Kapitel 67

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Langsam und träge öffnete ich meine Augen. Es brauchte einen Moment, bis ich verstand, wie es seien konnte, dass meine Sicht durch einen spiegelnbden Strich durchbrochen wurde. Es war der Glastisch im Wohnzimmer der Jungs, welcher sich dreister Weise in mein Blickfeld geschoben hatte und nicht vor zu haben schien, aus diesem zu verschwinden. Und da auch ich keine Lust hatte, diesen Fehler in der Landschaft durch ein Aufsetzten meinerseits zu beheben, würde ich wohl vorerst mit dem Ausblick leben müssen.

Nach dem einstimmig akzeptierten Vorschlag - ich selbst ausgenommen - ich würde bleiben, bis ich gesund wäre, hatten die Jungs mich sprichwörtlich ans Sofa gefesselt. So, als ob ich aufspringen aus ausbrechen würde, sollten sie mich nur kurz aus den Augen lassen.
Und auch, wenn Jins Fürsorge sicherlich nett gemeint war, war mir die ständige Frage, ob ich etwas bräuchte recht schnell auf die Nerven gegangen. Deutlich angenehmer war da der jüngere, braunhaarige Koreaner gewesen. Die Wand aus Merkwürdigkeit zwichen Jungkook und mir schien nach dem Vorfall am Morgen wenigstens teilweise zu bröckeln. Jedenfalls hatte er immer wieder versucht, mir im Hintergrund ein Lächeln zuzuwerfen, welches nicht mehr den unangenehm gequälten Unterton mit sich führte, wie bislang.
Jimin hingegen war recht schnell abgezischt. Was anderes hatte ich aber auch ehrlich gesagt nicht von der Schnappschildkröte erwartet. Und spätestens, als der Orangehaarige mit einem „Ich-seh-alles-was-du-machst-Blick" im Türrahem erschienen war, bestätigte sich meine Vermutung, dass zwischen uns allles war, wie immer.
Ein Gutes hatte die Bemutterung der Prinzessin. Das Tabeletten-Thema geriet wenigstens für den restlichen Vormittag in den Hintergrund und so war ich nach der Infonachricht an Cady, dass ich doch noch nicht kommen würde, offensichtlichlich wieder eingedämmert.

„Oh, du bist wach." Aus der Richtung, in welcher ich die Tür vermutete, erklang eine Stimme, welche mit ihren Worten den nun zu sehenden Zustand in vollem Maße beschrieb. Dem unsichtbare, gefühlten Zustand entsprach er allerdings nur halbwegs und so brachte ich auch nicht mehr als ein Nicken heraus, als ich mich schläfrig aufrichtete.
Vom Türrahmen her nährte sich mir daraufhin ein blauer Wuschelkopf mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht, wobei sein restlicher Körper in einem Stapel aus Kartons verschwand.

Sobald Taehyung seine bunte Ladung auf dem Glastisch abgelegt hatte - wobei ich seine Handlung akribisch mit den Augen verfolgt hatte - setzte er sich mir gegenüber im Schneidersitz in den Sessel, was die Falten auf meiner Stirn nur vertiefte.
„Wie geht's dir?" Innerlich dachte ich über die Frage nach. Ich war müde. Sehr müde. Das Schwindelgefühl war weg, die Übelkeit hatte sich etwas gelegt. An Essen war dennoch nicht zu denken. Ich glaube, ich hatte noch Fieber. Meine Stirn fühlte sich jedenfalls so an. Vielleicht lag es aber auch nur an der Wärme zischen Sofa, Kissen und Decke.
Am Ende nickte ich einfach nur langsam.

„Nachdem du eingeschlafen bist, sind die anderen zum Entertainment gefahren. Aber wir wollten nicht, dass du alleine hier bist, wenn du aufwachst. Also dacht ich mir, ich leiste dir ein bisschen Gesellschaft." Es war meiner noch immer in den Muskeln hausenden Trägheit, die verhinderte, dass sich mein Gesichtsausdruck groß veränderte. Innerlich aber sank meine Stimmung bei jedem gesprochenen Wort. Und sie wurde auch nicht besser, als mein Gegenüber in seinem Schwall an Motivation den weiteren Tagesablauf erklärte. Sicherlich hatte Jimin sich vor Lachen kaum halten können, als er selbst gehört hatte, durch was für eine Folter ich durch musste.
„Jin hat den Befehl erlassen, du darfst das Sofa nicht verlassen. Aber dafür hab ich ganz viele Sachen geholt, mit denen wir die Zeit ganz schnell rumkriegen. Und ehe du dich versiehst, bist du schon wieder gesund."
Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf antworten sollte. Nicht nur, dass ich den restlichen Tag alleine mit der Nervensäge in einer Wohnung war, sie klebte die nächsten Stunden vermutlich auch direkt an mir. Wenn das nicht tolle Aussichten waren...

Mit einem entschlossenen Grinsen im Gesicht, dass ich die Idee, zu protestieren angesichts meiner Denkgeschwindigkeit seufzend aufgab, blickte mich Taehyung noch immer Hochmotiviert an.
„Was denn für Sachen?" Es war nicht so, dass ich sonderlich neugierig war, ich wollte lediglich einschätzen, wie schlimm es den Nachmittag über werden würde.
Erfreut darüber, dass ich nicht began, zu diskutieren, beugte sich der Koreaner zu seinem Boxenberg, um diesen auf dem Tisch auszubreiten. „Ich hab einfach mal geholt, was ich gefunden habe. Such dir aus, was du möchtest."
Hatte ich bislang meinen Blick auf dem Blauhaarigen Ruhen gelassen, schweifte ich jetzt zu dem, was zwischen uns beiden lag. „Spiele?!" „Das wird super lustig, glaub mir." Der Optimismus sprach förmlich aus jeder seiner Körperzellen. Auf mich färbte er dennoch nicht wirklich ab. Was sollte auch am Spielen so sonderlich toll sein? Am Ende war das doch nichts weiter, als unnötige Zeitverschwendung.
Höchstens in unserer Containereinrichtung lies ich mich hin und wieder von Sean zu einer Runde Karten oder von Cady zu Monopoly überreden, auch wenn diese in unserer Vierergruppe meist verlor.

SWITCHED - Gefangen in einem fremden KörperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt