Wir müssen reden

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Kostas

Die Dame am Empfang brachte mich zu dem Zimmer von dem Therapeuten.
"Schön, dass Sie so schnell kommen konnten. Ähmm duzen oder siezen?"
"Duzen.", antwortete ich ihm.
"Alles klar. Dann setz dich. Also, ich habe mit Mik über dich geredet. Ihr wart mal für eine kurze Zeit zusammen, richtig?"
Ich nickte nur. Was soll das hier werden? Ich fühlte mich irgendwie total unwohl. Man ich wollte einfach nur wissen ob es Mik gut ging.
"Wenn ich mit Mik über dich geredet habe, hatte ich das Gefühl, dass er dich vermisst. Ich habe auch mit seinen beiden engsten Freunden geredet und sie denken auch, dass er dich vermisst. Sie haben gesagt, dass du ihm gut getan hast. Deswegen habe ich mit seinen Freunden abgemacht, dass wir dir erzählen, dass er hier ist."
Eigentlich wusste ich ja bereits, dass er hier war, aber das sagte ich ihm erstmal nicht.
"Ich habe das Gefühl, dass ihr euch noch nicht ausgesprochen habt. Vielleicht rettet das nicht eure Beziehung, aber es könnte für Miks Therapie ein Erfolg sein. Also, wenn du damit einverstanden bist, würde ich dich jetzt zu Mik bringen."
"Ja, gerne.", sagte ich so ruhig wie möglich und versuchte mir nicht anmerken zu lassen wie aufgeregt ich war.
Ich fühlte mich wie ein kleiner Junge bei seinem ersten Schultag. Das war irgendwie peinlich. Aber ich hatte Mik so lange nicht gesehen und ich vermisste ihn wirklich. Er mich wahrscheinlich nicht, doch das lag auch daran, dass ich die Wahrheit kannte.
Theodor stand auf und führte mich durch einen langen Flur. Dabei trafen wir auf andere Patienten, welche Theodor und mich begrüßten. An sich sah es so aus, als würden sie sich hier alle wohlfühlen. Und ich hoffte, dass es bei Mik genauso war. Also auf jeden Fall geht es ihm hier besser als zuhause. 
"Er weiß übrigens nicht, dass du kommst.", sagte Theodor, bevor er an Miks Tür klopfte.
Als eine Antwort kam, öffnete Theodor langsam die Tür.
"Hey, alles klar bei dir?"
"Joa."
"Hier ist Besuch für dich."
Theodor öffnete noch ein Stück weiter die Tür, sodass ich eintreten konnte.
"Hey.", begrüßte ich ihn.
"Warum?", fragte Mik an Theodor gewandt, dabei beachtete er mich nicht weiter.
"Ich denke, ihr solltet nochmal miteinander reden."
"Nein.", sagte Mik. "Ich hab ihm nichts zu sagen."
"Ich dir aber..."
"Mik, gib ihm eine Chance. Wenn du willst, bleib ich auch hier."
Zum ersten Mal, seit ich in diesem Zimmer stehe schaute er mich an.
"Nein, ist okay Theodor. Du kannst gehen."
"Okay. Ihr wisst ja sonst wo ihr mich findet."
Und mit diesen Worten ging er aus dem Zimmer.
"Ich hab gestern erst mein Handy wiederbekommen, deswegen habe ich deine Nachrichten so spät gelesen. Ich hab dir nicht geantwortet, weil ich kein Bock auf dich hatte. Aber Beni hat mir bereits erzählt, dass du mit mir reden willst. Hätte nicht gedacht, dass du herkommst."
"Ich auch nicht. Theodor hat mich angerufen."
"Woher hat er deine Nummer?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht von Mary oder so?"
"Möglich."
Mik setzte sich im Schneidersitz auf sein Bett und deutete mir mit einer Handbewegung mich gegenüber von ihm hinzusetzen, was ich auch tat.
"Also?", fragte er abwartend.
Ich wusste gar nicht wo ich anfangen sollte. Eigentlich würde ich am Liebsten mehr über seine jetzige Situation wissen. Warum war er hier? Was war passiert? Wie konnte ich ihm helfen?
"Diese Nachrichten die du von mir bekommen hast, die habe ich dir nicht geschrieben."
Mik schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
"Und wer dann?"
"Das war Casper. Warte... Ich kann es dir zeigen."
Ich holte mein Handy raus und ging auf den Chat von Mik und mir. Dann gab ich ihm mein Handy und er las sich die Nachrichten durch.
"Aber.... Das hab ich dir nicht geschrieben. Ich hatte nichts mit Casper als wir zusammen waren..."
"Ich weiß. Casper hat sich in unsere Handy gehackt und uns diese Nachrichten geschrieben, er wollte, dass wir Schluss machen."
"Warum...? Ich dachte es ging ihm nur um das Geld."
"Am Anfang schon. Doch dann kam mein Dad."
"Was?"
Ich erzählte ihm die ganze Geschichte von Anfang an. Dass mein Dad meine Mom schlug, was ich bei ihm im Büro gefunden hatte und so weiter. Dabei hörte er mir Aufmerksam zu und klebte an meinen Lippen.
"... und deswegen wollte ich die ganze Zeit mit dir reden.", beendete ich meine Geschichte.
Miks Augen wanderten abwechselnd von meinen Lippen zu meinen Augen. Er sagte jedoch gar nichts. Für ein paar Sekunden, saßen wir still und schweigend da.
Bis Mik sich plötzlich bewegte und mich umarmte. Er legte seine Arme um meinen Nacken und seinen Kopf auf meiner Schulter ab. 
Erst war ich etwas überrumpelt von seiner Geste. Doch ich fing mich schnell wieder und legte meine Arme um seine Hüften.
"Tut mir leid...", flüsterte Mik in mein Ohr. "Ich hätte dir eher zuhören sollen..."
"Ist okay. Ich bin froh, dass wir das geklärt haben."
Bevor Mik sich von mir löste gab er mir einen ganz leichten Kuss auf die Wange. Eine Gänsehaut durchfuhr mich.
"Und wie geht es dir jetzt damit?", fragte Mik mich dann.
Ich zuckte nur mit den Schultern.
"Ich weiß es selbst nicht. Ich versuche jeden Tag irgendeinen kleinen Beweis zu finden, damit mein Vater wieder ins Gefängnis kommt."
"Aber den hast du doch. Er hat dich in diesem Haus eingeschlossen. Er hätte dich fast umgebracht."
"Schon, aber er hat diese Beweise bereits vernichtet. Wenn mein Dad eines gut kann, dann ist es die Sachen so drehen, dass sie gut für ihn stehen."
"Also muss die Polizei ihn sozusagen auf frischer Tat ertappen."
"Richtig. Und er schlägt meine Mutter nicht, wenn ich auch im Haus bin."
Mik nahm meine Hände in seine.
"Hey, ich will, dass du weißt, dass ich für dich da bin."
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
"Ja, das weiß ich."
Ich schaute auf unsere Hände und sah an Miks Handgelenken tiefe Narben.
"Mik...was... was ist das?"
Ich hatte schon eine Befürchtung war das sein konnte, doch ich wollte es von ihm hören und hoffte, dass er meine Befürchtung nicht bestätigte. Es fiel Mik wirklich schwer über dieses Thema zu reden.
"Wenn du nicht darüber reden willst, dann ist das okay."
"Nein, ich will, dass du das weißt. Als wir uns getrennt haben... Naja, das fiel mir wirklich schwer. Ich dachte, dass du mir nicht vertraust und dich bei mir nicht sicher fühlst. Weißt du Kostas, du warst immer der Einzige, der mich von meiner Familie ablenken konnte. Bei dir konnte ich vergessen wie scheiße meine Eltern eigentlich sind. Als du dann weg warst stieg mir irgendwie alles zu Kopf... Ich hab keinen anderen Ausweg gesehen..."
Eine kleine Träne rollte über Miks Wange. Ich strich sie mit meinem Daumen weg.
"Jetzt bin ich wieder da. Und ich werde nicht mehr so schnell gehen."
"Danke. Hey, wenn alles gut läuft kann ich in drei Tagen entlassen werden. Holst du mich ab?"
"Nichts lieber als das."
Es klopfte an der Tür und Theodor steckte den Kopf durch die Tür.
"Hey, ihr Beiden. Alles gut?"
"Ja, alles super.", antwortete Mik.
"Ich will euch ja wirklich nicht stören, aber Mik, die Sitzung beginnt gleich und ich würde gerne wollen, dass du dabei bist."
"Ja, klar. Ich komme gleich."
Theodor schenkte uns noch ein Lächeln bevor er wieder die Tür schloss.
"Dann geh ich mal. Ich bin froh, dass wir geredet haben."
"Ja, fand ich auch.", meinte Mik.
Ich drehte mich um und wollte gerade zur Türklinge greifen als Mik mich am Handgelenk packte und zurück zog. Verwirrt drehte mich um, das nutzte er um mich gegen die Tür zu schubsen.
Im nächsten Moment lagen seine Lippen auf meinen. Er küsste mich immer verlangender. Ich legte meine Hände auf seinen Hüften und erwiderte den Kuss.
"Okay, ich muss wirklich los.", sagte Mik atemlos. "Aber... wir werden das hier fortführen." Den letzten Satz flüsterte er und strich dabei mit seinem Zeigefinger über meine Unterlippe.
Er gab mir noch einen letzten kleinen Kuss bevor ich dann verschwand.

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