Kapitel 51

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Es war mir schleierhaft, wie viele Stockwerke dieses vermaledeite Gebäude in sich beinhaltete. Dennoch war ich mir recht sicher, dass es in der Regel auch schon bei neun Stockwerken einen Aufzug gab, welcher einen den Weg verkürzte.
Dieses ewige im Kreis ging mit der Zeit jedenfalls gehörig auf den Nerv. Wobei unser Abenteuer mit dem tatsächlichen erreichen des neunten Stockwerks ja noch nicht einmal beendet war. Wie unser magisches Superhin verraten hatte, sollten wir noch den gesamten Flur entlangspazieren, bis uns der werte Herr begrüßen würde.
Hier oben gab es nicht, wie neun Etagen tiefer einzelne Flure. Die Struktur der Ganges, welcher immer wieder eine neunzig Grad Wendung machte, sodass der Weg wie ein Zickzack verlief, bleib dennoch die gleiche.
„Es würde mich nicht wundern, wenn wir gleich am anderen Ende der Stadt auskommen", hörte ich zwischendurch Jimin murmeln, welcher meine Begeisterung offensichtlich teilte.

Ein schlichtes schwarzes Hemd, eine ebenso dunkle jedoch glänzende Hose mit zwei goldenen Seitenstreifen an den Außenseiten und eine Haltung, bei der sich eine jede Schaufensterpuppe eine Scheibe hätte abschneiden können - so und nicht anders erwartete uns ein schwarzhaariger Mann, als wir schließlich um die hundertste Ecke bogen.
Auf den ersten Blick wirkten seine matten Haare wild zerzaust, je näher wir jedoch kamen, desto deutlicher wurde die Absicht, welche auf der Präparation jeder einzelnen gelockten Strähne gelegt wurde. Ein Weinglas - mehr wie ein Kelch aus dem Mittelalter - mit unzähligen verglasten Kanten hielt Alastair in seiner Hand, während seine schmalen Augen jeden einzelnen unserer Schritte beäugte.
„Der hat sich ja echt kein bisschen verändert", hörte ich meine Stimme hinter mir flüstern, was wenigstens schon einmal bestätigte, dass es sich um die richtige Person handelte, die dort im Türrahmen auf uns wartete, während ein zartes, beinahe gruseliges Lächeln seine Lippen zierte.

„Willkommen, meine Herren", schallte die gleichzeitig hohe und tiefe, aber definitiv unglaublich raue Stimme durch den Gang, „Die Dame." Er nickte an mir vorbei in die Richtung, in welcher Jimin in meinem Körper vermutete.
„Ähhhm ja." Mit einem Mal schoben sich Platinblonde Haare nach vorne. Wie es aussah hatte Yoongi seinen Teilzeitjob wieder an den Leader abgegeben. „Entschuldigen Sie die Störung. Wir", er zeigte auf die drei Jungskörper, „wir waren mal bei Ihnen. Das ist schon ziemlich lange her, also gut sieben Jahre, aber... also... es hat sich aus dem Besuch heraus ein ziemlich großes Problem entwickelt, welches wir alleine nicht mehr hinbekommen."
„Ein Problem?", es war eine Mischung aus Verständnis und Wissen, welches sich im Gesicht des Schwarzhaarigen zeichnete, als dieser langsam mit dem Kopf nickte, „Das sehe ich." Dann drehte er sich um seine eigene Achse und deutete und mit einem angedeuteten Winken, ihm in seine Wohnung zu folgen.

Man konnte die Wohnung in einigen Punkten bestaunen: sie war groß, modern, stylisch eingerichtet und sprühte nur von einem weiß-grauen-Flair. Doch was man definitiv nicht sagen konnte war, dass jene Einrichtung zu dem Wohnungsbesitzer passte. Nicht einmal ansatzweise. Viel mehr wirkte Alastair als wäre er vor eine Kulisse gesetzt worden, die nicht zu dem Theaterstück gehörte, in welchem er mitspielte.
Im vermutlichen Wohnzimmer blieb der Mann mit dem elegantestes Gang, den ich je gesehen hatte, stehen und deutete uns, auf dem breiten Ecksofa mit Blick auf die Fensterfront Platz zu nehmen.

„Darf ich meinen Gästen etwas zu trinken anbieten?" Stumm schüttelten wir alle den Kopf. Der Mann vor uns hatte ganz normal gesprochen; ein leichtes Lächeln zierte sogar sein Lippen. Und doch hatte er von hier unten etwas bedrohliches an sich. Mit seinen, von einem schwarzen Kajal betonten Augen war es, als blickte er förmlich in unsere Seele und noch weiter durch diese hindurch, während er jeden einzelnen von uns begutachtete.
„Bist du sicher? Du siehst aus, als könntest du einen Kaffee vertragen." Bedrohlichkeit hin oder her. Alleine bei dem Gedanken an Kaffee verzog ich automatisch das Gesicht.
„Das fasse ich mal als „Nein, Danke" auf." Ich verstand nicht, wie Alastair das machte. Doch egal, was er sagte, wie er versuchen wollte, zu klingen, seine Worte hatten immer etwas altes, adeliges an sich. So, als wäre er aus einer völlig falschen Zeit in diese Welt gesprungen.

Mit seinem Weinglaskelch in der Hand setzte sich der Schwarzhaarige auf den breiten Sessel gegenüber von uns, überkreuzte die Beine und nippte an seinem Getränk.
„Na dann", kurz lehnte er sich nach vorne, um sein Getränk auf dem viereckigen Glastisch abzustellen, „berichtet mir von eurem Problem."

Wir mussten uns nicht einmal anschauen. Die Tatsache, dass es Namjoon war, welcher die Ehre hatte, die gesamte Geschichte zu erzählen, war klar, ohne, dass jemand dies auszusprechen hatte. Und auch wenn es vielleicht angebracht gewesen wäre, darauf zu achten, was der Koreaner so von sich gab, schaltete mein Gehirn auf Halbaufnahme, sobald der Junge angefangen hatte, zu sprechen.
Grob bekam ich mit, wie er von dem Besuch bei unserem momentanen Gastgeber, meinem Erscheinen bei den Jungs, unseren Versuchen, mich wieder zurückzubekommen und der schlussendlichen Erkenntnis erzählte. Details überhörte ich jedoch.
Namjoon stockte leicht, als er von dem DNA-Test erzählte und genau so glaubte ich, seinen kurzen Blick auf mir zu spüren, als er mit dem Thema fortfuhr, ansonsten schaffte er es allerdings die Sache recht souverän über die Bühne zu bringen. Was anderes hatte ich nicht erwartet.

Beobachtet und irgendwie unwohl, fühlte es sich an, kurz, nachdem die Geschichte ihr Ende gefunden hatte und uns unser Gegenüber einen nach dem anderen mit seinem Blick durchbohrte. Erst Namjoon, dann Jimin, dann Yoongi und schließlich mich. Schlussendlich seufzte er tief. „Wieso könnt ihr Kinder nicht einfach mal das machen, was man euch sagt, hm?"
Verwirrung breitete sich aus. Und während Alastair diese auf dreien unserer Gesichter ignorierte, war es Namjoon, welcher abermals den Scanner-Blick abbekam. „Sagte ich euch nicht, ihr dürft eure Wünsche nicht aussprechen." Die Verwirrung wurde in Erkenntnis getauscht. Und in Naamjoons Fall auch in Verlegenheit. „Es tut mir Leid, ich... ich haben eben nicht daran... also-"
„-Geglaubt?", beendete der Schwarzhaarige den Satz, woraufhin der Junge ganz links nickte. „Das ist mir durchaus bewusst, junger Herr."
Angespannt wartete der junge Herr wohl darauf, dass er weiter für seinen Fehler belehrt werden würde, jedoch schien diese Phase tatsächlich bereits ihr Ende gefunden zu haben.

„Wie ich der Erzählung entnehmen konnte, handelte es sich also bei euch beiden um den Problemfall?" Zwar klang seine Stimme, als würde er eine Frage stellen, Alastairs Blick, mit welchem er Jimins und meinen Körper fixierte, sprühte hingegen vor Entschlossenheit.
„Ich muss ganz ehrlich zugeben", während er sprach, stand er mit einem Mal auf und lief von uns weg in Richtung der Fenster, „ich bin verwirrt." Mit einem plötzlichen Schwung drehte er sich um die eigene Achse. Und obgleich er es uns ja sagte, zeigte nicht eine Faser seines Körpers seine anscheinende Verwirrung. „Die Regeln sind erfüllt, der Wünscher hat seine Gewünschte Person mit dem Wissen, dass es sich um die von ihm gewünschte Person handelt, kennengelernt. Mit der Erfüllung dieses Wunsches hättet ihr beide eigentlich zurücktauschen sollen." Während unser magischer Superheld sprach, blickte er nachdenklich zur Seite. Einer seiner langen Fingernägel angefangen hatte, auf dem Weinglas herumzupiecken, sodass von diesem ein sekündliches gläsernes Klirren durch den Raum schallte. Und mit jeder dieser Sekunden lud sich meine innere Zeitbombe weiter auf, bis ich das Gefühl hatte vollkommen zu explodieren.

 Und mit jeder dieser Sekunden lud sich meine innere Zeitbombe weiter auf, bis ich das Gefühl hatte vollkommen zu explodieren

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SWITCHED - Gefangen in einem fremden KörperWo Geschichten leben. Entdecke jetzt