Kapitel 10

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Ich stieg vor dem Hotel aus, noch etwas benommen von der Fahrt.
Andrew ging zum Kofferraum und holte das Gepäck, während das Taxi schon zum nächsten Kunden weiterbrauste.
Am Eingang wurden wir begrüßt und gingen dann hinein.
Ich wartete im Eingangsbereich, während Andrew zur Rezeption ging.

Plötzlich sah ich, wie er wild gestikulierte und beschloss, zur Rettung zu schreiten.
"C'est quoi le problème?"
"Dieser Mann versucht gerade zu sagen, dass die Zimmer falsch gebucht wurden, doch das stimmt nicht, wir können es in seiner E-Mail beweisen."
Die junge Dame an der Rezeption war ganz aufgeregt.
Ich las mir die E-Mail durch und bemerkte einige französische Fehler in seiner Mail. Er hatte wohl Eindruck machen wollen und sie auf französisch verfasst.

Und die Frau am Empfang hatte recht.
Er hatte eine Suite gebucht, statt zwei Doppelzimmern.
"Haben Sie vielleicht auch noch zwei Doppelzimmer frei?"
"Non, pardon. Es tut mir leid."
"Okay, dann geht es wohl nicht anders." Ich schaute wütend zu Andrew.

Sie gab mir die Schlüssel und wir fuhren mit dem Aufzug nach oben. Oh man, war das ein  Klischee, das die Zimmer falsch gebucht waren, aber ausgerechnet bei uns passierte so etwas. Es machte mich wütend, nicht nur die Tatsache, sondern auch, das dieses Klischee jetzt auf uns zutraf. Denn ich hasste Klischees.
"Was sollte das?", schrie ich ihn an.
"Ich kann eben kein Französisch. Tut mir leid.", doch irgendwie sah er gar nicht so zerknirscht aus.
"Du Arsch!"
Ich piekte meinen Zeigefinger in seine Brust.
"Sag so etwas nochmal und du bist gefeuert." Er wurde wütend. Gut so!
"Du respektloser, untreuer, arroganter, egozentrischer, herrischer Arsch!"
"Meinst du das ernst?", fragte er mich. Er sah anders aus. Fast als würde ihn meine Antwort interessieren.
"Ich meine alles ernst, was ich sage." und damit stieg ich aus dem Aufzug aus und ging in Richtung unserer Suite.
Nur ganz nebenbei eine der teuersten im Hotel.

Ich sperrte auf und ging zielstrebig in die Richtung, in der ich das Schlafzimmer vermutete.
Sofort sicherte ich mir das Bett.
Auf einmal kam er auch ins Zimmer.
"Ich schlafe bereits hier!"
"Oh wow und ich möchte auch in einem normalen Bett schlafen.", entgegnete er.
"Ich war zuerst da."
"Okay, dann losen wir eben." nun gut, das war fair.
"Klar."

Er bereitete die Lose vor und ich durfte ziehen.
Ich zog und auf dem Zettel stand natürlich...

Nein!! Nicht natürlich.

Andrew und Juliette

"Was soll das?"
"Wir werden beide in einem normalen Bett schlafen." Uhh, das klang falsch. Fehlte nur noch das miteinander.
"Ich meine, wir...", er schien sich zu verhaspeln.
"Gut."
"Du stimmst zu?"
"Ich will schließlich nicht auf der Couch schlafen!" Mit diesen Worten marschierte ich aus dem Zimmer, nicht ohne mir die bessere Seite zu sichern.

Ich ging in Richtung Dusche.
Nach dem Flug wollte ich mich irgendwie duschen.
Es war bereits 15.00 Uhr. Am Abend würde die erste Bücherschau stattfinden.
Ich hatte also noch ein paar Stunden.

Bevor ich mich duschte, verstaute ich alle meine Sachen, Koffer, Handtasche, ...
Danach erkundete ich unsere Suite.

Erst jetzt fiel mir auf, wie wunderbar sie doch war.
Weil ich vorhin so sauer gewesen war, hatte ich mich gar nicht umgeschaut.
Ich ging zur Terrasse.
Ach du meine Güte! Es gab sogar einen privaten Pool.
Da hatte die Firma aber wirklich viel Geld hingeblättert.
Der Pool, eine Sauna, die große Küche, ... Alles in allem, ich mochte die Suite.
Das kam selten vor.
Das ich etwas mochte, meine ich.

Ich hatte mich mit Handtuch, Duschgel, Haar-Shampoo und was man eben sonst noch alles zum Duschen brauchte ausgerüstet und rief Andrew ein knappes „Ich geh duschen!" zu.

Was ich nicht wusste, er hörte gerade Musik.

Ich zog mich aus und ging in die Dusche.
Endlich konnte ich mich etwas entspannen.
Das kalte Wasser tat immer so gut. Da ließen meine Kopfschmerzen, die ich fast immer hatte, etwas nach.
Ich wusch meine Haare und blieb etwas länger als nötig unter der Dusche.
Etwas war wohl untertrieben.
Ich war schon 30 Minuten unter der Dusche, was für mich ein Rekord war.

Ich dachte über Andrew nach.
Ich fühlte mich zu ihm hingezogen. Seit wann fühlte ich denn etwas?
Die Frage klang sogar in meinem Kopf verzweifelt.
Das Gefühl, dass ich mich bei jemandem wohl fühlte, hatte ich noch nie verspürt.
Ich kannte es nicht - bis heute.
Im Flugzeug, als ich ihn umarmt hatte, da war ein Schalter in meinem Kopf umgelegt worden.
Von ich bin kalt und ich bin alleine auf gibt es doch noch ein zusammen für mich?

Doch wer würde sich freiwillig mit mir abgeben?
Richtig! Keiner.
Ich war verbittert und schon viel zu lange allein. Tja. Eben mein ganzes Leben lang.

Ich stieg aus der Dusche und schüttelte die Gedanken ab. Ich würde die Geschäftsreise genießen.

Ich wickelte mir ein Handtuch um die Haare und noch eines um meinen Körper.

Plötzlich ging die Tür auf und ich schaffte es gerade noch, das Handtuch festzustecken.
„Was soll das den?! Raus!"
Einen kurzen Augenblick sah er mich an.
Geschockt.
Dann ließ er seinen Blick über meinen Körper gleiten.
Einmal.
Zweimal.
Dann drehte er sich ganz schnell um und rannte fast aus der Dusche.

„Du Perversling! Du!"
Ich rannte mitsamt meinem Handtuch aus der Dusche.
„Ich hab dir doch gesagt, dass ich duschen gehe."
„Gar nicht."
„Wohl! Du hörst mir eben nie zu!"
Er drehte sich einfach weg.
„Wie wäre es mit einer Entschuldigung?"
„Geschieht dir recht!"

Was solls, dachte ich. Dem war sowieso nicht mehr zu helfen.

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