Kapitel 14

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„Cady", seufzte ich und legte kurz den Kopf in den Nacken. Der kurze Schwall der Genugtuung, dass dem Jungen da drüben das Lachen gehörig vergangen war, legte sich schnell wieder und pure Erleichterung machte sich in meinem Körper breit.
„Das ist Tays Freundin. Beruhig dich", began Hobi auf einmal, „Und stell auf laut", fügte Yoongi noch hinzu."

„Du sollst also der Junge sein, der mit Tay die Körper getauscht hatte", hörte man kurz darauf die Stimme meiner besten Freundin in ihrem wunderbaren Englisch.
„Was sagt sie?", wollte wenige Sekunden später Jimin wissen. „Du musst sie davon überzeugen, dass du nicht ich bist." Theoretisch hätte ich dem Jungen noch sagen können, wie er das anstellen könnte. Praktisch wartete ich jedoch einfach darauf, dass er sich selber etwas einfallen lassen würde.
„Das hat sie gesagt?", ging die Stimme aus dem Hörer sicher. „Nein, das sage ich dir." Nun war nicht ich diejenige von der man ein Seufzen hörte, sondern lediglich die Stimme meines rechtmäßigen Körpers.
„Ich nicht Tay", began Jimin auf einmal in brüchigem englisch. Innerlich musste ich mir ein Grinsen verkneifen, als er diesen Versuch in weiteren Sätzen fortsetzte. Spätestens jetzt hatte er wohl nichts mehr zu lachen - immerhin.

„Glaubst du mir jetzt?", wandte ich mich schließlich an Cady, sobald ich die Folter in meinem Zimmer für genug erachtete. „Sagen wir, ich glaube, dass das vor mir nicht du bist. Dafür kannst du zum einen zu schlecht schauspielern und zum anderen würdest du es nicht wagen, in diesem Haus auf Koreanisch herumzuquatschen." Erleichtert amtete ich aus. Nun hatte sich die Lage zumindest zu einer nicht mehr völlig hoffnungslosen Situation entwickelt. Namjoons irritierten Blick in meine Richtung blendete ich aus. Um seine Fragenbombardierung würde ich später zu einer Wahrscheinlichkeit, die die Fünfziger-Grenze weit überschritt sowieso nicht herumkommen.

„Cady, hast du eine Idee, wo mein Geldbeutel seien könnte?" Man konnte hören, wie das Handy an eine andere Person übergeben wurde. „Bei dir im Nachttisch ist er nicht?" „Ne, das hatten wir schon." Ich konnte mir die Andeutung eines Augenrollens nicht verkneifen. Jedoch unterbrach ich diese Aktion, kaum, dass ich ein unterdrücktes Kichern aus Kontaktlinsenrichtung hörte.
„Hast du's denn überhaupt aus deiner Jacke genommen?" Ich kniff meine Augen zusammen, wartete in der Schwärze allerdings vergeblich auf ein aufschlussreiches Bild. „Schau mal nach." Ich glaubte zu hören, dass sie mein Handy irgendwo ablegte. Jedenfalls beherrschten die gedämpfte Geräusche einer möglichen Suchaktion erneut den Hauptklang.
„Der Geldbeutel war da noch, aber dein Schlüssel fehlt", informierte mich wenig später die englische Stimme aus dem Handy. „Ist egal", zufrieden schloss ich meine Augen, „der könnte auch unten sein. Und so wichtig ist er jetzt gerade nicht." „Wann bekommt ihr hier nochmal Besuch?", fragte Cady weiter. „Soweit ich weiß, wollte Royston noch irgendwelche Psycho-Tests mir Georgia machen. Wegen ihrem IQ oder so. Ist auch egal. Jedenfalls kommt er dann in der Regel früher. Keine Ahnung, gegen neun, vielleicht. Oder halb zehn. Aber meistens ist Elionett oder Ruver schon mindestens eine Stunde früher im Haus unterwegs." „Dann sollten wir uns beeilen", murmelte meine Freundin vor sich hin. Kurz schielte ich in Richtung Wand, nur um festzustellen, dass sie mit dieser Aussage recht hatte. Die beiden Zeiger waren bereits kurz davor, zu einem einzelnen zu verschmelzen. Und zog ich von knapp null Uhr, die 17 dämlichen Stunden ab, so kam ich schnell zu dem Ergebnis, dass die beiden mit ihrer morgendlichen sieben tatsächlich abmarschieren sollten.

„Hast du alles?" An der Tatsache, wie langsam und deutlich das Mädchen auf einmal sprach, ging ich schwer davon aus, dass sie mit Jimin geredet hatte. Und als dieser mit einem vorsichtigen, englischen „Ja", antwortete, verfestigte sich diese Vermutung.
„Dann bring ich ihn zum Flughafen?", vergewisserte sich Cady nochmals, woraufhin sie eine Bestätigung meinerseits bekam.

„Kannst du uns noch einmal Jimin geben?" Nach einem vergewisserten Blick, dass ich fertig war, mischte sich Namjoon nochmal in das Gespräch ein, woraufhin das Handy erneut seinen Besitzer wechselte.
„Jimin?" „Hm?" „Du... du kriegst das hin, okay? Mach einfach das, was dir gesagt wird, verstanden?" „Hab' keine Wahl oder?" „Nicht wirklich." „Okay, dann- ach du scheiße!" „Was ist?!" Während die Stimme des Platinblonden bislang ruhig geblieben war, überschlug sie sich mit einem Mal buchstäblich.
„Sie... dieses Mädchen... Sie hat die Tasche genommen und ist damit einfach aus dem Fenster... Sie ist da einfach herausgeklettert." Anders, als die letzten Male, konnte ich Namjoons skeptischen Seitenblick dieses Mal nicht ignorieren. „Das ist einfacher, wenn niemand etwas mitkriegen soll", versuchte ich eine beruhigende und zugleich wahrheitsgemäße Erklärung zu finden, „Ich mach das oft, also gibt's da genug Zeugs, an dem du dich festhalten kannst. Cady hilft dir." „Aha." Die Stimme aus meinem Zimmer klang nicht begeistert, beschwerte sich glücklicherweise aber auch nicht.
„Okay", fügte er schließlich noch hinzu, „Bis... bis morgen dann, schätze ich." „Wenn irgendetwas ist, rufst du an", erinnerte ihn Blondie noch an seine Rettungsleine, bevor sich auch die restlichen Jungs verabschiedeten und die Verbindung auf Eis gelegt wurde.

Niemand sagte etwas. Dieser gesamte abscheuliche Körper fühlte sich müde an. Und das lag nicht nur an der mittlerweile recht späten Uhrzeit. Der Tag war anstrengend gewesen. Mehr für Geist, als für Körper. Dennoch spürte man es. Nicht nur bei mir. Auch der Rest unserer Versammlung blickte erschöpft drein.

„Tay", ergriff wie so oft Namjoon das Wort, „Gibt es irgendetwas bei dir zu Hause, was wir angesichts des Ganzen hier wissen sollten?" Ich hatte alle Augen auf mir liegen. Ich hatte ja bereits damit gerechnet, dass mich nach diesem Telefonat noch Fragen erwarten würden. Lust auf diese hatte ich dennoch nicht.
Ich schüttelte den Kopf. „Keine Sorge, da ist nichts, was eurem Freund schaden könnte." Es war nicht einmal gelogen. Hätte er weiter so viel Krach gemacht und somit Elionett, Georgia oder am besten noch ihren Vater aufgeweckt, würde ich die Aussage überdenken. So aber konnte ich mit reinem Gewissen sagen, dass Jimin nichts passieren konnte. Er würde einfach mit Cady durch die Stadt gehen, mit einem Bus zum Flughafen fahren und von dort aus nach Korea fliegen. Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.

„Und gibt es irgendetwas bei dir Zuhause, weswegen du dort Angst haben könntest?" Mein Blick schnellte erst hoch und traf dann direkt auf Yoongis. Ich konnte die Besorgnis in seinen Augen sehen. Er schien sich ziemlich sicher, zu sein, dass er recht hatte.
„Vor was sollte ich bitte Angst haben?" „Keine Ahnung. Es klang nur nicht so, als sei alles in Ordnung." Ich konnte nicht anders, als leise aufzulachen. Viele Gefühle bestimmten mich, wenn ich zuhause war. Doch Angst hatte ich wirklich schon lange nicht mehr gespürt. Dafür hatte ich sie zu effektiv aus meinem Gefühlsrepertuar getrieben.
„Ich hab definitiv keine Angst vor zuhause." „Sicher?" „Sicher." Das leichte Lächeln hatte meine Lippen wieder verlassen. Und offensichtlich reichte meine nun wieder herrschende Ernsthaftigkeit aus, um das Thema zu beenden.

Ich konnte erkennen, wie Namjoon und Jin kurz einen Blick austauschten, bevor letzterer das Wort ergriff. „Wir sollten wohl alle schlafen gehen", dann wandte er sich an mich, „Komm mit, ich zeig dir wo du schlafen kannst."
Der Rosahaarige und ich waren bereits aufgestanden, als Jungkook auf einmal noch etwas einfiel. „Sollte nicht jemand wach bleiben? Also, falls Jimin anruft?" „Das machen wir." Ehe jemand anderes die Nachtwache übernehmen konnte, hatte Yoongi schon sich und Namjoon dafür eingetragen. Ob dies zu einer Diskussion führte, bekam ich allerdings nicht mehr mit. Jin war bereits aus dem Raum und ich tat nichts anderes, als ihm zu folgen.

 Jin war bereits aus dem Raum und ich tat nichts anderes, als ihm zu folgen

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SWITCHED - Gefangen in einem fremden KörperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt