Kapitel 56

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An die Tatsache, dass ich nach dem Aufwachen weder meine weißen Gardinen, noch den daneben stehenden Schreibtisch mit meinem Chaos vom Vortag sah, hatte ich mich in den 34 Tagen, die ich nun schon hier war ja bereits gewöhnt. Jedoch passte das Bild, welches mich an diesem Morgen erblickte, ebenso wenig zu der hellgrauen Wand mit den weißen Regalbrettern, welche mich in meinem kleinen Zimmer hier immer erwartet hatten. Und obwohl ich den breiten Schrank an der dunklen Wand, sowie den großen Spiegel und das weiße Regal mittlerweile auch gut kannte, brauchte es eine ganze Weile, bis ich mir einen sinnvollen Reim darauf machen konnte, weshalb ich schon wieder in Jimins Zimmer aufgewacht war.

Seufzend musste ich akzeptieren, dass ich gestern Abend wohl tatsächlich auf seinem Bett eingeschlafen war. Wobei mir, kaum, dass ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte, auffiel, wie gut dies eigentlich funktioniert hatte. Denn im Gegensatz zu den beiden letzten Nächten, hatte ich die heutige mit mehr, als nur zwei Stunden Schlaf hinter mich gebracht.
Das dies daran lag, dass ich offensichtlich im Schlaf ein äußerst kuschelbedürftiges Anhängsel bekommen hatte, bezweifelte ich dann aber doch stark. Und so würde Jimin ob er wollte oder nicht damit Leben müssen, dass er bis zum Zeitpunkt seines Erwachens meinen Arm durch ein Kissen ersetzten musste.

Darauf achtend, dass meine Übernachtungsgesellschaft nicht auch noch wach wurde, schälte ich mich leise aus dem Bett. Als sich mein Blick dabei zurück auf meinen schlafenden Körper richtete bemerkte ich erst, wie merkwürdig es eigentlich war, dem eigenen Ich beim Schlafen zuzuschauen.
Kopfschüttelnd wendete ich mich augenblicklich von dem ruhigen Geschöpf unter der Decke ab. Irgendwie gruselte mich der Anblick mehr, als er es tuen sollte.

Kurz viel mein Blick auf meine Klamotten, die - welch Wunder - noch immer aus dem weiten T-Shirt sowie der dunkelgrauen Jeans des Vortages bestand. Mit dem hoffnungsvollen Hintergedanken, der Junge hinter mir würde in den nächsten Sekunden nicht gerade seine Augen aufschlagen griff ich mit den Händen in den weißen Stoff, um diesen mit meiner Nase zu begutachten.
Ich seufzte. Vermutlich würde ich mir die Dusche im Laufe des Tages nicht ersparen können, auch wenn dies eine Aktivität war, die nun wirklich weder zu Jimins, noch meinen Lieblingsmomenten gehörte. Da half auch unsere klare Regel, den Kopf nicht einmal ansatzweise unter die 90 Grad Linie zu bewegen, recht wenig.
Doch im Laufe des Tages war nicht jetzt. Und wenn ich den Duschgang wenigstens noch ein paar Stunden aufschieben könnte, hatte ich dagegen auch nichts einzuwenden.

Den Türgriff bereits in der Hand, fertig zum Runterdrücken, stoppte ich für einen kurzen Moment. Es wäre verdammt merkwürdig, würde ich jetzt auf einen der Jungs treffen, die sicherlich eine Erklärung haben wollen würde, weshalb ich morgens aus Jimins Zimmer geschlichen kam.
Nur vorsichtig öffnete ich die Türe und spinzte durch den entstandenen Spalt. Ein Blick nach links, ein Blick nach rechts, dann schob ich mich so leise, wie nur möglich aus dem schmalen Durchgang.
Ich hatte beinahe das Gefühl, ich würde vor einem nur bedingt gewolltem One-Night-Stand flüchten, sodass dieser mich nicht mehr nach meiner Nummer fragen konnte. Nur, dass es bei Jimins und meinem Date wohl viel mehr um Worte, als Taten gegangen war.

„Alles okay, Tay?" Vermutlich konnte ich von Glück reden, dass ich mich bereits ein paar Schritte von der fatalen Tür entfernt hatte, sodass das einzige, worüber sich Jungkook wundern konnte, war, weshalb ich völlig sinnlos auf dem Flur rumstand.
„Ähhm, was? Achso, ja. Alles gut." Verlegen quetsche ich ein Lachen heraus, in welches der Braunhaarige verwunderlicher Weise herzhaft mit einstieg. Wie es aussah hatte er seine Freundschaftserklärung deutlich ernster gemeint, als es mir vermutlich lieb seien sollte.
„Du hättest dich gerade sehen sollen", kicherte er vor sich hin, was mich dazu brachte, mich augenrollend an ihm vorbeizuschieben.

„Ich hab das Gefühl, das wird ein guter Tag." Überraschend gesprächig folgte mir Kookie in Richtung Treppe. „Wieso?" „Keine Ahnung, ich hab sowas einfach im Gefühl." Ein leichtes Lachen entfuhr meinen Lippen, während ich kopfschüttelnd meinen Weg fortsetzte. Diesen Jungen würde ich, bis ich nach Hause kam wohl ebenso wenig, wie meine Schnappschildkröte loswerden.
Bei dem Gedanken an Jimin kam mir auch augenblicklich unser gestriges Gespräch in den Sinn. „Wer wäre dir lieber?"
Kurz schielte ich hinüber zu dem gut gebautem Jungen, welcher mittlerweile auf der selber Höhe, wie ich die Treppe herunterhoppste und mir wurde bewusst, dass Jimin mit seiner eigenen Beantwortung Recht gehabt hatte. Ich wollte nicht, dass es Jungkook war. Ich wollte keinen Grund bekommen, ihn nicht mögen zu können. Aber was für einen Mist konnte er sich schon bitte gewünscht haben? So etwas war doch viel mehr Taehyungs Aufgabe...

SWITCHED - Gefangen in einem fremden KörperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt