Ich starrte gegen die Wand. Hatte ich heute wirklich Rob gefeuert? Einen der besten Kollegen! Ich musste mich mehr im Griff haben. Nur weil er mich nicht mochte, hieß das nicht gleich, dass ich ihn feuerte. Okay, eigentlich hieß es das schon, doch ich konnte ja schlecht die gesamte Personalabteilung feuern. Können schon, doch dann hätte ich niemanden mehr, der mir Kaffee kocht, die Akten sortiert oder kopieren geht und das wäre nun wirklich zu schade.
Wieso mache ich mir eigentlich Gedanken über Leute, die ich gefeuert hatte? Tat ich das?
Ja, aber bei Rob war es etwas anderes gewesen. Er hatte nichts falsch gemacht. Er hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Einer der tatsächlich pflichtbewussten Kollegen. Wieso nannte ich ihn eigentlich Kollege? Ja, klar er war mein Kollege, aber das Wort Kollege klang doch irgendwie so, als ob man sich mochte.
Ich mochte Rob nicht! Weil er mich nicht mochte.
Ich glaubte Rob ist einer der Männer, die man als besten Freund hat. Jemandem, dem man alles erzählen kann, der immer zuhört und einen guten Rat hat.
Er hatte mir nie etwas gesagt, von wegen ich sei fies, selbstverliebt, eben diese Wörter, die ich im Büro und an jeder Ecke über mich flüstern hörte.
Bis heute.
Ich hatte Lucy gefeuert, weil sie einen wertvollen Kunden vergrault hatte. Und kurz danach kam Rob in mein Büro und hatte mir einen klitzekleinen Vortrag gehalten, wie unmenschlich es sei, jemanden wegen einem Fehler zu feuern und so weiter.
Ich hatte das Gefühl, dass zwischen Rob und Lucy etwas am laufen war.Ich blinzelte eine Träne weg. Weinte ich?
Juliette! Du warst 29! Weinen war da nicht drin.
Ich sprang auf. Mir war es egal, dass es 2 Uhr nachts war. Ich zog mich aus und nahm eine eiskalte Dusche. Das half mir jedes Mal, mich damit abzufinden, dass ich immer allein bleiben würde.
Ich war eben so, hatte mir immer gewünscht, Chefin in einem Verlag zu werden und Verantwortung zu haben und weil ich so viel arbeitete, hatte ich nicht viel Zeit, mich um mein Privatleben zu kümmern.
Auch noch so eine Sache, die mir immer an den Kopf geworfen wurde.
Ich hätte kein Privatleben. Alles Wahrheiten, aber keiner kannte mich wirklich.
Keiner.Ich ließ mir das kalte Wasser auf den Körper rieseln. Warum ich gerne kalt duschte? Das war wahrscheinlich wegen meines kalten Verhaltens. Ich war kalt. Kälter als kalt und nicht einmal die kälteste Dusche würde mich auftauen.
Ich würde Rob nicht feuern. Ich hatte mich entschieden. Ich war nicht unfair. Ich würde auch Lucy nicht feuern. Die beiden würden morgen gemeinsam kommen, um ihre Schreibtische für ihre Nachfolger frei zu räumen.
Ich hatte alle Leute, die ich bis jetzt gefeuert hatte aus guten Gründen gefeuert. Die Firma, die Lucy verloren hatte, war sehr wichtig und ich war einfach mit mir durchgegangen, wie so oft in letzter Zeit.
Wir hatten immer sehr viele Bewerbungen und es war kein Problem einige Stellen nachzubesetzen, doch es gab wenige, die wirklich mit vollem Elan im Verlag arbeiteten.
Lucy und Rob passten wirklich gut zusammen.
Wieso dachte ich das? Ging es mich etwas an? Nein. War ich traurig? Nein.Ja.
Ich musste mich wirklich bessern. Ständig war ich in meinem Gefühlchaos versunken.
Ich würde noch Sport machen.
Ich zog mich um und band meine Haare zu einem hohen Zopf. Ich steckte meinen Wohnungsschlüssel ein und machte mich auf den Weg. Um 2 Uhr nachts.
Ich glaube, ich war krank.Es tat sehr gut. Ich joggte so schnell, wie ich noch nie gejoggt war. In der Dunkelheit. Nur die Straßenlaternen erleuchteten matt die Straße. Ich war geschlagen. Also Schach-matt wie die Straßenlaternen.
Ich kam verschwitzt zuhause an. Ich war müde. Na ja, das war wohl nicht besonders komisch, immerhin war es 6 Uhr morgens und ich hatte fast nicht geschlafen diese Nacht.
Okay, dann konnte ich mich auch gleich für die Arbeit fertigen machen.
Duschen, Müsli, Zähneputzen, Schminken und schon konnte ich los.Ich wusste nicht, wann Rob und Lucy ihre Sachen wegräumen wollten, deswegen hatte ich mir gedacht, dass ich schon früher da sein sollte, falls sie es in aller Frühe tun würden, in der Hoffnung mir nicht zu begegnen. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Doch konnte ich! Nein, wohl eher nicht, da ich fast immer eine spöttische Bemerkung für jeden übrig hatte, der gerade das letzte Mal den Verlag von innen sah.
Wieso dachte ich an die beiden? So etwas machte ich doch nicht. Sagten jedenfalls alle. Seit wann hörte ich eigentlich auf diese gehässigen Stimmen? Sie waren doch allesamt nur neidisch, dass ich mehr Macht hatte als sie.Ich parkte mein Auto in der Tiefgarage. Ich hatte mir schon vor sehr langer Zeit meinen Platz gesichert. Fast direkt neben dem Aufgang. Nur Andrew Carter, der Big Boss war immer noch näher am Aufgang. Keiner wagte es, mir mein Platz wegzuschnappen.
Nachdem ich eigeparkt hatte, stieg ich aus und merkte, dass ich zu weit links geparkt hatte.
Genervt von mir selbst stieg ich wieder ins Auto und parkte richtig ein. Seit wann konnte ich nicht mehr Auto fahren?
Dieses Mal stand ich richtig und stieg aus.
Meine Absätze klapperten über den Boden der Tiefgarage. Ich hatte gerade noch gehört, wie ein Auto um die Ecke kam und sprang bei Seite.
Es war Herr Carter.
Wohl etwas sauer, wenn er so einen Affenzahn in der Tiefgarage drauf hatte.
Er hatte mich beinahe überfahren! Und mein Auto gleich mit!
Mein Außenspiegel war ab!
Er sprang aus dem Auto und wollte gerade die Treppe nach oben beschleunigen, da rief ich ihm dann doch etwas zu, obwohl er heute anscheinend wirklich sehr schlecht gelaunt war."Nun ja Herr Carter, um ihren kleinen Unfall müssen Sie sich schon selbst kümmern.
"Was Sie nicht sagen. Können wir das bitte", das Wort zog er extra in die Länge, "heute Abend klären! Ich habe gerade keine Zeit."
"Natürlich, ganz wie Sie wollen."Er sah mich gar nicht mehr an und hechtete die Treppe nach oben. Ich folgte ihm mit einigen Metern Sicherheitsabstand.
Ich hatte mich ja extra beeilt, damit ich Lucy und Rob noch erwischte.In der Eingangshalle angekommen, stolzierte ich zu den Aufzügen.
Och Mist, da war noch der, sich in der Zeitnot befindende, Herr Carter.
Na ja, was sollte schon sein.
Ich stellte mich neben ihn.Da gingen auch schon die Aufzugstüren auf. Er sah mich kurz stirnrunzelnd an und stieg dann ein.
Er stellte sich in die eine Ecke und ich mich in die anderen. Wow, sein Gesicht war echt finster.
Und jetzt hatte ich 15 Stockwerke Fahrt mit Herrn Finster vor mir.

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Chefetage
RomansaJuliette ist die Chefin der Personalabteilung. Andrew ist der Big Boss der Verlagsfirma. Beide sind sehr verhasst bei den Kollegen. Herrisch, egozentrisch und feuern ihre Kollegen nur zu gerne wegen belanglosen Dingen. Sie kennen sich kaum, bis es e...