Hinter den Vorhängen

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Kostas

Meine Mom war wieder am Staubsaugen. Es war 10 Uhr morgens. Ist das ihr Ernst?
Seufzend drehte ich mich zur Seite und schaute auf mein Handy.

Joey: Bock was zu machen? Hab seit du aus dem Krankenhaus rausgekommen bist gar nichts von dir gehört.

Stimmt, ich hatte mich bei Joey und den Anderen gar nicht mehr gemeldet. Sie machten sich bestimmt Sorgen.

Kostas: Klar. Wie spät?

Vermutlich schlief Joey noch und ich konnte die Nachricht erst ein paar Stunden später erwarten. Deshalb ging ich erstmal in die Küche und machte mir etwas zu Essen. 
"Du bist schon wach?", fragte Mom verwirrt als sie in die Küche trat.
"Ja.", antwortete ich nur knapp und holte das Müsli aus der Schüssel.
Ich hielt ihr jetzt mal nicht vor, dass sie Schuld ist, weil sie um 10 Uhr am Staubsaugen ist.
"Guten Morgen, ihr Beiden.", begrüßte mein Vater uns.
Ich warf ihm nur einen neutralen Blick zu und widmete mich dann wieder meinem Essen.
"Musst du nicht arbeiten?", fragte ich ihn.
"Doch, aber ich fange heute später an."
"Ahja, was ist das denn für eine Arbeit, dass du dir das aussuchen darfst?"
"Das sind Gleitzeiten, Kostas."
Gleitzeiten am Arsch. Ich kann ihm das nicht abkaufen. Keine Ahnung warum. Eigentlich stimmte daran alles. Er ging zur Arbeit, kam 8 Stunden später nach Hause und tatsächlich hatten wir auch etwas mehr Geld. Aber in mir war ein ganz komisches Gefühl, dass da irgendwas nicht stimmte. Ich glaube diese Fähigkeit hatte ich von Oma geerbt. 
"Wie läuft es, denn so bei dir und Mik?", fragte mein Vater mich.
"Gut. Wie sollte es sonst laufen. Als ob von jetzt auf gleich irgendwas passiert ist."
"Um Gottes Willen, das hoffe ich nicht. Ich frage nur nach. Und wenn ich ehrlich bin würde ich ihn auch gerne mal kennenlernen."
Alter, wann hörte diese dumme Frage endlich mal auf.
"Ja, klar.", sagte ich ironisch.
"Kostas, komm schon. Wir wollen doch sehen wer dich so glücklich macht."
"Mhm."
Ich werde Mik bestimmt nicht auch noch mit meiner Familie belasten. 
Zu meiner eigenen Verwunderung hatte Joey mir bereits geantwortet. Wow, dabei war es erst kurz nach 10.

Joey: Wenn du um 12 Uhr da bist, kannst du noch Mittagessen kriegen.

Kostas: Alter, warum bist du wach?

Joey: Frag ich mich auch. Aber kannst so vorbeikommen, wenn du Bock hast. Du weißt ja, Tür steht für dich immer offen. Außerdem hast du wahrscheinlich nicht so Bock noch bis 12 bei deinen Eltern zu hocken.

Kostas: Du kennst mich zu gut.

"Ich werde gleich mal los zu Joey gehen."
"Brauchst du das Auto mit?", fragte meine Mom mich.
"Ne, das kann ich auch laufend machen. Ist ja nicht weit."
Hab ich beim letzten Mal auch gedacht und wäre dabei fast draufgegangen.

Kostas Mom

"Bin dann weg!", rief Kostas.
Ich ging schnell in den Flur um ihn zu verabschieden, doch er hatte die Tür bereits zu gemacht. Ich seufzte. War ja nicht neues. Ich wollte ihm nur Tschüss sagen, weil ich nie weiß wann ich ihn das nächste Mal wiedersehen werde. Es war ja schön, dass er so viel mit seinen Freunden machte, aber ich hatte das Gefühl, dass er uns dabei ganz vergaß. Ich ging zurück in die Küche und wusch weiter das Geschirr ab.
"Kostas ist immer noch sehr misstrauisch."
Ich schluckte schwer und mein Herz fing an zu hämmern. 
"Ich weiß. Aber es hat sich verbessert. Er akzeptiert dich schon mehr. Ich muss nur nochmal mit ihm reden."
Er lachte nur.
"Nochmal mit ihm reden. Ich kann es nicht mehr hören!", schrie er mich an. "Wie oft willst du das noch machen?! Der Junge hat seinen eigenen Kopf und vertraut mir immer noch nicht. Und das ist deine Schuld! Weil du es nicht hinkriegst ihn zu erziehen."
"J-ja. Du hast Recht. E-es tut mir leid."
"Schau mich an!"
Ich drehte mich langsam um und merkte wie meine Beine anfingen zu zittern. 
"Es ist jedes Mal das Gleiche!" Werner kam immer näher.
"Du schaffst es jetzt gefälligst diesen Jungen unter Kontrolle zu kriegen!"
"J-ja, mache ich."
"Das sagst du jedes Mal! Immer! Und nie hat es geklappt!"
Werner holte aus und schlug mir mit der flachen Hand gegen die Wange. Seine andere Hand hatte er um mein Handgelenk gelegt und drückte zu. Ich schluckte meine Tränen weg.
"Wenn er mir nicht bald vertraut dann wirst du die Schuld dafür tragen!"
Er nahm mir den Teller aus der Hand und warf ihn zu Boden, sodass er zerbrach.
"Ich will doch nur, dass wir eine Familie sind. Das verstehst du doch oder?", sagte er mit zarter Stimme.
"Ja, ich will das auch."
"Na siehst du. Hey, wir schaffen das schon wieder, ja? Wir werden eine Familie sein. Ich tue das alles doch nur, weil ich dich liebe." Sein Griff wurde immer fester und ich wusste dort würde ein blauer Fleck entstehen.
"Ich liebe dich auch."
"Ich werde jetzt zur Arbeit gehen. Bis später." Bevor er ging gab er mir noch einen Kuss auf die Wange und ging dann aus der Küche. 
Mit langsamen Schritten lief auch ich aus der Küche und holte den Handbesen um die Scherben aufzufegen. 
Ich fühlte mich einfach nicht sicher, wenn Kostas nicht hier war. Wenn Kostas da ist würde mir Werner niemals etwas tun. Er weiß, dass Kostas sofort die Polizei rief. Doch Kostas hatte keine Lust auf unsere Familie. Ich verstand das. Es lag alles an mir. Ich war so kaputt und ich zerstörte auch unsere Bindung. Ich dachte mit dem Camp würde alles besser werden.
Eine kleine Träne lief mir über die Wange. Ich weinte nur, wenn ich alleine war damit keiner einen Verdacht schöpfte wie es mir ging. Alles was ich mir wünschte war eigentlich nur, dass Kostas nicht so abweisend war. So gerne wie ich ihm erzählen würde was Werner mir antat, ich konnte es nicht. Dann wäre Werner wieder weg und es würde niemals besser werden. Wenn Kostas ihm nur vertrauen würde, dann würde vielleicht einiges wieder normal werden.
Den restlichen Tag über versuchte ich mich so gut es ging mit der Hausarbeit abzulenken. 
Werner schrieb im Laufe des Tages, dass er später heim kommen würde und wir schon mal essen sollten. Also bereitete ich das Essen vor, sodass es fertig war, wenn Kostas kam. Falls er kam. 
Doch als ich hörte wie die Tür aufgeschlossen wurde, wuchs meine Hoffnung, dass es Kostas war.
"Hey, das Essen ist fertig.", sagte ich zu Kostas.
"Hab keinen Hunger.", sagte er und ging die Treppen hoch.
"Kostas, warte kurz." 
Ich ging ihm hinterher.
"Mom, nicht jetzt!"
"Bitte, du musst doch was Essen."
Ich erreichte gerade das Zimmer und wollte die Tür aufstoßen, welche nur angelehnt war, als er mir diese vor der Nase zu schlug. Meine Hand ging langsam zur Türklinge, doch ich zog sie schnell wieder.
Er wollte alleine sein. Das war okay. Sein Zimmer war sein Zufluchtsort, ich wollte ihn nicht stören. 
Seufzend setzte ich mich an den Essenstisch und schaute mir den Auflauf an. Erneut hatte ich zu viel gekocht. Es passierte fast täglich. Denn Werner und Kostas waren meistens nicht zum Abendessen zuhause. 
Also aß ich erneut ganz alleine.

Together we're strongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt