Ein Teil von mir wollte wissen, was sich hinter dem ganzen Geheimnis verbarg. Er wollte zurück in seinen Körper; wollte, dass alles wieder normal werden würde; wollte, dass Jungkook einfach aussprach, was er sich damals gewünscht hatte, was jetzt der Grund dafür war, weshalb ich noch immer in diesem verdauten Körper steckte. Dieser Teil hatte bereits mit der ganzen Sache abgeschlossen.
Der andere Teil von mir würde sich am liebsten die Ohren zu halten. Er wollte nicht wissen, was der Junge zu sagen hatte; wollte nicht, dass es am Ende etwas war, was meine Sicht über ihn verändern könnte; wollte, dass es doch etwas ganz anderes war. Dieser Teil konnte seine Gedanken nicht abstellen, egal, wie sehr ich es versuchte.„Ich... ich hab mir gewünscht, also... das ich in meinem Leben die Chance bekommen würde, das Mädchen zu küssen, welches ich wirklich liebe. Also von ganzem Herzen."
Die Gleichgültigkeit in mir versuchte seinen Kopf mit den Händen vor der Tischplatte zu retten. Der andere Teil in mir, hatte jegliche Hoffnung aus dem Fenster geschmissen.
Hatte ich gedacht, ich würde Namjoon gerne für seinen Mist verfluchen, wusste ich nicht, wo ich bei Jungkook gerade anfangen sollte.
Innerlich machte sich ein Sturm in mir breit. Immer schneller und höher tobte er. Immer mehr von meinem Innersten riss er in ein Chaos, bis nichts mehr Halt an einer noch so kleinen Faser fand.
Äußerlich war ich einfach still. So weit hatte ich mich unter Kontrolle. Dass ich alle Augen dabei deutlich auf mir liegen hatte, merkte ich zwar, interessieren tat es mich jedoch genau so wenig.„Ihr macht mich fertig." Kopfschüttelnd und mir starrem Blick griff ich nach meinem Orangensaft. Der darauffolgenden winzige Schluck an Flüssigkeit würde meiner Körperflüssigkeit vermutlich nicht einmal 0,01 Prozent helfen, auf den kühlen Tropfen verzichten konnte ich gerade allerdings auch nicht wirklich.
Es war ja nicht so, dass es mich groß interessieren würde, einen Jungen zu küssen - genug Erfahrung hatte ich darin sicherlich bereits gesammelt. Die Tatsache, dass - sollte es funktionieren und ich morgen in meinem Körper aufwachen - bedeutete, dass ich Jungkooks wahre Märchenliebe oder weiß der Geier was seien sollte, gefiel mir allerdings schon deutlich weniger.
Kurz kam in mir der Gedanke auf, es wäre Taes Wunsch gewesen. Da sich alles in mir jedoch Augenblick zusammenzog, verwarf ich auch diesen Gedanken schnellstmöglich wieder.„Tay, es tut mir Leid, ich meine... ich... ich konnte ja nicht wissen, dass du... also.. woher...?" Natürlich hatte Jungkook recht. Im Prinzip war es ja genau das Gleiche, wie mit seinem Vorgänger. Und dennoch sank meine Motivation, mich noch groß mit dem süßen Jungen von heute Morgen anzufreunden auf null.
Weg. Ich wollte hier weg. Wie, war mir mittlerweile egal. Hauptsache weg.
„Lass es uns einfach hinter uns bringen", seufzte ich schließlich. „Wie? Was? Jetzt? Also einfach so? Ich meine... ich... wir... also können doch nicht... wir..." Falten legten sich auf meine Stirn, als ich den geschockten Jungen betrachtete. Wir redeten hier doch nur von einem Kuss, mehr nicht. „Ich kann doch nicht Jimins Körper küssen", zischte Jungkook noch panisch hinterher.
Ein Räuspern lenkte einen Teil der Aufmerksamkeit mit einem Mal in Richtung Tür, wo der soeben genannte Körperbesitzer fragend in die Runde blickte. „Wer küsst hier wen und warum?" Seiner Auffassung nach zu Urteilen war er tatsächlich gerade erst aus dem Bett gekrabbelt. Weiter damit aufhalten tat ich mich dennoch nicht. Beinahe schon automatisiert drehte sich stattdessen meine Kopf wieder in die entgegengesetzte Richtung, um Jungkook mit meinem Blick zu fokussieren. Und auch von seinen anderen Freunden bekam Jimin keine Erklärung geschenkt.„Dieser eine Kuss ist doch scheiß egal. Ich will zurück in meinem Körper! Was ist daran so schwer zu verstehen?! Dann küsst du eben Jimins Körper, na und? Das weiß Jimin ja hinterher nicht mehr." „Wieso sollte Jungkook mich küssen?!" Innerlich began das Wasser in mir teuflisch heiß zu brodeln. Für einen unwissenden, müden Jungen, der alles erklärt haben wollte, hatte ich wirklich keinen Nerv mehr.
„Ich hab mir gewünscht, jemanden küssen zu dürfen, den ich von ganzem Herzen Liebe und naja... weil ihr alle definitiv aus dem Konzept fallt, bleibt es wohl daran hängen", erklärte der Übeltäter kleinlaut die Situation.
Die Worte reichten dem Neuankömmling wohl als Ersatzkaffee. „Was?! Nein?! Du kannst doch nicht mich küssen!" „Das sag ich doch auch." „Ja, dann hättest du dir den Scheiß eben nicht wüschen dürfen", funkte ich genervt dazwischen, „Ich weiß ja nicht, was schlimmer ist: So ein dämlicher Kuss oder weiterhin im falschen Körper." Jimin wurde still. Und genau so sagte auch der Braunhaarige lange Zeit nichts mehr zu der Situation.
Der Rest der Anwesenden hatte sich offenbar dazu entschlossen, sich fürs herauszuhalten, solange hier nur mit Worten um sich getreten wurde.„Aber nicht hier", nuschelte Jungkook nach einem gefühlt unendlichem Moment der Stille, „Nicht vor allen." Gleichgültig zuckte ich nur mit den Schultern. Mir sollte alles recht sein. Hauptsache, dass ganze Spiel hatte so bald, wie möglich ein Ende.
„Dann hoch?" Unsicher blickte der Junge vor mir in die Runde, als würde er dort eine Antwort finden. Diese bekam er zwar nicht, da ich mich allerdings schlussendlich vom Barhocker schob, reichte das für den Braunhaarigen, sodass wir schließlich gemeinsam die Küche verließen.Das kurze Gefühl eines ungewollten Dejavues flammte in mir auf, als ich nur wenig später das Zimmer des Herzenswunsch-Wünschers betrat und am liebsten wieder umkehren wollte. ‚Würde das jetzt bei jedem einzelnen der Jungs passieren?'
Erst Namjoon, jetzt Jungkook - warum mussten es ausgerechnet die Zimmer sein, in denen ich mich zuvor am wohlsten gefühlt hatte, die mir jetzt den Drang zur Flucht vermittelten? Oder gab es einen Grund, weshalb ich mich zuvor in genau dieses Räumen so wohl gefühlt hatte?
Kaum, dass die Tür hinter mir ins Schloss viel, verdrängte ich den Gedanken aus meinem Kopf. ‚Sicherlich nicht!'„Dir ist bewusst, dass es immer merkwürdiger wird, je länger wir hier einfach nur rumstehen", versuchte ich zum einen das Schweigen zu brechen und gleichzeitig das Ganze hier ein wenig voranzutreiben.
Ich war mir sicher, dass Jungkook mich gehört hatte. Dennoch stand er weiterhin mehr als verloren in der Mitte seines Zimmers herum.„Wenn... also wenn das wirklich funktioniert, dann... also was bedeutet das dann?" Ich hatte keine Nerven mehr für große, Philosophierstunden. „Können wir das nicht schauen, wenn wir wissen, ob es funktioniert?" Vielleicht ignorierte mich der Koreaner absichtlich, vielleicht war er aber auch einfach nur zu sehr in seine Gedankengänge verstrickt. Auf meine Aussage eingehen tat er jedenfalls keineswegs. „Ich meine, dass würde doch bedeuten, dass ich dich wirklich... also, dass das in mir nicht nur so ein kleines Gefühl ist."
Ich versuchte die Tatsache, dass sich Jungkook einbildete, etwas mir gegenüber zu fühlen, auszublenden und zuckte lediglich mit den Schultern. „Möglich." „Wäre das denn schlimm?" Für mich gab es auf diese Frage nur eine wirkliche Antwort. Und auch wenn alles in meinem Körper nach einem durchdringenden „Ja!", schrie, sah ich dabei das Psychologen-Gespräch mit Jimin schon förmlich vor Augen, weshalb ich schließlich doch meine Klappe hielt.Ohne noch groß darüber nachzudenken machte ich einen festen Schritt nach vorne, dann noch einen und noch einen und noch einen. Ich hatte keine Lust mehr auf diese ganze Unsicherheit, diese Situation und diesen Körper. Völlig automatisiert machte ich auch noch den letzten Schritt, legte meine Hände auf seine Wangen und zog den Jungen so gut es ging die fehlenden Zentimeter zu mir nach unten.
Für einen Moment schien Jungkook überrascht von meiner plötzlichen Handlung. Als ich jedoch langsam began, meine Lippen gegen seine zu bewegen, folgte er diesen willig.Ich bemerkte es nicht direkt. Hatte ich mich zunächst lediglich auf den Kuss konzentriert, so bemerkte ich mit einem Mal den leicht süßlicher Duft von Zimt, der mich umhüllte, kaum, dass sich seine Hände an meine Tailliert gelegt hatten. Erst stieg er nur in meine Nase, baute sich dann wie eine Hülle um mich herum auf und benebelte schließlich meinen gesamten Verstand. Auf dem Weg, meinen ganzen Körper bis hin in den letzten Winkel einzunehmen, bohrte er sich durch meine Sinne. Doch bevor dass passieren konnte, bevor ich jeder mir noch bleibende Kontrolle abgeben konnte, zog ich mich aus dem Bann des Jungen.
Ich brach den Kuss. Geistig und Räumlich entfernte ich mich von ihm, ehe es zu spät seien konnte.Lange sahen wir uns an, begutachteten den anderen Körper, achteten auf jede noch so kleine Reaktion. Schnell hob sich meine Brust, noch schneller die seine. Ansonsten passierte nichts.
Stumm sahen wir uns in die Augen. Nicht ewig, nur für einen Moment. Dann kappte ich auch diese Verbindung Und verschwand so schnell es ging aus dem Zimmer.
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SWITCHED - Gefangen in einem fremden Körper
FanficIn einem fremden Körper aufzuwachen ist alles, nur nicht lustig! Und sobald es dann darum geht, diesen Spuk wieder rückgängig zu machen, hat man den Moment erreicht, in dem es richtig spaßig wird... Die Feelds - die düstere Seite der Los Angeler Inn...