Kapitel 56

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Doch auch wenn ich mich nach mehr sehnte, war ich froh, als Andrew wieder zurück rutschte und wir mit der Hauptspeise fortfuhren.

"Besuchst du irgendjemanden in den Ferien?"
"Nein, ich fahre nur für ein paar Tage weg."
"Ah, wohin denn?"
"Als ob ich dir das jetzt sagen würde. Dann rufst du alle Hotels in der Umgebung an und versuchst mich zu finden. Nein danke."
"Wäre das denn so schlimm? Ich meine, wenn ich da wäre."
Oh man, in was hatte ich mich denn da jetzt hineingeritten.
"Nein, natürlich nicht.", er unterbrach mich.
"Natürlich?"
"Na ja, es ist jetzt nicht so, dass ich dich nicht mögen würde."
"Ach ja?"
"Ja, das weißt du doch!"
"Wie sehr?"
Bevor ich mich anders besinnen konnte rutschte mir schon eine Antwort heraus.
"Sehr."
Er lächelte leicht, als ob er wüsste, dass er mich damit betören konnte.
"Und warum darf ich dich dann nicht in deinen Urlaub begleiten?"
"Ich möchte gerne ein bisschen nachdenken."
"Okay."
Es wunderte mich ein wenig, dass er einfach so aufgab, doch ich konnte auch verstehen, dass er nicht weiter diskutieren wollte.

"Il dessert. Bitteschön." kam der Kellner, mit dem ich bei meiner Reservierung telefoniert hatte.
"Dankeschön." 
Ich nahm meinen Erbeerbecher entgegen und Andrew sein Schokoladenmousse.
Wir hatten gerade eine Zeitlang geschwiegen und ich vermutete, dass Andrew jetzt wieder ernstere Themen ansprechen wollte. So war es auch.

"Wie soll es mit uns weitergehen, Julie? Ich weiß, du brauchst Zeit. Und ich bin auch bereit, sie dir zu gewähren, aber bitte sag mir doch, ob du dir vorstellen kannst, mit mir zusammen zu sein."
Und da war sie. Die Frage, vor der ich so viel Angst hatte, dass ich unfähig war, zu sprechen.
Ich versuchte es, doch ich brachte keinen Ton heraus.
"Julie?"
Als er seine Hand auf meine legte, beruhigte ich mich etwas und fing an, zu sprechen.

"Du weißt ja, dass ich mir schwer tue, meine Gefühle anderen Menschen zu offenbaren. Wir kennen uns schon ziemlich lange, aber erst seit ein paar Monaten habe ich das Gefühl, dich wirklich wahrzunehmen. Ich weiß nicht, ob du dir immer schon bewusst warst, dass du etwas für mich empfindest oder ob es dir auch erst so richtig in Paris klargeworden ist, aber ich möchte, dass du weißt, dass du mich zurück ins Leben geholt hast. Du hast mir wirklich geholfen. Dafür bin ich dir dankbar. Und ich will dich kennenlernen und uns eine Chance geben, wirklich. Ich tue mir nur schwer damit und außerdem möchte ich nichts überstürzen."
"Okay. Das verstehe ich. Danke, dass du dich mir geöffnet hast."
Unser Gespräch endete ziemlich abrupt. Aber das war mir egal. Hauptsache, ich hatte mich wieder mit Andrew vertragen. 

Der Rest des abends verlief noch ganz gut und als wir dann schließlich auf der Straße standen, war ich ein bisschen traurig, dass wir uns zwei Wochen nicht sehen würden.

"Mir hat der Abend sehr gefallen. Vielleicht können wir ihn ja in den Ferien mal wiederholen."
"Ja, mir auch, Andrew. Obwohl ich dir natürlich noch sauer bin, dass du mich verfolgt hast."
"Habe ich gar nicht."
"Ja, ja, tu nur so."
"Ich wünsche dir noch ein schönes Weihnachtsfest."
"Ich dir auch."
"Ja, okay..."

Dann machte er einen Schritt auf mich zu und umarmte mich. Mir wurde ganz wohl und ich wollte ihn am besten nie mehr loslassen. Und auch den mysteriösen Brief von seinen Eltern einfach vergessen.

"Gute Nacht. Und falls wir uns vorher nicht mehr sehen einen guten Start ins neue Jahr."
"Dir auch.", antwortete ich ihm und wir gingen beide in die Nacht davon. 

Nachdem ich in mein Auto gestiegen war, atmete ich tief aus. Auch wenn ich es gegenüber Andrew nie zugeben würde, war ich sehr froh, dass er mich "verfolgt" hatte. 

Als ich über die Kreuzung fuhr, an der Stunden zuvor der Unfall passiert war, überkam mich ein seltsames Gefühl und ich fragte mich, ob die Frau ohne größere Langzeitverletzungen überlebt hatte. Ich wusste nicht einmal wie sie geheißen hatte. Über den Fahrer oder die Fahrerin, auf die Schnelle hatte ich nicht gesehen, ob es ein Mann oder eine Frau gewesen war, die den Wagen gefahren hatte, wollte ich gar nicht nachdenken, denn wenn ich anfangen würde, mir darüber Gedanken zu machen wie jemand eine verletzte Frau auf der Straße hatte lassen liegen können, würde ich mit meiner Wut darüber nicht fertig werden. 

Auch wenn ich selbst in Sachen Gefühle, Empathie und Gewissen noch einiges aufzuholen hatte, würde ich nie im Leben jemanden verletzt auf der Straße liegen lassen. Noch weniger, wenn ich selbst der Grund dafür war. 

Ich stieg aus meinem Auto aus und ging in Richtung meiner Wohnung, denn wieder einmal war keiner auch nur in der Nähe von ihr frei gewesen. Das war eines der wenigen Dinge, die ich an Zürich nicht mochte. 
In Gedanken versunken, schloss ich, nachdem ich einen zehnminütigen unfreiwilligen "Spaziergang" hinter mir hatte, meine Wohnungstür auf und da es eh schon kurz vor elf Uhr war, beschloss ich, schlafen zu gehen. 

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Hey ho, ich melde mich mal wieder... habe ich lange nicht mehr gemacht, aber ich dachte zum einen, um euch einen guten Rutsch zu wünschen und ich wollte auch mal fragen, wenn sich irgendjemand wirklich bis hier her verirrt hat, ob euch das Buch noch gefällt? Ich weiß, es ist nicht perfekt, es ist mein erstes Buch und ich bin selbst oft nicht ganz zufrieden, aber ich denke, wenn ich dann mein nächstes Buch schreibe, ich habe schon verschiedene Ideen, dann könntet ihr mir ja eventuell sagen, was euch noch fehlt, was zu schnell geht (ja ich weiß, das werde ich auch jeden Fall ändern, die ganze Geschichte ist zu schnell), usw. 
Und danke an jeden, der meine Geschichte liest!! <3





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