Mary
"Ich krieg ja so schlecht Luft."
"Mhm... Dann bleiben Sie doch jetzt im Bett sitzen, lassen Sie den Sauerstoff angeschlossen und laufen nicht die ganze Zeit über den Flur."
"Ja, aber das dauert alles so lange."
"Daran kann ich nichts ändern. Wir müssen warten bis Ihre Blutwerte da sind."
"Wie lange dauert das, denn noch?"
"Vielleicht 30 Minuten oder so. Dann geht's weiter. Bleiben Sie nun erstmal hier im Bett liegen."
Genervt ging ich aus dem Zimmer der Patientin. Wenn ich mit 90 Jahren noch so fit bin, bin ich wirklich dankbar. Wenn ich aber so viel Meckern werde, hoffe ich, dass man mich irgendwo isoliert. Das war schon wieder einer dieser Tage an denen ich mich frage wie viele Menschen in dieser Stadt eigentlich leben und warum sie alle ausgerechnet in dieses Krankenhaus kamen.
Und um den Tag noch besser zu machen, hörte ich aus dem Aufenthaltsraum wie der Pieper ging. Der Pieper macht einen so hässlich hohen Ton, nur um uns mittzuteilen, dass ein Rettungswagen auf dem Weg hierher ist. Kurz danach geht nochmal ein etwas dunklerer Ton auf einem großen Monitor los, welcher uns auch nochmal sagt, dass ein Rettungswagen kommt. Auf dem Monitor steht dann aber auch noch drauf weswegen der Rettungswagen kommt. Ich lief an einem Patientenzimmer vorbei und sah, dass der alte Herr gerade versucht aus dem Bett raus zu klettern.
"Hallo? Bleiben Sie bitte ehm im Bett liegen?"
"Ich muss nach Hause."
"Ja, können Sie auch gleich. Der Arzt muss sie gleich nur nochmal angucken."
"Aber ich will schlafen."
"Okay, ich hab ne Idee. Sie schlafen hier noch kurz und dann gehen Sie nach Hause."
"Aber ich muss nach Hause."
"Können Sie auch. Aber davor müssen Sie sich noch bei uns ausruhen, okay?"
Ich gab dem Patienten die Decke wieder, welche er bereits runtergeworfen hat und deckte ihn wieder zu.
Meinen größten Respekt für alle Leute die jeden Tag mit dementen Patienten zusammen arbeiten. Auf dem Weg zum Arztzimmer in welchem der Monitor hängt sah ich, wie die Patientin welche "keine Luft" bekam schon wieder über den Flur lief. Ich verdrehte nur die Augen und ließ sie weiter laufen. Sie tat ja niemandem was. Außer meinen Nerven.
"Was ist angemeldet?", fragte ich meine Kollegin, welche auch vor dem Monitor stand.
"Rauchintoxikation."
Rauchvergiftung. Geil.
"Sind in zehn Minuten da. Dann würd ich sagen, solange machen wir noch ehm ne Pause.", schlug sie vor.
"Das ist ne gute Idee."
Wir setzten uns in den Aufenthaltsraum, wo auch unsere andere Kollegin saß.
"Sagt mal, was hat die Patientin in Zimmer 4 vor? Ist sie gerade dabei zu sterben?"
"Ich glaub schon.", meinte ich.
"Kein Wunder. Die arme Frau ist 99. Was will sie noch im Krankenhaus? Die ist stockdement, kann sich nicht mehr äußern. Und dann schickt das Altenheim sie mit ner Allgemeinverschlechterung ins Krankenhaus. Was erwarten die denn? Die Frau ist 99. Die darf sich verschlechtern."
"Was hat die Rettung angemeldet? Ist das für uns?", fragte meine andere Kollegin.
"Rauchintox.", meinte ich.
"Ich mach den Gips.", meinte meine Kollegin.
"Dann nehmen wir zusammen die Rauchintox auf.", sagte ich.
Wir frühstückten noch kurz, bis wir auch schon Schlüssel klingeln hörten und wussten, dass die Rettung da war. Ich ging mit meiner Kollegin raus. Der Arzt war bereits da und hörte sich die Übergabe des Rettungsdienstes an. Ich blieb etwas weiter hinten stehen, sodass ich den Patienten nicht sah und hörte mir die Übergabe weiter mit an.
"...seine Freunde haben angerufen. Sie standen vor nem brennenden Haus. Keiner konnte oder wollte uns sagen, was da passiert ist. Er war total dehydriert. Wir haben ihm jetzt ne 1000ml Ringer angehangen. Zwischendurch ist er immer mal wieder ansprechbar. Sättigung ist mit 6 Litern bei 91%, steigt aber langsam wieder an."
"Geht in Überwachung 6 mit ihm.", sagte ich.
Die Rettungssanitäter nickten und fuhren mit der Trage an mir vorbei. Dabei konnte ich kurz einen Blick auf den Patienten erhaschen. Moment! War das etwa... Nein.
"Wie heißt der Patient?", fragte ich den Arzt.
Doch bevor dieser mir antwortet, hatte ich ihm die Unterlagen schon aus der Hand gerissen.
"Scheiße...", sagte ich leise und merkte wie meine Hände anfingen zu zittern.
"Kennst du ihn?", fragte meine Kollegin.
"Ein Freund.", brachte ich nur hervor.
"Mist. Ich kann ihn auch alleine aufnehmen, dann musst du nicht dabei sein."
"Ne, ich helfe dir. Ich glaub es ist ganz gut, wenn jemand da ist, den er kennt."
Und so gingen wir zusammen zu Kostas. Während meine Kollegin ihm einen Zugang legte und Blut abnahm, schrieb ich ein EKG. Kostas war wieder weggetreten. Er sah total mitgenommen aus.
Nach ein paar Minuten waren wir soweit mit unseren Sachen durch.
"Mary.", meinte meine Kollegin. "Wir haben ja grad nicht so viel und gleich kommt der Mitteldienst auch. Bleib doch bei ihm, dann ist er nicht so alleine und dir geht es auch besser, wenn du bei ihm bist. Wenn irgendwas dramatisches ist, holen wir dich."
"Ehrlich?"
"Klar, bleib einfach hier."
Ich nickte, schnappte mir einen Hocker und setzte mich neben Kostas. Ich nahm seine Hand und strich über diese. Dabei sah ich, dass seine Handgelenke kaputt sind und bluten. Ich schaute ihn mir von oben bis unten an und sah nun auch, dass sein Oberarm voller Schnitte ist.
"Was haben sie dir nur angetan?", flüsterte ich ihm zu.
Ich schaute auf seinen Monitor und sah, dass sein Herzschlag gleichmäßig ging. Sein Blutdruck war zwar etwas hoch, jedoch nichts worum man sich Sorgen machen müsste.
"Hey, da bist du ja.", sagte ich erleichtert, als Kostas die Augen aufmachte.
"Keine Sorge, dir wird es bald besser gehen. Hast du Schmerzen?"
Kostas nickte kurz und ich sah wie er es ihn anstrengte.
"Okay, ich hab eine Idee. Ich misch dir jetzt einen geilen Cocktail und du atmest tief in die Sauerstoffmaske ein. Das hilft den Rauch aus den Lungen zu kriegen."
Er versuchte wieder zu nicken, aber es strengte ihn sehr an.
"Bin gleich wieder da.", sagte ich und ging ins Arztzimmer. Auf den Weg dahin, sah ich, dass Mik, Nils, Beni und die Anderen alle im Flur standen.
"Hey, Leute.", begrüßte ich sie.
"Wie geht es ihm?", fragte Mik.
"Keine Sorge. Alles in Ordnung. Er ist ab und an mal ansprechbar, aber die ganze Situation hat ihn total viel Kraft gekostet. Außerdem ist er sehr dehydriert, das kriegen wir aber auch alles wieder hin."
"Können wir zu ihm?", fragte Beni.
"Eigentlich nicht. Er liegt in einem Raum mit mehreren Patienten. Mik, ich mach für dich mal eine Ausnahme. Die letzte Tür auf der rechten Seite, Bett 6. Sag ihm kurz Hallo. Aber ihr anderen muss ich bitten draußen zu warten."
"Alles gut, ist okay.", sagte Thea. "Wir sind draußen Mik. Grüß Kostas von mir."
Zwei Rettungssanitäter tauchten hinter uns auf.
"Wollt ihr jemanden abholen?", fragte ich sie.
"Ja, ein Herr Thiele."
Ich hätte fast Luftsprünge gemacht.
"In Patientenzimmer 3. Er ist stock dement, versucht die ganze Zeit aus dem Bett zu kommen und will nach Hause. Krankentransportschein und seine Unterlagen bekommt ihr sofort."
"Alles klar, danke."
Ich spürte wie Thea eine Hand auf meine Schulter legte.
"Du machst das echt gut.", flüsterte sie zu mir und zwinkerte mir zu.
"Danke. Ich halt euch bei allem auf dem Laufenden."
Nun ging ich ins Arztzimmer und suchte den Internisten.
"Kann Kostas ne Ampulle Novalgin kriegen?"
"Ja, klar. Gib ihm mal 1000ml Ringer noch dazu. Und danach kann er zum Röntgen, um seine Lunge zu röntgen."
"Alles klar."
Und so machte ich mich auf den Weg Kostas einen Cocktail zu mischen.
Zurück im Überwachungszimmer stand Mik noch neben ihm.
"So Kostas, hier dein versprochener Cocktail."
Ich hängte ihm die neue Infusion an und wandte mich dann an Mik.
"Ich fahr ihn gleich zum Röntgen um zu schauen wie seine Lunge aussieht. Ich werde dir jedes kleinstes Detail schreiben."
"Danke Mary... Wenn er wach ist, sag ihm bitte, dass ich ihn liebe."
Ich lächelte Mik an und strich ihm beruhigend über den Arm.
"Glaub mir. Das weiß er."
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Together we're strong
FanfictionSie lernten sich in einem Camp für schwer erziehbare Jugendliche kennen. Schnell merkten sie, dass sie eines gemeinsamen haben: Sie beide haben eine kaputte Familie. Zurück in der Heimat versuchen sie zusammen die schwere Zeit durchzustehen. Doch d...