Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, seit Andrew losgefahren war, um mit Madame Rombouz zu sprechen. Er hatte am Telefon gesagt, er müsse noch ein paar Details des Vertrages mit ihr durchsprechen und sie hatte eingewilligt, sich mit ihm zu treffen.
Ich war aufgeregt und ich konnte gar nicht sagen, ob auf eine positive oder negative Art und Weise. Denn was waren denn die Möglichkeiten?
Sie war mit mir verwandt? Würde heißen, sie hatte mich damals nicht gewollt.
Sie war nicht mit mir verwandt und einfach nur eine verrückte alte Lady?
Doch woher kannte sie dann meinen Spitznamen? Es war einfach verzwickt.
Jedenfalls tigerte ich jetzt schon seit einer halben Stunde in unserer Suite hin und her und überlegte, was Andrew wohl gerade erfuhr.
Ich musste mich jetzt ablenken.Ich ließ meinen Blick umherschweifen.
Er fiel auf die Terrasse mit dem Pool.
Schwimmen war doch bestimmt eine sehr gute Ablenkung.
Ich ging zu meinem Koffer und wollte mir einen Bikini herausholen, als ich bemerkte, dass ich gar keinen dabeihatte.
Dann in Unterwäsche? Oder nackt? Irgendwie war beides total komisch.
Aber dann doch lieber in Unterwäsche.
Ich zog mich aus und machte einen Köpfer in den Pool. Es spritzte nicht.Nachdem ich mehrere Bahnen gezogen hatte, ja man konnte hier tatsächlich von Bahnen sprechen, lehnte ich mich an die eine Unterwasserbrause.
Ahh, ich mochte es total gerne, wenn das Wasser gegen meinen Rücken brauste.
Ich hielt mich mit beiden Händen am Beckenrand fest und ließ meine Beine im Wasser baumeln.
Und tatsächlich - es funktionierte. Ich entspannte mich immer mehr und mehr und irgendwann beobachtete ich einfach nur noch Paris von oben und lauschte den Klängen, die es in einer Stadt eben so gab. Gelächter, Autos, Hupen, Klingeln, ... Es war ein großer Brei an Geräuschen und ich filterte jedes einzelne heraus.Ich wusste nicht wie lange ich im Pool geblieben war, doch auf einmal schreckte ich wie aus einer Trance hoch.
Ich hatte überhaupt nicht mehr an Andrew gedacht.
Was genau hatte mich eigentlich aufgeschreckt?
Ich drehte mich um und entdeckte Andrew, der gerade auf die Terrasse getreten war.
"Oh, hey, du bist schon da." Er nickte nur und ich konnte aber nichts aus seinem Gesicht über sein Treffen lesen.
Ich wusste irgendwie nicht, was ich sagen sollte, denn einerseits war die Situation total peinlich, ich in Unterwäsche im Pool und andererseits wollte ich unbedingt wissen, was Andrew erfahren hatte.
Ich entschied mich für ein Einfaches "Und?".
"Vielleicht kommst du erstmal aus dem Pool und wir reden drinnen weiter."
"Okay." Er klang irgendwie anders. Seine Stimme war leicht belegt und er wirkte fahrig.
Ich kletterte aus dem Pool und folge ihm nach drinnen, nicht ohne mir vorher ein Handtuch über zu werfen.
Mir wurde ganz anders zumute, denn als er sich umblicke, um zu sehen, ob ich ihm folgte, lagen tiefe Falten auf seiner Stirn.Wir setzten uns auf die Couch und Andrew umgriff meine Hand mit seiner.
"Du hast eine Tante, Julie."Und für mich brach eine Welt zusammen, von der ich gar nicht gewusst hatte, dass sie existierte. Ich fiel und fiel und irgendwann wusste ich gar nicht mehr, wo im Raum ich mich überhaupt noch befand.
Ich hatte nie eine Familie gehabt. Und jetzt auf einmal hatte ich eine Tante. Das heißt meine Eltern hatten doch Geschwister gehabt. Zumindest einer von beiden eine Schwester. Die mich nicht gewollt hatte.
Und doch war ich irgendwie... Ich konnte das Gefühl nicht beschreiben, das mich in diesem Moment durchströmte.
Ich würde sagen, es war eine Art Glücksgefühl, ja, aber da mischten sich auch noch andere Emotionen darunter. Wut und Angst, was das jetzt für mich bedeuten würde.
Klar, ich war eine erwachsene Frau mit dem besten Freund der Welt an meiner Seite, doch was, wenn sich nun doch irgendetwas ändern würde. Ich hatte Angst vor einer Änderung.
Ich war mir bewusst wie seltsam das jetzt klang, aber ich war mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ich noch eine Verwandte wollte. Der wahre Grund wurde mir auch sehr schnell bewusst. Dann konnte ich nicht mehr alles darauf schieben, dass ich keine Verwandten hatte.
Natürlich blieb und, das würde sie auch für immer bleiben, meine Vergangenheit im Heim, im Internat und die Jahre danach, in denen ich nur alleine gewesen war, doch es würde sich definitiv etwas ändern, da war ich mir sicher.
Nach etlichen Minuten brachte ich zwei Worte aus meinem Mund.
"Eine Tante?"
"Ja Julie, Madame Rombouz ist deine Tante."
"Aber wie..."
"Sie will dich kennlernen.""Was?"
"Sie möchte dich gerne kennlernen."
Ich schluckte.
"Wann?"
"Jetzt."
"WAS?"
Nein, das konnte nicht sein. Nicht jetzt. Ich musste mich doch vorbereiten. Mich darauf einstellen. Und überhaupt war ich gerade eine Stunde in einem Pool gewesen. Ich fühlte mich Wörterlos. Als ob ich nur noch die Worte "was" und "wann" kannte.
"Du triffst sie heute Abend."
"Du hast das Treffen einfach ohne mich ausgemacht?"
"Na ja... Ich dachte, du würdest sie gerne kennenlernen."
"Nachdem sie mich quasi rausgeschmissen hatte."
"Freust du dich nicht?"
"Doch... Aber weißt du, es ist nicht so leicht. Und du hast mich nicht einmal gefragt."
"Tut mir leid."
"Mhhh."
Ich war irgendwie ein bisschen sauer, dass er das einfach so ohne mich vereinbart hatte. Ich meinte, ich wusste schon, warum er das gemacht hatte, aber trotzdem. Es war mein Leben.
Er musste wohl irgendwie gespürt haben, dass ich eingeschnappt war, denn er antwortete gereizt:
"Es ist immer gleich, Julie. Seit ich dich kenne und ich kenne dich von der Seite, die du mir in Paris gezeigt hast, noch überhaupt nicht lange, machst du immer zu, sobald es um dein wirklich intimes Familienleben, dass du ja nicht hattest geht. Und ich will dir helfen und du machst zu. Du lässt mich immer noch nicht richtig an dich heran."
"Doch. Ich möchte aber unbedingt mit dir zusammen sein."
"Das hat damit nichts zu tun, Juliette."
Der Tonfall seiner Stimme und die Art wie er meinen ganzen Namen aussprach sagten mir, dass er wirklich verletzt war. Doch ich konnte nicht anders.
"Wenn du das Gefühl hast, dass ich mich dir gegenüber nicht genug öffne, dann such dir doch jemand anderen."
"Was soll das denn jetzt heißen? In einem Moment sagst du mir, dass du unbedingt mit mir zusammen sein willst und jetzt sagst du, ich soll mir eine andere suchen?""Ja, das habe ich gesagt. Ich passe wahrscheinlich eh nicht zu dir."
Ich wusste, ich übertrieb mal wieder maßlos, aber so war es immer bei mir.
Wenn ich emotional mit etwas nicht fertig wurde, dann ließ ich das an meinem Gegenüber aus und obwohl Andrew mir eigentlich gezeigt hatte, wie ich das kontrollieren konnte, wurde ich mit dieser Neuigkeit, mit der ich zwar schon zum Teil gerechnet und gehofft hatte, die dann aber doch so unerwartet gewesen war, nicht fertig.
"Juliette, jetzt komm mal runter."
"Ich soll runterkommen? Komm du doch runter!"Ich steigerte mich immer weiter in diese Diskussion hinein.
Und mir war gar nicht klar, was ich in diesem Moment anrichtete.
"Okay, ich glaub ich geh jetzt aus diesem Zimmer raus. Mit dir kann man sich nicht unterhalten."
"Hey, warte! Wir waren noch nicht fertig."
"Wir reden später dein Treffen ist sowieso erst um 18.30 Uhr."er legte seine Hand an die Türklinke und drückte sie und ich sah eine letzte Chance, ihn hier im Zimmer zu behalten.
Ich rannte zu ihm und presste meine Lippen auf seine.
Mal wieder explodierten kleine Seifenblasen in meinem Bauch, obwohl ich ihn nicht deswegen geküsst hatte.
Ich zog ihn zu mir und murmelte in sein Haar: "Bleib bei mir, Andrew!"
Doch er stieß mich weg.
"Was soll das denn jetzt. Du nutzt doch tatsächlich aus, dass ich auf dich reagiere. Sorry, so erst recht nicht."
Mit diesen Worten verließ er fluchtartig das Zimmer.———————————
Tut mir leid, dass es erst jetzt kommt😅
Hatte iwie keine Zeit

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Chefetage
RomanceJuliette ist die Chefin der Personalabteilung. Andrew ist der Big Boss der Verlagsfirma. Beide sind sehr verhasst bei den Kollegen. Herrisch, egozentrisch und feuern ihre Kollegen nur zu gerne wegen belanglosen Dingen. Sie kennen sich kaum, bis es e...