Verpiss dich, Kostas

47 2 0
                                    

Mik

Den ganzen Tag saß ich schon alleine in dem Haus. Mary war noch arbeiten, wollte dann aber vorbeikommen und mich vom Liebeskummer ablenken. 
Ich konnte einfach immer noch nicht glauben, dass Kostas so ein Arschloch war. Ich habe so viel für ihn getan. Scheiße, ich würde mein Leben vor seines Stellen, wenn es soweit kommen würde. Ich konnte es einfach nicht glauben, dass er sich bei mir wirklich nicht sicher fühlte. Dass er mir nicht vertraute. Dabei habe ich ihm soviel anvertraut. Ich habe so viel für ihn getan.
Ich sah wie ein Auto auf die Auffahrt fuhr und schaute auf die Uhr. Mary hatte doch noch gar nicht frei. 
Doch als die Lichter vom Auto ausgingen sah ich wer das war. Kostas. Oh nein, der kam mir hier nicht mehr rein. Wütend lief ich nach draußen.
"Verpiss dich hier.", rief ich ihm zu.
"Mik, bitte ich muss dir was erklären."
"Nein. Das Einzige was du musst ist von hier zu verschwinden."
"Mik, das ist alles Caspers Schuld. Ich-"
"Dein Ernst?! Was willst du jetzt? Es geht hier nicht um Casper, Kostas! Die Nachrichten waren ganz klar. Jetzt verpiss dich."
"Mik, egal was ich dir geschrieben hab, das war-"
"Halt die Fresse! Ich kann es nicht mehr hören! Lass Casper aus dem ganzen Scheiß einfach raus. Er hat nichts damit zu tun was zwischen uns ist."
Kostas schüttelte langsam den Kopf.
"Es stimmt also.", sagte er leise.
Wahrscheinlich mehr zu sich selbst als zu mir.
"Du beschützt Casper. War ja klar, ich hätte es von Anfang an wissen müssen. Ich hatte noch ein wenig Hoffnung in uns beide, aber diese Hoffnung hast du so eben zerstört."
"Okay, mir scheiß egal was du da gerade laberst oder auf was für einen Trip du bist, aber jetzt verpiss dich endlich!"
"Du bist so ein dreckiges Arschloch.", sagte er leise und kam bedrohlich auf mich zu. "Hätte ich all das eher gewusst, hätte ich mich niemals auf dich eingelassen. Du bist so widerlich."
Bei jedem Satz kam Kostas mir ein Stück näher und plötzlich blieb die Zeit kurz stehen.

"Du bist so widerlich! Widerlich! Sieh dich an!", schrie mein Vater mich an. "Nichts kriegst du geschissen! Du solltest nur das Bier mitbringen! Und jetzt bringst du hier so ein ekelhaftes Gesöff mit!"
Bei jedem Satz kam er mir ein Stück näher.
"Hast dich bestimmt von dem Kassierer ablenken lassen, was? Schau dich an, du ekelhaftes Stück!"
Er spuckte mir auf die Schuhe, weswegen ich angewidert die Nase hochzog. 
"Junge! Schau mich an, wenn ich mit dir rede!"
Er packte mich am Hals und drückte zu.
"Schau dich nur an du ekelhaftes Stück."
Dann holte er aus und schlug mir mit der Faust gegen die Wange.
"Jetzt gehst du los und holst das richtige Bier! Und bete, dass du dieses Gesöff hier umtauschen kannst. Denn von uns kriegst du kein Geld!"

Ich erwachte wieder aus meiner Trance auf und schubste Kostas von mir weg.
"Geh einfach! Geh mir aus den Augen!"
Ich drehte mich von ihm weg und spürte wie sich Tränen in meinen Augen bildeten und ich fing an zu zittern.
"Dreckiges Stück Scheiße.", sagte Kostas. 
Ich drehte mich nicht zu ihm. Er sollte nicht sehen, dass ich Tränen in den Augen hatte.
Ich hörte wie er die Autotür schloss und das Auto startete. Das reichte mir um zu wissen, dass er wegfuhr. Ich ging wieder ins Haus und setzte mich auf das Sofa. Dann fing ich an zu weinen. Aber nicht nur wegen Kostas. Sondern auch, wegen dem Rückblick. Das wurde mir gerade alles einfach zu viel. Kostas war der Einzige der mich von meinen Gedanken ablenken konnte. Die Gedanken die mich dazu brachten mich selbst zu verletzen. Er schaffte es irgendwie jedes Mal mich in eine andere Welt zu führen. In eine besser Welt. Eine Welt ohne Schmerzen. Keine Ahnung ob er es bewusst oder unbewusst getan hatte. Aber das war auch egal. Er hatte es geschafft.
Ich schaute auf das Feuerzeug auf dem Tisch. Nein, Mik bleib stark. Du musst das nicht tun. Du bist auch ohne Kostas stark.

"Ich würde wirklich alles für dich tun und ich will, dass du das weißt. Egal, was passiert, ich werde immer für dich da sein. Auch, wenn ich gerade vielleicht nicht in der Nähe bin oder du denkst, dass jetzt alles vorbei sein wird. Ich werde immer da sein."
"Ich weiß Mik. Und du kannst auch immer auf mich zählen."

"Du bist nicht unser Sohn!"
"Nichts kriegst du geschissen!"
"Schau dich an, würde mich nicht wundern, wenn du in der Schule gemobbt wirst. Das hättest du echt verdient!"

Ich schaute in die Flamme des Feuerzeuges und hielt sie unter mein Arm.

"Lange mach ich diese Job nicht mehr.", sagte Mary genervt und kam mit mehreren Flaschen Alkohol unter dem Arm rein.
Sofort schmiss ich das Feuerzeug neben mich und hielt mir die warme Stelle am Arm.
"Alles gut?", fragte sie mich und stellte den Alkohol auf den Tisch.
Ich nickte nur und hoffte, dass sie mich dabei nicht erwischt hatte.
"Moin!", begrüßte uns Beni, welcher gerade durch die Tür spazierte. 
"Hab gehört, dass es hier Alkohol gibt?"
"Ich hoffe es war okay, dass ich ein paar Leute eingeladen habe? Wir alle zusammen können dich bestimmt besser ablenken, als ich dich alleine."
"Das ist ne gute Idee gewesen.", meinte ich lächelnd zu Mary.
"Ey, Beni, was machst du denn hier?", begrüßte Christian uns.
Thea kam gleich hinter ihm rein.
"Tja, weißt ja wie das so ist. Mik rief mich heute morgen um 5 Uhr an und meinte, dass ich heute Abend auch kommen muss. Bin dann erstmal mit nem doppelten Rückwärtssalto aus dem Bett gefallen und musste mit einem Helikopter ins Krankenhaus geflogen werden."
"Also so langsam übertreibst du.", meinte ich zu Beni.
"Was soll das eigentlich immer?", fragte Mary.
"Lange Geschichte.", sagten Christian, Beni und ich gleichzeitig.
"Aber jetzt erzähl mal warum du deinen Job nicht mehr lange machst? Was war los bei der Arbeit?", fragte ich Mary.
"Passt auf. Dann kommt der Rettungswagen mit nem stockdementen Patienten, der nicht mehr reden konnte. Eigentlich lebt der in so einem Altenheim wo er sozusagen "eingesperrt" ist, weil er sonst immer weglaufen würde. Alle fünf Minuten ist er dann über das Bettgitter geklettert und zu den Spritzen und Nadeln gegangen. Wir haben ihn dann zurück ins Bett gebracht kommt er mir plötzlich auf dem Flur entgegen! Da wir nicht viel zu tun hatten, musste die ganze Zeit einer auf ihn babysitten damit er sich nicht noch aus Versehen selbst verletzt. Also hat meine Kollegin sich an ein Ende des Flurs gesetzt und ich ans Andere. Und er ist immer wider hin und her gelaufen. Bis dann gerade, endlich die Nachtschicht kam und uns abgelöst hat.
Der war ja nicht aggressiv oder so, aber es ist echt anstrengend mit so einem Patienten.
Größten Respekt an alle die jeden Tag mit dementen Leuten zu tun haben. Ich wäre dafür nicht gemacht."

Together we're strongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt