Realer Alptraum

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Kostas

Ich kaute angestrengt auf meinen Bleistift herum während ich mir zum dritten Mal das gleiche Gedicht durchlese. Beschissene Gedichtsanalyse. Wozu brauche ich diesen Scheiß später? Ich kenne keinen Beruf wo ich jemals denken werde: "Oh ja, jetzt muss ich unbedingt eine Gedichtsanalyse schreiben." 
Und dann auch noch in den Sommerferien.
Im ganzen Haus war es ruhig. Nur das Ticken der Uhr erfüllte den Raum. Ich schaute auf mein Handy und schon war meine Konzentration weg. Ich antwortete auf ein paar Nachrichten, scrollte ein wenig Insta durch und legte mein Handy dann wieder weg. Okay, ein letzter Versuch. Ich las mir den ersten Absatz des Gedichtes nochmal durch, doch das Ticken der Uhr war irgendwie interessanter. Plötzlich knallte es laut. Ich zuckte erschrocken zusammen. Das kam von unten? Was machte meine Mutter da?
"DU BIST SO DUMM!" 
Dad? Warum war er schon wieder von der Arbeit da? Jetzt hörte ich wie das Geschirr auf den Boden fiel und zerbrach. Sofort stand ich auf und lief nach unten. Doch ich blieb im Flur stehen und schaute heimlich in die Küche.
"SPAGEHTTI?! DAVON SOLL ICH SATT WERDEN?!", schrie Dad meine Mom an.
"Entschuldige... I-Ich hab noch deine Arbeitsklamotten gewaschen, da hatte ich keine Zeit-"
"IST MIR SCHEIß EGAL WOFÜR DU ZEIT HATTEST!"
"I-Ich mach dir etwas... anderes." 
Meine Mutter beugte sich runter um die Scherben aufzusammeln. Mein Vater kickte die Scherben zur Seite.
"Wie dumm bist du?", fragte er plötzlich ganz leise. "Du willst mir jetzt noch was zu Essen machen? HAST DU MAL AUFS TACHO GEGUCKT?!"
Meine Mutter stand langsam und mit zitternden Knien wieder auf.
"WENN DU MIR JETZT ETWAS ZU ESSEN MACHST, IST ES SCHON ABENDS!"
"O-Okay, Entschuldige. M-möchtest du die Spaghetti jetzt trotzdem ess-!"
Dann klatschte es. Mein Dad hatte Mom eine saftige Backpfeife gegeben. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich spürte wie meine Fingernägel sich in meine Handinnenflächen bohrten. 
Dann packte mein Vater meine Mutter am Handgelenk und zog sie zu ihm.
"Warum hab ich dich eigentlich geheiratet? Ich hab nie gemerkt, dass du so dumm bist."
Ich sah wie mein Vater wieder zum Schlag ausholte. Jetzt löste ich mich aus meiner Starre und rannte auf meinen Vater zu um ihn von meiner Mutter wegzuschubsen. 
"Lass sie in Ruhe!"
"Was willst du?! Geh weg! Das hier ist was für Erwachsene!"
"Ich hab dir gesagt, dass ich beim nächsten Mal die Polizei rufe!"
Mein Vater lachte nur. "Und was willst du ihnen sagen?"
"Dass du Mom schlägst!"
Mein Vater schaute grinsend zu meiner Mutter. "Stimmt das, Schatz?"
Meine Mutter schaute auf den Boden und schüttelte langsam den Kopf.
"Kostas, ist nur ein wenig eifersüchtig, weil er denkt, dass er nicht genug Aufmerksamkeit bekommt, richtig?"
"J-ja...", sagte meine Mutter zögerlich. 
Dann schaute mein Vater mich wieder an und funkelte mich wütend an. "Und jetzt geh wieder hoch auf dein Zimmer."
"Ich schwöre es dir. Fasst du sie nochmal an, werde ich die Polizei rufen..."

(...)

"Alter, ich schwöre dir, ich hab absolut kein Bock morgen auf-"
Ich unterbrach die Sprachnachricht. Hat grad unten jemand geschrien? Ein lautes Knallen ertönte. Sofort sprang ich auf und rannte in die Küche. Mein Vater stand wütend vor meiner Mutter. Neben ihm ein umgekippter Stuhl. Meine Mutter zitterte und weinte vor Angst. "Kleine Schlampe! Hast du Mal gesehen wie es hier aussieht?!", schrie Dad.
"Sie dich Mal an! Wunderst du dich nicht, warum ich dich nicht mehr anpacke?! BAH! Du bist einfach nur ekelig. Ich hol mir meine Befriedung viel lieber bei richtigen Frauen!"
Plötzlich holte er ein Messer raus und richtete dieses auf meine Mutter.
"Damit sollte ich dich Mal richtig Erziehen!"
Bevor er meiner Mutter irgendwas antun konnte, stellte ich mich vor meine Mutter und schubste Dad von ihr weg.
"VERPISS DICH!", schrie ich ihn an.
Erst danach realisierte ich was ich da getan hatte. Ich hatte ihn beleidigt und geschubst. Meinen eigenen Vater.
"KOSTAS! DAS IST EINE SACHE ZWISCHEN DEINER MUTTER UND MIR!"
"Ich hab dir gesagt, dass du sie nicht anfassen sollst!"
Bevor er etwas sagen konnte sprintete ich die Treppe hoch in mein Zimmer und wählte den Notruf.
"KOSTAS! KOMM SOFORT HIER HER!", schrie mein Vater.
Ich wusste dass, wenn ich jetzt nicht hörte würde er zu mir hoch kommen. Angespannt wartete ich, dass jemand von der anderen Seite abnahm.
"Polizei Notruf?"
Erleichtert atmete ich auf und erzählte dem Mann an der Leitung was passiert ist und wo ich wohne.
"Die Polizei ist bereits auf dem Weg zu Ihnen. Wenn sie sich in Gefahr befinden, schließen sie ihr Zimmer bitte ab. Ich bleibe dran."
"Nein. Schon okay. Er tut mir nichts. Sie können auflegen."
"Sind Sie sich sicher?"
"J-ja. Die Polizei ist ja schließlich schon unterwegs."
"Okay, wenn was ist, rufen Sie bitte wieder an."
"Danke.", sagte ich zum Schluss und legte auf.
Meine Tür wurde plötzlich aufgerissen und Dad stand wütend im Türrahmen.
"Hast du sie angerufen?" Die Stimme von meinem Vater klang ganz ruhig und er stellte die Frage, als würde man sie so auch ganz normal im Alltag stellen.
"Ich werde ihnen alles erzählen." Auch meine Stimme war ziemlich ruhig.
"Mach doch. Solange deine dumme Mutter nicht gegen mich aussagt, sind dir die Hände gebunden!"
"Hör auf so über die zu reden!"
Es klingelte an der Tür.
"Polizei! Machen Sie sofort die Tür auf!"
Ich rannte an meinem Vater vorbei, zur Haustür und öffnete diese. Mein Vater schritt langsam die Treppen hinunter.
"Es tut mir sehr leid, dass Sie jetzt angerückt sind. Mein Sohn ist mal wieder mit dem falschen Fuß aufgestanden und meint mir drohen zu müssen.", log mein Vater.
"Nein, das stimmt nicht. Er hat meine Mutter geschlagen und sie beschimpft."
"Okay, wir würden uns gerne selbst davon überzeugen.", meinte die Polizistin.
"Es ist wirklich alles in Ordnung.", sagte meine Mutter leise, welche nun auch im Flur stand.
"Ma'am, woher haben sie die blauen Flecke?", fragte die Polizistin und ging langsam auf meine Mutter zu.
"Oh, ich habe nur... ich bin vor ein paar Tagen hingefallen. Bei der Gartenarbeit."
"Reden wir doch mal unter vier Augen."
Die Polizistin ging mit meiner Mutter in die Küche.
"Ich werde sie IMMER unter Kontrolle haben.", flüsterte mein Vater mir zu.

Mit schnellem Atem und rasendem Herzen schreckte ich aus dem Schlaf hoch und war hellwach. Ich drehte mich zur Seite und schloss die Augen wieder. Doch ich fand keine Ruhe mehr. Ich nahm mir mein Handy und sah erst jetzt, dass es halb 3 nachts war. Als zweites sah ich, dass Mik mir geschrieben hatte.

Mik: Zuhause nervt es jetzt schön. Ich will lieber wieder zurück ins Camp.

Kostas: Geht mir genauso.

Schneller als gedacht kam eine Antwort von Mik.

Mik: Warum bist du noch wach? xD

Kostas: Hab scheiße geträumt. Warum bist du noch wach?

Mik: Kann nicht schlafen. Schick mir deine Adresse, ich komm vorbei.

Kostas: Jetzt? Es ist halb 3. Meine Mom killt mich.

Mik: Ich muss ja nicht reinkommen. Ich hol dich einfach ab und wir fahren ein bisschen rum. 

Together we're strongWo Geschichten leben. Entdecke jetzt