Holz

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Kostas

An jeder Hütte stand die gehörige Zahl. Gleich gegenüber von dem Haupthaus in welchem wir gerade saßen, waren die Hütten 5 und 6. Nach rechts ging es weiter von 7 bis 10. Schräggegenüber von Hütte Nummer 8 waren Gemeinschaftsduschen. Warum gab es Gemeinschaftsduschen, wenn es in den Hütten auch Duschen gab? Naja, soll mir egal sein, solange ich sie nicht putzen muss. Von außen steckte der Schlüssel unserer Hütte im Schloss. Ich nahm den Schlüssel raus und betrat die Hütte. Die Wände und der Fußboden waren aus hellem Holz. Wie das ganze Haus von außen auch. Sobald man die Tür öffnete betrat man das Wohnzimmer mit der eingebauten Küche. Selbst die Küche war aus Holz. Wir hatten einen kleinen, weißen Kühlschrank, welcher überhaupt nicht zu der ganzen Einrichtung passte. In der Küche war auch direkt ein Tisch mit vier Stühlen. Natürlich aus Holz. Wer hätte es gedacht? Das Wohnzimmer hatte eine kleine Couch und einen Sessel in grau. Mich hätte es nicht gewundert, wenn das auch aus Holz gewesen wäre. Gegenüber vom Sofa stand ein kleiner Fernseher auf einer Kommode. Auch einen Kamin gab es hier. Neben dem Kamin stand ein Eimer mit Feuerholz. Sollte uns das Holz jedoch ausgehen, bin ich guter Dinge, dass ich in diesem Haus noch genug Holz zum Verbrennen finden werde. Ich ging weiter den Flur entlang, der nun etwas schmaler wurde. Links war das Badezimmer, mit einer Badewanne, einer Dusche und den anderen gängigen Badeausstattungen. Hier war alles sehr weiß gehalten. Außer natürlich der Boden und die Wände. Am Ende des Flurs gab es links und rechts jeweils eine Tür. Ich entschied mich nach rechts zu gehen und fand ein kleines Schlafzimmer vor, welches auf das Geringste reduziert war. Ein Bett, ein Nachttisch und ein Kleiderschrank. Das wars. Ich entschied mich dazu, dass das mein Zimmer wird. Also packte ich meinen Koffer schon mal aus und legte meine Klamotten in den Schrank. Mein Ladekabel ließ ich im Koffer. Das brauchte ich schließlich nicht, weil uns die Handys sowieso abgenommen worden waren.
"So ein Scheiß."
Ich ging aus dem Zimmer raus um zu schauen, wer da geflucht hatte. Im Eingang stand ein Junge, etwa in meinem Alter mit schwarzen, lockigen Haaren.
"Bist du Max?", fragte ich ihn.
Er nickte. "Und du musst Kostas sein, was?"
Dieses mal nickte ich. "Freut mich, Kumpel. Hast du dir schon ein Zimmer ausgesucht?"
"Das Rechte."
Er zuckte mit den Schultern. "Soll mir recht sein. Dann nehme ich das Andere." 
Während er in sein Zimmer verschwand schaute ich mich noch ein wenig in Küche um. Der Kühlschrank war leer. Natürlich. Soviel Glück sei uns nicht gegönnt.
"Alter, kann das wohl sein, dass der Baumarkt Holz im Angebot hatte."
Ich lachte. "Ich glaub schon."
Max setzte sich auf das Sofa und schaute mich fragend an. "Warum bist du hier?"
"Das frage ich mich auch." 
Ich setzte mich auf den Sessel schräg neben der Couch.
"Lass mich raten. Hast du eine Schlägerei angefangen und wurdest angezeigt?", fragte er.
"Nö, angezeigt wurde ich deswegen noch nicht."
"Du hast Drogen vertickt? Saßt im Knast?"
"Nein. Meine Eltern kommen einfach nicht mit mir klar, weil sie keine Ahnung haben wie man ein Kind erzieht. Und deswegen bin ich so, wie ich jetzt bin."
"Und du hast kein Bock dein Verhalten zu ändern?"
"Wieso sollte ich? Ich bin damit zufrieden. Wenn ich es ändern würde, wäre mein Leben langweilig."
Max lachte. "Ich glaub wir sind uns ähnlicher als ich dachte. Ganz ehrlich, wenn ich alles machen würde, was meine Eltern mir sagen, wo bleibt, denn dann der Spaß? Um 23 Uhr zuhause sein? Dann fängt die Party doch gerade erst an. Und Schule hab ich halt auch kein Bock drauf."
"Was bringt dir der Scheiß, denn später auch?"
"Eben. Meine Eltern sagen dann immer: Du willst doch später eine Ausbildung anfangen. Bla,bla, bla. Ich kann das langsam nicht mehr hören."
"Und warum bist du hier? Nur, weil du ab und an die Schule schwänzt?" 
"Ab und an? Ich bin seit einem Jahr nicht mehr zu Schule gegangen und davor war ich so zwei bis drei mal in der Woche da. Ne, deswegen bin ich nicht hier. Ich bin hier, weil ich mich geprügelt hab und dann hat dieser Pisser mich angezeigt. Außerdem haben meine Eltern Gras in meinem Zimmer gefunden."
"So ein Scheiß, alter. Was ist, denn dieser Typ für ein Weichei, dass er dich anzeigt?", lachte ich.
"Ja, das hab ich mich auch gefragt. Aber ich schwör dir, wenn ich hier wieder raus bin, sorge ich schon dafür, dass er die Anzeige zurückzieht. Und mein Gras muss ich auch besser verstecken."
"Ich versteck es immer hinter einem Bild, welches an der Wand hängt. Da kommt meine Mom niemals drauf."
"Bro, das ist ne gute Idee. Ich merk schon, ich kann mir noch was bei dir abgucken."
Max war echt ein cooler Typ und wir verstanden uns sehr gut. Gott sei Dank. Ich weiß nicht was ich die Wochen über gemacht hätte, wenn ich mir die Hütte mit jemanden teilen müsste, den ich überhaupt nicht abkönnte.
Nachdem Max und ich noch ein wenig miteinander geredet hatten, mussten wir auch schon wieder los zum Haupthaus. Ralf wollte uns noch sagen was in dieser Woche auf den Plan steht.
Max und ich setzten uns auf zwei Stühle nebeneinander und warteten bis die Anderen kamen.
"Was meinst du, warum sind die meisten hier?", fragte Max mich.
"Schwer zu sagen. Manche hier sehen halt voll verängstigt aus. Vermutlich haben ihre Eltern einfach kein Bock auf sie und haben sie deswegen hier hergeschickt. Viele vermutlich auch wegen Prügeleien, Drogen und so weiter."
"Ob wohl jemand von denen schon mal im Knast saß?"
"Würd ich auch gerne wissen. Aber wir haben ja lange genug Zeit um das herauszufinden."
Ich sah zur Tür und genau in diesem Moment kamen Mik, Christian und Benjamin rein.
"Ich schwör dir, wenn ich die Toiletten sauber machen muss, bin ich hier schneller weg, als ihr gucken könnt.", meinte Mik.
Innerlich verdrehte ich die Augen. Schon wieder machte er einen auf dicke Hose. Nach und nach füllte sich der Raum immer mehr, bis alle 20 Jugendlichen da waren. Ralf setzte sich vor uns hin.
"Also, wir haben für diese Woche schon einen Plan gemacht, was eure Aufgaben sein werden. Ich werde sie gleich mit euch durchsprechen, sodass ihr auch wisst mit wem ihr eingeteilt seid. Und ich will kein Meckern hören. Getauscht wird nicht."

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