufnahme.", erklärte ich Kostas.
"Genau. Also es fing schon morgens an. Als wir um 6 Uhr zum Frühdienst kamen, hatten wir keinen einzigen Patienten. Um 7 Uhr kam dann eine Patientin mit der Rettung die in den Schockraum musste, weil sie versucht hat sich umzubringen. Ich sags euch ihr habt noch nie so einen fetten Druckverband gesehen. Ich war dann natürlich das Opfer, welches da mit rein durfte und dem Arzt beim Nähen helfen musste. Keine Ahnung womit sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hat, aber die waren sauber durchtrennt. Musste also wahrscheinlich ein richtig scharfes Messer oder so gewesen sein. Als wir dann fast fertig waren, fand ich einen Abschiedsbrief, welche sie an ihren Mann geschrieben hat. Und das alles hat bis halb 9 gedauert. Und dann musste sie auch noch weiterverlegt werden, weil unsere Intensivstation voll ist. Und die ganze Scheiße vor dem Frühstück. Und nach der einen Patientin wurde es natürlich nicht ruhiger, sodass ich nur 5 Minuten Pause hatte."
"Und wie geht es der Patientin jetzt?", fragte ich Mary.
"Den Umständen entsprechend. Der Kreislauf ist stabil. Aber da sie quer geschnitten hat, konnte man die Gefäße wieder nähen. Wahrscheinlich wird sie den Ring- und Zeigefinger nicht mehr richtig strecken können. Da sie ein Nerv durchtrennt hat."
"Du erlebst ja ganz schön was auf der Arbeit.", meinte Kostas.
"Glaub mir, ich könnte ein Buch schreiben, mit den ganzen Sachen die ich erlebe."
Es klang vielleicht so als würde Mary ihren Job wirklich hassen, aber in Wirklichkeit liebte sie es als Krankenschwester zu arbeiten. Schließlich machte sie dieses nicht nur in ihrem Beruf. Auch ihre Freunde versorgte sie sehr gerne, wenn es mal eine Prügelei gab. Oder irgendjemand mal wieder zu dumm zum Laufen war und sich den Kopf aufgeschlagen hatte. Die Stimmung war gerade wirklich entspannt und Mary erzählte Kostas noch mehr von den Dingen die sie auf der Arbeit erlebt hatte, bei denen Kostas ganz gespannt, wie ein kleiner Junge zuhörte. Das war irgendwie süß.
Doch die gute Stimmung kippte sofort, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde.
"So, Mik! Letzte Chance!"
Fuck.Hallo!
Die Geschichte von der Patientin die Mary erzählt hat, ist mir vor ein paar Wochen wirklich so passiert.
Wollte ich euch nur einmal mitteilen :3
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Together we're strong
FanfictionSie lernten sich in einem Camp für schwer erziehbare Jugendliche kennen. Schnell merkten sie, dass sie eines gemeinsamen haben: Sie beide haben eine kaputte Familie. Zurück in der Heimat versuchen sie zusammen die schwere Zeit durchzustehen. Doch d...